Kleines Breviarium eines Methodenspektakels
Die Eule # 4, Ende 1997, Hans Mischnik-Seitzel

Die Formfrage stellt sich selten und so sie dies Ansinnen wagt, geschieht dies in höchst verbrämender Weise, denn über Form wird nicht gesprochen, die ist vorhanden und allein der Inhalt hat zu zählen. In diesem Kleinen Breviarium eines Methodenspektakels soll sich aber fast alles um die Form drehen, der Form nämlich, wie politische Auseinandersetzungen im linksradikalen Spektrum untereinander stattfinden. Oftmals kommen dabei schwee Bandagen zum Einsatz und Politik, so scheint es, ist kein zimperliches Spiel - schwache Charaktere können dabei leicht zu Fall kommen.

Einleitung
Die Vorstellung, daß viele linke Gruppierungen, welche sich vom Geist eines hehren, d.h. emanzipatorischen Ideals und einer ebensolchen Utopie beseelt zeigen, gleichsam solch' hehren Mittel und Methoden anwenden würden, um ihr Ziel zu verwirklichen, stellt sich alsbald als Trugschluß heraus - diese zeigen sich eher der Maxime 'Der Zweck heiligt die Mittel' verpflichtet. Der vorgegebene Zweck stellt sich als unverrückbar und unbedingt dar. Gleiches gilt auch für die dorthinführenden Methoden: unbedingt und unverrückbar (meint: unhinterfragbar), zwangsläufig und effizient sollen sie sein.

Der konkrete Inhalt dieses Zwecks interessiert mich in dieser kleinen Abhandlung nicht, da nur das Wesen des Zwecks in seiner unbedingten Zwangsläufigkeit und Verwirklichbarkeit interessiert, auch diese Zwangsläufigkeit und Verwirklichbarkeit interessiet; auch diese Zwangsläufigkeit wird nicht weiter in Frage gestellt (vgl.: Text zu Ideologiekritik), sie wird vorausgesetzt. Sie wird solchermaßen vorausgesetzt, daß sie als 'letzte Wahrheit' im dogmatischen Sinne verstanden werden muß. Solchermaßen motiviert und von der eigenen 'letzten Wahrheit' beseelt, sollte es jeder Gruppierung ein leichtes sein, die dafür nötigen Mittel und Methoden auszubrüten.

In der Tat kann dieser Text als eine Reaktion auf ein gewiß schon mehrere Jahrzehnte andauerndes und beständiges Ausbrüten perfider Methoden verstanden werden, die letztlich immer nur das eine Ziel haben: den, in (zumeist) vorhergehender Konstruktion errichteten Gegner, seine Ideen, Theorien, Utopien niederzumachen und der eigenen 'letzten Wahrheit' zum Durchbruch zu verhelfen. Um deutlich den Rahmen zu stecken, in dem ich mich anklagend bewegen möchte: diese Kritik ist auf sogenannte 'linke' Strukturen und Gedanken zu beschränken und trifft dort selbstredend nicht in Gänze zu, reaktionärem, gar neonazistischem Gedankengut und deren wahrlich nicht zimperlichen Versuchen, diese in der Realität zu etablieren, soll nicht Rechnung getragen werden - jedwede vorkommende Verallgemeinerung erstreckt sich also nur bis an die Grenzen eines 'Linksseins'.

Es ließ sich nicht vermeiden, daß ich mich in der Hauptsache auf eine linke Organisation stürzen werde: der Ökologischen Linken, war sie doch die wesentliche Motivation, um diesen Text zu verfassen - zudem verdanke ich ihr die meisten Beispiele. Gleichwohl soll die Anklage nicht nur die Ökologische Linke treffen, andere Gruppen und Organisationen sind auch nicht unbedingt besser - dabei sind auch wir eingeschlossen (etwas kryptisch: wer 'wir' sind, wissen diejenigen, die das 'wir' auf sich beziehen) und so soll immer auch Selbstkritik mitschwingen, auch wenn diese nicht explizit Erwähnung findet.

