Schwarze Katze Rundbrief 24.08.02 - http://schwarze.katze.dk

1.) Ein anarchistisches Märchen
2.) Friedhofsruhe bei Chaostagen
3.) Ohrfeige für Schily und den Verfassungsschutz
4.) Redebeitrag der FAU auf der Anti-Hartz-Kundgebung
5.) Erziehung, Schule, Ausbildung - So nicht!
6.) Aufruf zur antikapitalistischen Demonstration am 21.09.02 in Hagen


1.) Ein anarchistisches Märchen
 


Ein Anarchistisches Märchen

Februar 1995

Für Jul - Ein nicht vergessenes Versprechen



Es war einmal

...eine liebliche kleine Anarchistin, so um die 17, in der Blüte ihrer Jugend, voll der freiheitlichen und menschlichen Ideale, genau wissend, was mit dieser Welt im Argen liegt und wie man es besser machen könnte. Dieses Mädchen wohnte noch zu Hause bei ihren Eltern, und eines Tages nahm ihre Mutter sie beiseite: "Kind, um glücklich zu werden, gibt es nur einen Weg für Dich. Du mußt mit 18 einen jungen, gutaussehenden, fleißigen, strebsamen, karrierebewußten Mann heiraten, mit 19 einen Buben und mit 20 ein Mädel gebären, die Du zu Hause versorgst, während Dein Mann sich in unserer Firma hocharbeitet, um sie eines Tages zu übernehmen." Denn es war so, daß diese Familie die Inhaberin einer gutgehenden Werkstatt war, und darüber hinaus die wohlhabendste Familie der ganzen Stadt. Die Tochter aber antwortete: "Nein, das ist nichts für mich, ich möchte über mein Leben selbst entscheiden, und Euer Spießbürgertum kann mir gestohlen bleiben!" So zog sie von zu Hause fort, um in einer Landkommune ihr Glück zu suchen. Die Mutter war darüber so enttäuscht, daß sie fortan jeden Sonntag in der Kirche eine Kerze für die verlorene Seele ihrer Tochter aufstellte.

Der Vater aber liebte nichts so sehr, wie sich in seinem Reichtum, seinem Status und seinem Prestige zu sonnen. Er verfügte über einen Spiegel, dem geheimnisvolle magische Kräfte innewohnten, und jeden Abend nach vollbrachtem Tagewerk stellte er sich davor, zupfte seine seidene Krawatte mit der goldenen Krawattennadel zurecht, und fragte: "Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Reichste im ganzen Land?" Und der Spiegel antwortete: "Du, Karl-Heinz, Du bist der Reichste!" Aber an dem Abend des Tages, als seine Tochter fortzog, antwortete der Spiegel auf die Frage "Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Reichste im ganzen Land?" mit: "Du, Karl-Heinz, Du bist der Reichste hier! Aber der Hauptaktionär von Daimler-Benz, hinter den Banken, bei den sieben Bonzen, ist noch tausend mal reicher als Du!"

"VERDAMMTE IMPERIALISTISCHE KAPITALISTENSCHWEINE !!!" entfuhr es ihm mit neidverzerrtem Gesicht, denn er hatte einiges Vokabularium seiner abtrünnigen Tochter aufgeschnappt. Und er nahm seinen Bürosessel und zerschmetterte den Spiegel in tausend Scherben. Doch daraufhin verließ ihn das Glück, seine Arbeiter wurden krank und begannen, schlampig zu arbeiten, es kamen keine neuen Aufträge mehr rein, und schließlich ging die Firma pleite. Doch das ist eine andere Geschichte, die soll ein ander Mal erzählt werden.


