Hallo Überwachungsstaat: Innere Sicherheit nach dem 11. September
Schwarze Katze, Friedensfestzeitung 2002


Krieg richtet sich immer auch nach innen: Die Anschläge auf das World Trade Center blieben auch innerhalb Deutschlands nicht ohne Folgen ... von allen Seiten der Ruf nach einem Ausbau des Sicherheitsstaates. Die verständlichen Ängste der Menschen werden zur Zeit von den Herrschenden zum weiteren Abbau von Grundrechten unter dem Deckmantel des "Anti-Terror-Kampfes" genutzt. Was ist davon zu halten?

Dabei lassen die Vorschläge von Otto Schily und anderen Fans von "law and order" das Horrorszenario aus 1984 längst hinter sich: Das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst (MAD) sollen künftig technische Mittel zur Ermittlung des Standortes von Handys einsetzen können, u.a. zur Erstellung von Bewegungsprofilen. Dazu gehören Auskunftspflichten gegenüber dem Verfassungsschutz für Banken, Post und Telekommunikationsanbieter, etwa über Kontenbewegungen oder Kontakt- und Nutzungsdaten. Ebenso gewünscht sind erweiterte Kompetenzen für das Bundesamt für Verfassungsschutz, für das Bundeskriminalamt und den Bundesgrenzschutz (Schleierfahndung). Insgesamt soll es einen verstärkten Datenaustausch zwischen Geheimdiensten und Polizei, Datenverbund zwischen Geheimdiensten, Ausländerbehörden und Ausländerzentralregister geben. Das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdienst wird so weiter ausgehebelt; auch die Kompetenzverlagerung in Richtung einer Bundespolizei gibt Anlass zur Besorgnis. In der Kombination mit den geplanten Maßnahmen im Bereich der Telekommunikation zeigt sich, dass hier flächendeckende Bewegungsprofile und eine lückenlose Überwachung angepeilt sind. Das macht Angst.

Innere Sicherheit und Rassismus

Eine Reihe der Vorschläge richtet sich klar gegen nicht-deutsche Menschen: Zu den Forderungen gehören u.a. Regelanfragen der Ausländerbehörden bei Geheimdiensten, intensivere Kontrolle von Migranten und erleichterte Abschiebungen, z.B. bei Verschweigen früherer Aufenthalte, auch bei politischer Verfolgung. Flüchtlinge und nicht-deutsche Menschen werden so pauschal als potentielle Kriminelle oder Verfassungsfeinde abgestempelt, womit rassistischen Vorurteilen Vorschub geleistet wird.

In der Anfang Oktober eingeleiteten Rasterfahndung (u.a. an Universitäten) wurde dieser rassistische Blickwinkel deutlich. Auch hier scheint es weniger um die Bekämpfung von Terror zu gehen, sondern darum, Menschen zu entrechten, zum Objekt lückenloser Kontrolle zu machen, um sie nach Verwertbarkeit zu sortieren (indische Informatiker rein - Asylsuchende raus)

Fazit

Verstärke Überwachung und Aufrüstung nach innen bedeuten eine Ausweitung von staatlicher Herrschaft, etwas, dem mensch grundsätzlich und insbesondere in der BRD kritisch gegenüber stehen sollte. Terror kann damit nicht bekämpft oder verhindert werden. Was mit all den geplanten Massnahmen erzeugt wird, ist nicht Sicherheit, sondern ein Klima der Angst: alle Menschen werden zu Verdächtigen, die überwacht werden können. Leider fehlt hier ein breiter Widerstand von unten, der deutlich macht, dass totale Kontrolle ein lebensfeindlicher Alptraum ist und statt dessen soziale Veränderung gefordert ist. Ansatzpunkte gibt es ja genug: Kameraüberwachung, Diskriminierung und Vertreibung von Bettlern, Punks und Nicht-Angepassten aus der Innenstadt oder gewaltbereite, private Sicherheitsdienste in Bahnhöfen. Also los!

Schwarze Katze, Postfach 41 20, 58664 Hemer, http://schwarze.katze.dk