Natürlich wäre es auch fatal, wenn diese Formkritik dienlich sein sollte, von einer vermeintlich unangenehmen inhaltlichen Auseinandersetzung abzulenken - was ihr bestimmt vorgeworfen werden wird. Neben dem (leider) eingegangenen Vegan-Info stellt die Eule (für mich) den einzigen Versuch dar, in überregionaler Hinsicht und mit verhaltener Kraft (bei 1000 Exemplaren pro Ausgabe), den angehenden und schon seienden 'NaturschützerInnen', VeganerInnen, 'TierrechtlerInnen' usw. ein Forum zu bieten, Diskussionen anzuregen - meint: die Leviten zu lesen -, Meinungen und Ideen zu verbreiten und was sonst noch eine Zeitschrift wie diese alles kann und sollte. Ein nicht unerheblicher Teil der bislang veröffentlichten Texte beschäftigte sich in selbstkritischer Weise mit vergangenen Verfehlungen - Motivation dazu war sowohl externe als auch interne Kritik. Doch selbst dort stand und steht nich alles zum besten und auch in Zukunft werden wir wohl die eine oder andere zu mißbilligende Äußerung von uns geben - das wichtigste muß (fast immer) sein, auf Kritik zu reagieren, sich nicht abzuschotten und beständig sich selbst zu hinterfragen und im Rahmen der Möglichkeiten versuchen, eine erhellende Auseinandersetzung in strittigen Punkten zu erreichen, wie das z.B. im Fall von Biologismus, Earth First!, dem Begriff des 'Tier-KZ's' usw. geschehen musste. Dieses wirlich ehrenwerte Ziel wird nun gleich wieder beschnitten, da ich feststellen musste, daß es eine Fom, Kritik zu üben gibt, die dem, was ich mir darunter vorstelle, nicht entspricht und ws schlimmer ist, meine Kräfte bindet und mich in meinem Denken nicht weiterbringt. Einer Kritik, die darauf beruht, die zu kritisierenden Vostellungen zunichte zu machen, um eigenes Denken und Ideen durchzusetzen oder um diese zu konservieren, kann nicht entsprochen werden, da ansonsten ein Prozeß der Selbstverleugnung und Selbstauflösung eingeleitet würde. An dieser Stelle ist es gegeben, Jutta Ditfurth zu zitieren: "Menschen wollen nicht alle das gleiche. Viele wollen etwas ganz anderes als Du, und wollen das was Du denkst vielleicht geradezu vernichten [sic!, d. Verf.]. Es kann also nicht Dein Ernst sein, daß Du bereit bist auf Kritik von jedermann und jederfrau ernsthaft einzugehen. Warum sortierst Du Kritik nicht danach, ob sie Deinen Interenssen entspricht und suchst Dir die Auseinandersetzungen raus, von denen Du den Eindruck hast oder haben kannst, daß sie dich weiterbringen." (aus: NoHierarchy Nr. 1, S. 45).

Aus unserer Sicht ein formidabler und selbstverstümmelnder Schuß in die Kniescheibe.
Ich möchte zwei Arten von Methoden unterscheiden, die - wie bereits erwähnt - angewandt zwar immer das gleiche Ziel haben sollen: das Destruieren der Glaubwürdigkeit von einzelnen Texten, Organisationen, Gruppen, Theorien, Gedankengängen, Paradigmata usw., aber in unterschiedlicher Weise vorgehen.
Die erste Art umfaßt im weitesten Sinne all dasjenige, was mit Sprache zu tun hat: die Verwendung stilistischer Mittel, das spezifische und bestimmten Intentionen folgende Auffassen einer bestimmten Sprache und deren Stilmittel, das manipulative Wiedergeben von Texten usw. Des Weiteren gibt es noch die Möglichkeit, eine spezifisch thematische oder inhaltliche Vorgehensweise zu wählen, die sich bestimmter, immer wiederkehrender Stereotype oder Anschuldigungen versichert und so versucht Unheil zu stiften.

I. Sprachliche Methoden

Die Methode der vereinsamten Zitate
Das Herauslösen bestimmter Passagen aus ihrem Sinnzusammenhang, eröffnet der/der wissenden OperateurIn vielfältige Möglichkeiten der Manipulation und Entstellung. Bestimmte Formulierungen sind eminent von dem Kontext abhängig in dem sie stehen und verkehren sich nicht selten in ihr genaues Gegenteil, so sie denn allein gelassen werden.