Die kleine Anarchistin ließ dies alles unberührt, denn sie zog mit einem fröhlichen Liedchen auf den Lippen durch die Welt:

"Pflasterstein
Fliegt allein
In die Deutsche Bank hinein
Mißgeschick
Prallt zurück
Scheibe war zu dick
Autonome weinen sehr
Haben jetzt 'ne Beule mehr
Aufgewacht
Bankchef lacht
Ruft die Bullenmacht"

Auf ihrer Reise kam sie eines Tages an einem gewaltigen, hohen, schimmernden Gebäude vorbei, ganz aus Glas, Stahl und Beton. Da ihre Füße schmerzten und ihr Magen grummelte, ging sie hinein, um sich ein wenig auszuruhen, da es nun auch noch anfing zu regnen. Doch die Empfangsdame teilte ihr mit, daß dieses Gebäude der Hauptsitz der sieben Bonzen sei, die zur Zeit jedoch auf einer Firmenkonferenz in Rio DeJaneiro wären, und sie sich deshalb gefälligst zum Teufel scheren und mit ihren schmutzigen Füßen nicht den teuren Perser in der Empfangshalle verunreinigen solle. In diesem Moment klingelte aber das Telefon, die kleine Anarchistin schlich sich an der abgelenkten Empfangsdame vorbei, und ging hinauf in die Büros.

"Nein, wie edel hier alles eingerichtet ist!", staunte sie. "Wer so schön lebt, kann doch nicht böse sein!" Und sie ließ es sich wohlergehen.

Etwas später kehrten die sieben Bonzen in ihrem Privatjet zurück, und als sie ihr Büro betraten, blieben sie wie angewurzelt stehen.
"Wer hat meine Zigarren geraucht?"
"Wer hat von meinem Kaviar gegessen?"
"Wer hat in meinem Chefsessel gesessen?"
"Wer hat meine Rationalisierungsmaßnahmen rückgängig gemacht?"
"Wer hat 10.000 neue Leute eingestellt und meinen Personalabbau und die Massenentlassungen unterlaufen?"
"Wer hat meine illegalen Rüstungsexporte der Presse mitgeteilt?"
"Wer hat mein Konzernmonopol dem Kartellamt gemeldet?"
Und als sie das Konferenzzimmer betraten, entdeckten sie die zerlumpte, schmutzige kleine Anarchistin, die mitten auf dem blitzblanken Tisch ihr Nachtlager aufgeschlagen hatte und selig schlummerte. So riefen sie voller Zorn ihren Sicherheitsdienst und ließen sie brutal die Eingangstreppe hinuntertreten.


Zu dieser Zeit begab es sich, daß ein dynamischer Jungunternehmer, dessen Vater der Mineralölkonzern gehörte, dessen Onkel die Automobilfabrik besaß, dessen Cousin der Betreiber des Kernkraftwerks war, dessen Großvater im Umweltministerium das Sagen hatte, dessen bester Freund der Bruder des Polizeipräsidenten war, daß dieser dynamische Jungunternehmer in den Markt für alternative umweltfreundliche Solarzellen-Elektroautos einsteigen wollte, um gleichzeitig die regenerativen Energieerzeugungsformen weiter voranzutreiben. Und es setzte ein großes Heulen und Zähneklappern in seiner Verwandtschaft ein.

Der Cousin, also der Betreiber des Kernkraftwerks, sprach: "Knusper knusper knäuserk, wer knabbert an meinem Kernkraftwerk? Meine Milliarden-Investitionen, Schmiergelder, Demonstrationsniederschlagungen, soll das alles für die Katz' gewesen sein?" Und vor Schreck mißachtete er sämtliche Genehmigungsverfahren und Umweltauflagen, und verbuddelte seinen verseuchten Atommüll im Stadtwald.

Der Onkel, also der Besitzer der Automobilfabrik, sprach: "Dafür sind meine Produktionsanlagen nicht ausgelegt, dafür müßte ich mehr Personal einstellen, das wäre eine Konkurrenz zu meiner sonstigen Autopalette, was das wieder kostet!" Und vor Schreck strich er sämtliche Forschungsgelder für benzinsparende Motoren und investierte stattdessen in PS-starke Nobelkarossen.

Der Großvater, also der Chef des Umweltministeriums, sprach: "Meine Bestechungsgelder, Spenden, mein Einfluß und meine Macht, wenn sich das durchsetzt und ich entlassen werde!" Und vor Schreck ließ er den Umweltskandal des Chemiekonzerns in den Medien verharmlosen und vertuschen.