Die Evidenz dieser Methode, zumindest für den/diejenige, der/die sie anwendet, liegt auf der Hand: unter Heranziehung tatsächlich überprüfbaer Textpassagen, werden Sachverhalte "bewiesen", die denjenigen, die sie verfaßten, nicht augenfällig waren (Naivität und fehlender Perfektionismus vorausgesetzt) bzw. in einem anderen Zusammenhang standen. Eine möglicherweise böswillige Absicht kann (zumeist) nicht direkt unterstellt werden, da die verwandten Zitate original aus dem angegriffenen Text stammen. Sollen nun einem Text bestimmte Absichten untergeschoben werden - z.B. antisemitischer Art - so ist es für diejenigen, die in solcher Weise und Mitteln angegriffen wurden, nur unter Mühen möglich, die sie umgebende richtende und normgebende Umwelt, von ihrer Unschuld zu überzeugen, da die Brisanz der Anklage, die Offensichtlichkeit der Methode der vereinsamten Zitate in den Schatten stellt und verschleiert. Gerade diese Brisanz aber wird hemmungslos ausgenutzt und bringt die angegriffene Gruppe in Zugzwang, denn in den meisten Fällen, liegt die Beweislast bei ihr und so sich noch kein 'unangreifbares' Image geschaffen wurde (wer wirft schon der Antifa M Antisemitismus vor), wird eine Menge Zeit damit verbracht, sich mit böswilliger und ungerechtfertigter Kritik herumzuschlagen. Im Extremfall verläuft eine Auseinandersetzung zu Gunsten der Gruppe, die skrupellos genug ist, den (unberechtigten) Faschismusvorwurf als erste zu äußern.

Die Methode der gewagten Assoziation
Gleichermaßen gern gesehen ist auch das Herstellen von Verbindungen von Dingen, die eigenlich unverbunden nebeneinanderstehen (sollten). Entweder werden erfundende und tatsächliche z.B. Aussagen kombiniert und somit ein neuer Kontext geschaffen oder es werden Aussagen, Namen usw., die wenig oder gar nichts miteinander zu tun haben, kombiniert und schon entstehen neue 'Fakten': ÖDP, NPD, Eule, Criticon, Junge Freiheit - wer jetzt noch glaubt, daß die Eule nicht böse und schlecht ist, dem/der ist nicht zu helfen! (Der letzte Satz ist als ironisches Beiwerk (miß)zuverstehen!)

Grundlage dieser Vorgehensweise ist entweder eine undifferenzierte, oberflächliche oder wiederum eine böswillige Einstellung die solchermaßen zum Ausdruck kommt. Stellt sich also die Frage warum Jutta Ditfurth in ihrem Buch 'Entspannt in die Barberei' beständig Veganismus, Singers Euthanasieäußerungen, die Eule, Ökofaschismus, Earth First!, Animal Peace, Herbert Gruhl usw. in einen Topf wirft. Da sollen Gemeinsamkeiten der verwerflichen, die über den Aspekt des ökologischen Eintreten hinausgehen, suggeriert werden.

Die Perfidität liegt in der Unbewußtheit mit der der/die LeserIn diese Informationen aufnimmt und verarbeitet, denn: es findet keine direkte Anklage statt, es wird nur der entsprechend negative Kontext geschaffen und weiteres ergibt sich von selbst.