Der Vater, also der Besitzer des Mineralölkonzerns, aber sprach: "Was wird aus meinem Benzin? Meine Tankstellenkette, meine Bohrtürme in der Nordsee, meine Tankerflotte?" Und vor Schreck verdoppelte er die Benzinpreise.

Als jedoch der Finanzminister davon hörte, sprach er: "Um Gottes Willen! Unsere Konjunktur wird den Bach runtergehen!" Und vor Schreck rief er: "Goldesel, werde gemolken!", und erhöhte die Mehrwertsteuer von 15 auf 30 Prozent.

Und sie alle jammerten gemeinsam: "Wie sollt ich reich sein? Ich sprang nur über Gewerkschaftsforderungen und Umweltschutzmaßnahmen und fand kein einzig Geldscheinlein! Meh! Meh!"

So nahm der Vater des dynamischen Jungunternehmers seinen Sohn beiseite: "Sohn, Du darfst Dir das teuerste Mobiltelefon aussuchen, das Du haben möchtest, wenn Du die Finger von dieser Sache läßt." Doch der Sohn, der bereits fünf Handys an seinem Gürtel hängen hatte, antwortete: "Vater, so kann das nicht weitergehen! Unsere Umwelt wird zerstört, unsere Lebensgrundlagen vernichtet, das Ozonloch bedroht unsere Gesundheit, der Treibhauseffekt läßt die polaren Eiskappen schmelzen und die Meeresspiegel steigen, Millionen von Menschen verhungern, während wir immer reicher und dekadenter werden, und die Verhungernden noch rücksichtslos ausbeuten!"

Als der Vater dies hörte, diffamierte er seinen eigenen Sohn öffentlich als antidemokratischen linken Krawallmacher und verblendeten Kommunisten, und alarmierte den Neffen seines Kegelbruders, der eine hohe Stelle im Amt für Verfassungsschutz einnahm. Dieser ließ vom Verfassungsgericht eine Vollmacht für den Polizeipräsidenten ausstellen, der ja der Bruder des (ehemals) besten Freundes des dynamischen Jungunternehmers war, und dieser rief: "Knüppel, aus dem Sack!" Und seine uniformierte Truppe zog aus und versetzte dem dynamischen Jungunternehmer einen Schlag mit ihrem magischen Gummiknüppel. Darauf versank er in tiefen Schlaf, und mit ihm alle seine Mitarbeiter, alle Umweltschutzgruppen, Bürgerinitiativen, linke und linksextreme Randgruppen, alle kritischen Journalisten und Schriftsteller. Um seine Firma herum wuchs ein undurchdringlicher Dschungel aus Natodraht, Tretminen und bewaffneten Wachtürmen, und auch alle Forschungsprojekte und Experimente für alternative Energieformen und umweltfreundliche Produkte versanken im Dickicht.

Der Vater setzte sich nun mit seinem Schwager in Verbindung, der die Aktienmehrheit des Medienkonzerns in Händen hielt, dem die übriggebliebenen Zeitungs- und Buchverlage, sowie die Rundfunk- und Fernsehanstalten angehörten, und sie kamen überein, daß diese subversiven Ideen niemals wieder an die Öffentlichkeit dringen und mit keinem Wort mehr erwähnt werden dürften.


Aber was ist eigentlich aus der kleinen Anarchistin geworden? Nun, nach vielen weiteren Abenteuern mit Polizisten, Skinheads, Managern, Politikern, Soldaten und der "Bild" fand sie schließlich ihre ersehnte kleine Landkommune, in der sie mit offenen Armen empfangen wurde. Sie lag in einem lieblichen, verwilderten und unberührten Wäldchen auf einer Lichtung mit saftig grünem Gras und vielen bunten duftenden Blumen, durchflossen von einem klaren, sauberen rauschenden Wildbach. Sie hatten zwei Kühe, eine Ziege und mehrere Hühner, die ein freilaufendes glückliches Leben führten. Dazu hatten sie sich eine kleine Solaranlage und ein Windrad gebaut, so daß sie es auch im Winter schön warm hatten. Sie bauten ihr eigenes Gemüse und Getreide an, und hatten auch eine kleine Cannabis-Pflanzung. So lebten sie naturverbunden, in gegenseitiger Rücksicht glücklich und zufrieden.