Die Methode der 'bestrebten Verständnislosigkeit'
Hierbei handelt es sich um gezielte und absichtlich bestrebte Verständnislosigkeit in zum Teil grotesker Form und Ausprägung. Unmittelbarer Sinn dieser Methode ist wieder das Unterschieben bzw. Bestätigen von Vorwürfen bereits genannter Art. Systematisch werden sprachliche Stilmittel wie Ironie, Satire usw. übergangen, um entsprechend Aussagen auf ihre bloße sprachliche Bedeutung zu reduzieren und somit angreifbar zu machen. Werden z.B. ironische Bemerkungen, die eigentlich im allgemeinen das genaue Gegenteil von dem meinen, was ihre bloße Bedeutung ausdrückt, für wahr gehalten, so können schon feine Beweise für die angestrebte Schuldsamkeit beigebracht werden. In diesem Fall möchte ich auch gerne ein wahres Beispiel anbieten, um mich verständlich zu machen: In der Eule Nr. 3 findet sich ein Artikel - Empfinden der Pflanzen meßbar gemacht -, der aus einer anderen Zeitschrift geklaut wurde (aus 'Implosion' Biotechnische Nachrichten/6-1980) und anschaulich darlegen soll wie Kartoffeln menschlichen Befehlen gehorchen und ihre Emotionen dem menschlichen Ohr zugänglich gemacht werden können. Diesem Artikel ist kein Kommentar oder dergleichen beigefügt, unser Ziel war es jedoch, die LeserInnen mit diesem völlig schwachsinnigen Artikel zu erfreuen. Von bestimmten Personen oder Organisationen gelesen, stellt sich dieser Artikel als deutliches Beleg für weitere biologistische Umtriebe dar. Geflissentlich werden weitere Artikel übersehen, die eigentlich auf eine andere Intention der Zeitschrift hindeuten: Z.B. eine deutliche Distanzierung von biologistischen Inhalten oder ein Text Horkheimers zum Diskurs um Herrschaft und Naturverhältnis.

Das Verwenden dieser Methode impliziert aber gleichzeitig auch schon den Vrsatz und die Absicht (vgl.: Methode der verhafteten Scheuklappen), unter der ein Text gelesen werden soll, also keineswegs der Versuch möglichst wertfrei Dinge zu betrachten. In jeder, wie auch immer gearteten Publikation wird es immer strittige Stellen geben, die so oder so ausgelegt werder können, diese Zweideutigkeit und der Wille, diese eben möglichst den eigenen Vorurteilen folgend auszulegen, sind unverzichtbarer Bestandteil, um die Methode der intendierten Verständnislosigkeit anzuwenden.

Die Methode der Sprachgewaltigkeit
Jede Wissenschaft bedient sich iher eigenen und spezifischen Sprache: so auch die politischen Wissenschaften. Da beinahe jeder politischen Handlung, eine entsprechende Theorie, anderweitige Überlegung oder allgemein: ein wie auch immer geartetes theoretisches Konstrukt vorausgeht, welches zumeist mit gängigen wissenschaftlichen (also auch rationalen) Methoden bestimmt, erklärt, konstruiert usw. wurde, hat aktive Politik auch mit Wissenschaft zu tun und somit auch mit einer spezifischen Sprache. Gerade linksradikale/autonome/anarchistische/teetrinkende Gruppen bedienen sich eines bestimmten Jargons, der Teil der individuellen und überindividuellen Identität ist - somit auch bestimmender Faktor einer Identitätspolitik (vgl.: Identität und Politik) - und bestimmte Aufgaben erfüllt. Die meisten Politniks bedienen sich eines Sprachgemisches aus Klassenkampf, Philosophie, Sozialwissenschaften und Pädagogik. Jeder Mensch, der bereits einschlägige Erfahrungen auf den diversen Plena gemacht hat, wird den dort urtypischen linksradikalen-blabla Sprachstyle wiederfinden (ob in Köln, Hamburg oder Göppingen). Gewinnt dieser Alltags-Jargon an Komplexität und muß das bei den TeilnehmerInnen vorausgesetzte Abstraktionsvermögen, um bestimmte Sachverhalte darzustellen, ansteigen, so wirkt dies selektierend und Sprache wird zum Instrument von Herrschaftsansprüchen, welches diesmal allerdings auf die eigene linksradikale Struktur gerichtet ist. Bewußt werden dann vorhandene Wissenshierarchien benutzt, die sich teilweise eben auch in der verwandten Sprache widerspiegeln, um mißliebige Menschen "unter den Tisch zu reden". Nicht länger zählt das Was gesagt wird, sondern Wie etwas gesagt wird. Sachliches Argumentieren muß dem Austauschen von Wissens- oder Sprachfloskeln weichen.

Als perfide Steigerung des Sprachkampfes kann das Voraussetzen eines bestimmten Sprachverhaltens gewertet werden, d.h. eine Debatte findet nur unter der Voraussetzung statt, daß beide (oder mehr) Teilnehmende in etwa den gleichen Grundwortschatz, die entsprechenden rhetorischen Fähigkeiten und das Vermögen, sich entsprechend zu präsentieren, besitzen. Sollte das nicht der Fall sein, so werden inhaltliche Erwägungen der Gegenseite mit den formalistischen Einwänden: "Bring doch mal auf den Punkt was du meinst!", "Lern erst einmal reden!" (inhaltlich vergleichbares sagte Jutta Ditfurth zu einem Menschen aus Wuppertal anläßlich ihres Auftritts in Köln) oder das Lustigmachen über den Sprechenden, systematisch destruiert.

II. Inhaltliche Methoden

Die Methode der verhafteten Scheuklappen
Der Mensch soll ein 'Gewohnheitstier' sein, oftmals gebärdet er/sie sich tatsächlich so. Eingebrannte Vorurteile werden nur schwer zu Gunsten erner unbefangeneren Haltung aufgegeben. Gleichermaßen schwer scheint es zu sein, Veränderungen zu akzeptieren. Das wahrlich beste Beispiel ist diese Publikation: die Eule. Angetreten, um der verblichenen und oftmals rechten Instinkt und dem marxistischen Parteiblatt Ökolinx eine Alternative in ökologischer und anarchistischer Hinsicht zu sein, wird von einigen Seiten versucht, ihr Biologismus, Sexismus, Faschismus, Antisemitismus, eine abtreibungsfeindliche Haltung usw. unterzuschieben. Sei relativierend beigefügt, daß keineswegs unbegründet war: war die Eule doch bis einschließlich Ausgabe Nr. 2 das Zentralorgan von Earth First! - Deutschland, die mit teilweise biologistischen und damit tendenziell rechten Aussagen um sich geworfen haben. Doch bereits mit Eule Nr. 1 wurde versucht, sich der Fehler der Instinkt bewußt zu werden und diese nicht zu wiederholen - das dieses Anliegen nicht immer aufgegangen ist, versteht sich von selbst und im nachhinein auch sichtbar. Es wurde versucht eigene Positionen zu erarbeiten, die eben nicht auf einem Nachplappern bestimmter Schlagwörter beruhen (Biozentrismus, Tiefenökologie, gegen Anthropozentrismus usw.) und es wurden klare Distanzierungen veröffentlicht, die meiner Ansicht nach unzweideutig waren und noch sind - auch dies sehen einige Leute anders.

Dennoch: Für einige Leute schein es beständiges Anliegen zu sein, eine gewisse anti-emanzipatorische Kontinuität innerhalb der (teilweise parallel verlaufenden Entwicklung Instinkt, Earth First! und der Eule nachzuweisen. Veränderungen werden nicht wahrgenommen oder als Tarnkappe eines verblümten Misanthropismus (= Menschenfeindlichkeit) verstanden - es seien taktische Erwägungen, die uns treiben. Es gibt unzweifelhaft immer mißverständliche, zweideutige und unverständliche Passagen, Sätze oder Wörter in einem Text, diese beständig als zweifelhaftes Indiz der Schuldhaftigkeit im Sinne der Anklage zu bewerten, zeugt von einem recht merkwürdigen Verständnis von selbst angepriesener Rationalität (böse, böse Spiritualität), der eigentlich nötigen und auch konsequenten Sachlichkeit und der ebenfalls gebotenen Fairneß. Beständig werden entlastende Informationen übergangen bzw. als Farce verstanden und suchend schweift das Auge umher, um Verwerfliches zu entdecken - ein bißchen gilt auch die Devise: das Glas ist halbvoll, für uns ist es aber halbleer.

So kann natürlich kein Mensch auf einen grün-schwarzen Zweig kommen - helfen würde wohl nur eine Mitgliedschaft in der Ökologischen Linken, oder?

Die Methode der Humorgrotte und das darin lebendig begraben sein
Humor ist etwas nettes und feines - ich selbst möchte mich z.B. nicht davon lossprechen, humoristische Versatzstücke großer Vorfahren in mir zu tragen. Humor kann helfen Distanz zu entwickeln, sich nicht in Dingen zu verbeißen, eine Form von Selbstreflexion darstellen oder teilweise auch freundlich Kritik transportieren. Humor kann aber auch dahingehend instrumentalisiert werden, um von Auseinandersetzungen abzulenken, andere Menschen oder Gruppen lächerlich zu machen (zumindest den Versuch zu unternehmen), Dinge zu relativieren usw.

Stellen sich die unabdingbaren Fragen: Was ist Humor und wann ist etwas Humor? Humor ist leider eine zutiefst relative Angelegenheit. Der Text in der Eule Nr. 3 Alles Nazis außer Jutta ist - lege ich meine Maßstäbe an - von humoristischen Ansätzen nicht nicht freizusprechen, gleichwohl muß ich einsehen, daß solche Formulierungen wie: 'die Gespielin des örtlichen ÖL-Vorstehers' oder 'der schon lange versprochene Gaskammerbausatz' nicht jedem/jeder zugänglich sind, insbesondere denen, die es betrifft. Wir haben uns also in der Humorgrotte verirrt und benutzten diesen Humor teilweise als Methode, um eigentlich unaussprechliches zu sagen und so denn Kritik folgt, zu kontern: wir möchten uns jeder Ernsthaftigkeit verschließen, denn wir sind wirklich lustige Gesellen. Humor trifft ein als scheinbar probates Mittel an, um eine sachbezogene Debatte zu führen. Humor kann aber immer nur eine Ergänzung sein, sich in Bilderbögen mit den eigenen patriarchalen Strukturen in überspitzter Weise auseinanderzusetzen kann unter den Umständen gelingen, wenn daneben noch analytische und politische Kritik offenbar wird - in schriftlicher Form, nicht in Bildern. Das Humor immer Rücksicht auf andere Menschen zu nehmen hat, muß ich für mich ausschließen - ich liebe es Vernichtungsdrohungen auszusprechen (nicht wörtlich zu nehmen, ein kleiner Insiderscherz) - und halte ich auch generell für unmöglich. Irgendwie wird sich immer ein Mensch unverstanden fühlen, beleidigt und damit diskriminiert. Doch kann ich an mich die Forderung stellen, daß ich den verübten Humor relativiere, d.h. Humor ist als etwas zusätzliches zu verstehen, etwas ergänzendes und kann in den seltensten Fällen Alleingeltungsanspruch haben - zumindest was politische Gefilde angeht.

Allerdings stelle ich auch die Anforderung; sich etwas zugänglicher zu zeigen und Aussagen ersteinmal abzuwägen, sprich: sie auf humoristische Ansätze zu untersuchen. In gewisser Weise wildere ich jetzt in den Weiten der Methode der intendierten Verständnislosigkeit, aber der im folgenden zitierte Fall paßt sowohl dorthin als auch an diese Stelle: in einer (veganen) Volxküche in Köln gab es seinerzeit ein Gericht, welches aus Hirse und Gemüse bestand. Auf einer Tafel, die dazu benutzt wird, dem Publikum anschaulich zu machen, was es zu essen gibt, wurde folgende Charakterisierung des Essens geschrieben: 'Gesottener linker DogmatInnenschädel mit grünem Ziegenbart am Hirserand' - der Schreiber dieser Zeilen fand das witzig. Die Menschen der Ökologischen Linken sahen darin aber keinen Scherz, sondern faßten dies als Vernichtungsdrohung auf und verlangten eine Entschuldigung. Zugegebener Maßen läßt sich über die Qualität dieses 'Scherzes' streiten, dennoch halte ich es für fast schon paranoid, diesen Satz als eine Vernichtungsdrohung aufzufassen. Da wird bestätigt, was schon immer geahnt - der latent vorhandene Misanthropismus. Um die Metapher der Grotte zu vervollständigen: ich werde von der Humorlosigkeit in meiner Humorgrotte lebendig begraben. Oder ich verstehe den 'typischen' AL/ÖL-Humor nicht - kann ja auch sein. Ich halte eine Auseinandersetzung über humoristische Anflüge in der Eule noch nicht für beendet und bemerke auch, daß dieser kurze Abschnitt nur anreißt, was vertieft werden sollte. Dennoch: Hans Mischnik-Seitzl ist ein Mensch, dem das Leben noch nicht den Schlamm aus den Adern getrieben hat und bezeugt in weiteren Veröffentlichungen, die da folgen sollen, seine Lauterkeit.

Die Methode des 'allgegenwärtigen Faschismus und implizierten Antisemitismus'

So wie das Böse immer und überall zu sein hat, so erwecken bestimmte Organisationen den Anschein, gleiches vom Faschismus und Antisemitismus verlangen zu wollen. Ich kann mir nur zwei Gründe vorstellen, wie es zu solchen Kopfflausen kommen kann - selbstredend gibt es auch Fälle, wo der Faschismusvorwurf berechtigt ist, doch darum geht es im Moment nicht:

1.) Sie frönen der Methode der verhafteten Scheuklappen (vgl. dort) oder

2.) Sie suchen sich gezielt diejenige Beschuldigung mit dem größten Vernichtungspotenzial heraus.

In der linksradikalen Gemeinschaft stellt die Beschuldigung faschistische oder antisemitische Inhalte zu transportieren und zu forcieren eine mächtige Waffe dar - vordergründig tatsächlich gegen jene, die sich solchem Tun hingeben und tatsächlich bekämpft werden müssen. Gleichwohl gibt es vermehrt Tendenzen, sich im Gebrauch der beiden Beschuldigungen großzügig zu zeigen. Es ist eine Binsenweisheit, die da besagt, daß der inflationäre Gebrauch einer Waffe diese schartig und unbrauchbar werden lässt. In gleichem Maße wie sich gegen die Verwendung des Begriffs des Hühner-KZ's' gewehrt werden muß - da es einen unangemessenen Vergleich sowie eine Instrumentalisierung der Opfer der KZ's für den Tierbefreiungskampf darstellt-, sollten wir uns auch überlegen, ob das vorschnelle und zumeist völlig unsachliche Gebrauchen des Faschismus- bzw. Antisemitismusvorwurfs nicht eingestellt werden sollte - da es in ähnlicher Weise zu Relativierungseffekten kommt. In vielen Fällen dreht sich doch nur noch um das Unschädlichmachen eines politisch unliebsamen Gegenüber. Eigene Macht- und Herrschaftsansprüche gilt es durchzusetzen - wie auch immer.

Die Methode der letzten Wahrheit
In der Einleitung wurde dogmatisches Verharren auf Grund von 'letzten Wahrheiten' bereits kurz angerissen. Das dogmatische und starre Festhalten an politischen Glaubenssätzen verpflichtet sicherlich nicht notwendigerweise zum gleichem Vorgehen und Durchsetzen dieser dogmatischen Vorstellungen; gleichwohl ist es - in meinen Augen desillusionierende - Realität, daß Debattieren und Argumentieren immer weniger mit dem Austauschen und dem von sachbezogenen Inhalten zu tun hat, sondern vielmehr im unbedingten Beharren auf den eigenen Positionen stehenbleibt und somit zu Identitätsschlacht verkommt.

Gesteigert werden kann dieser Dogmatismus nur noch, indem missionarischer Eifer hinzukommt. Da Sachfragen immer mehr in den Hintergrund treten, eine Identitätspolitik immer offensichtlicher wird, kann das Selbst nur durch einen totalen Sieg befriedigt werden: mein politisches Gegenüber übernimmt meine Positionen und wertet diese und somit auch mich auf. Daneben gibt es selbstredend auch Menschen, die dieser Identitätspolitik nicht verfallen sind, dogmatisches Beharren vermittelt in diesem Fall vielmehr einen Einblick in die Tiefgründigkeit der Überzeugung von der Richtigkeit des eingeschlagenen Weges.

Es ist unumgänglich, daß es immer verschiedene Vorstellungen davon geben wird wie ein Ziel erreicht werden kann, es wäre sehr traurig, wenn es diesen Meinungspluralismus nicht mehr gäbe. Es ist ebenfalls unumgänglich, daß ein Austauschen der Positionen stattfindet, um sich gegenseitig zu befruchten, um 'Fehler' aufzuzeigen und solidarische Kritik zu üben. Doch sollte dabei keine Seite soweit gehen, sich der eigenen 'letzten Wahrheit' zu versichern - diese gibt es nicht! Zum einen: eine 'letzte Wahrheit' - starr und festgefügt - steht immer im Widerspruch zu eigenen emanzipatorischen Ansprüchen in Denken und Handeln. Zum anderen scheint das Konstruieren einer 'letzten Wahrheit' mehr als strittig und unterstellt, daß es eine unhinterfragbare, weil objektive Wirklichkeit gibt. Tatsächlich scheint es aber eher so zu sein, daß das Aufbauen und Wahrnehmen von Wirklichkeit (und Wahrheit) eher ein subjektivinterpretatorischer Akt ist. Die Einstellung meiner/s Gegenüber soll mir nicht heilig sein, aber ich muß diese in den meisten Fällen respektieren (natürlich nicht neonazistische usw. ...aber das sagte ich ja bereits).

Vermutlich kann die Methode der letzten Wahrheit als die Großmutter aller anderen Methoden herangezogen werden, sie basieren auf grundlegenden dogmatischen Anschauungen und Nicht-Einsicht in gegebene Sachverhalte. Somit bewahrheitet sich einmal mehr, daß auch eine 'linksradikale' Gemeinschaft in vielen Teilen nicht mehr als das Abziehbild dieser beherrschenden Gesellschaft ist, daß dieselben autoritären Strukturen zu finden sind und eine nicht zu unterschätzende Machtpolitik getrieben wird (vgl.: Linke Organisationen).

Schluß
Objektivität in der Darstellung der Methoden und das beständige Zurückbeziehen auf eigene Verfehlungen ist erwiesenermaßen nicht das Ziel dieser Abhandlung. Diese ist nur in Teilen als eine Selbstkritik zu verstehen und ich habe nicht vor meine Kritik an anderen dadurch zu legitimieren, daß ein fortwährendes Aufzeigen unserer Fehler die (vermeintlich) zu erwartende Ausgewogenheit präsentiert - getreu dem Sinnspruch: wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen; so würde nie eine kitische Stimme erhoben werden können. Das eine Menge Kritik an unseren (z.B. biozentrischen) Positionen nötig war, ist unbezweifelbar. Es ibt Stellen in diesem Text, da könnte der Eindruck erweckt werden, ich wolle faschistische und antisemitische Strukturen besonders das Auffinden und Anprangern derselben verharmlosen bzw. dadurch in Abrede stellen, daß dieses nicht als Selbstzweck geschähe, sondern eben darum, um uns zu ärgern und als politischen Gegner niederzumachen. Dem ist nicht so, im Gegenteil: ich denke, daß es wichtiger denn je ist, in diesem Fall in ökologisch motivierten Strukturen, nach dem 'Rechten' zu sehen und faschistoide Strukturen zu entlarven.

In gewisser Weise könnte die gestellte Formfrage, durch die Frage nach der gerade noch erträglichen Diskussionsatmosphäre erweitert werden, denn darum geht es auch. Es war in der Vergangenheit unbedingt nötig, einige Dinge zu klären und Mißdeutungen auszuräumen. Ich werde es jedoch nicht hinnehmen, daß diese Kritik sich dermaßen verharrend zeigt, d.h. den Gegenstand, den es zu kritisieren gilt aus den Augen verliert, Kritik so zum Selbstzweck wird und so jeden inhaltlichen Charakter verliert. Diese Art der Kritik wird dann zunehmend von innergesellschaftlichen 'Schwächen' angefüllt werden - Machtansprüchen, Boshaftigkeit, Drang nach Zerstörung usw. Sollte eine Auseinandersetzung in einer von diesen Verwerflichkeiten beseelten Umgebung stattfinden, so werde ich mir ihr entziehen, denn dann bringt sie mich wirklich nicht mehr weiter und trägt nur zu meiner Selbstparalyse bei.