Leider wurde der Platz bereits nach einem Monat mit Panzern, Wasserwerfern und Tränengas geräumt, und der Wald wurde abgeholzt und zubetoniert, da genau an dieser Stelle eine Autobahn, ein Flughafen und ein Kernkraftwerk gebaut werden sollten. Die kleine Anarchistin wurde wegen Besitzes und Konsums von illegalen Drogen ins Gefängnis gesteckt, wodurch uns leider unsere Heldin abhanden gekommen ist, die den dynamischen Jungunternehmer aus seinem verfluchten Gefängnis hätte befreien und gemeinsam mit ihm die Welt hätte retten können.

Nach letzten Meldungen ist es auch mehreren extremistisch-militanten Splittergruppen mit Molotow-Cocktails und selbstgebastelten Sprengkörpern nicht gelungen, in den Dschungel vorzudringen. Im Gegenteil, mit jedem gewonnenen Meter wurde das Dickicht nur noch größer und dichter. So spielt das Leben...

Ende

Mein besonderer Dank geht an Quetsch-Man, dem ich die erste Strophe des Liedes (zur Melodie von "Hänschen Klein") hinterrücks und ohne Copyright-rechtliche Moral geklaut habe. Da es sich dabei um die einzige Strophe handelte, für die noch ein Rest an Erinnerung vorhanden war, habe ich die zweite Strophe in Ermangelung sangestechnischer Fähigkeiten unter Zurücklassung zahlreicher Gehirnzellen selbst dazugelogen.



2.) Friedhofsruhe bei Chaostagen
Pressemitteilung Rote Hilfe München, 04.08.02

Friedhofsruhe in München
Schlechte Zeiten für Jugendliche außerhalb der deutschen Leitkultur

Aufgrund einer Allgemeinverfügung der Stadt zum Verbot der für dieses Wochenende für München angekündigten Chaostage wurden in den letzten zwei Tagen von der Polizei über bis zum Samstag über hundert Menschen in Gewahrsam genommen, Hunderte Platzverweise ausgestellt und Tausende Personenkontrollen durchgeführt.

Was die Polizei auf ihrer heutigen Pressekonferenz als erfolgreichen Einsatz gegen "gewaltbereite Chaoten" bewerten wird, ist bei genauerem Hinsehen geprägt von staatlicher Willkür, Einschränkung von Grundrechten und offene Jagd auf alle Menschen, die nach Meinung der Polizei irgendwie einem alternativen Spektrum zuzurechnen sind.

Über 114 Ingewahrsamnahmen, 512 Platzverweise, Tausende Personenkontrollen und hunderte Abschiebungen und Zurückweisungen, das ist die Bilanz des Polizeieinsatzes bis zum gestrigen Samstag anlässlich der im Internet angekündigten Chaostage in München, bis zur heutigen Pressekonferenz des Polizeipräsidiums Münchens werden noch mal etliche mehr dazugekommen sein.

*Rot-Grüne Stadtregierung spielt bayerischer Polizei in die Hände*
Rechtliche Grundlage für den Polizeigroßeinsatz war eine Allgemeinverfügung der Stadt München zur Verhinderung der Chaostage. Doch obwohl in der Einleitung behauptet wird, ein Betretungsverbot generell für "Personen, nur weil sie bunte Haare, Ketten, Piercing etc. tragen, wie z. B. Punks, weil sie andere Umgangsformen bzw. eine abweichende Lebensweise praktizieren oder irgendwie auffällig sind" nach Ansicht des KVR nicht in Betracht kommt, weil "kein Betretungsverbot für Personen allein aufgrund äußerlicher Merkmale geben" darf (PM des KVR München), wurde in einem unteren Absatz die eigentliche Absicht der städtischen Verfügung deutlich: "...Potentielle Störer, das heißt Personen bzw. Personengruppen, bei denen es konkrete Anhaltspunkte für die beabsichtigte Mitwirkung an den in Ziffer 1 des Bescheidtenors genannten Aktionen gibt oder Personen bzw. Personengruppen, die durch ihr Aussehen oder Auftreten und Verhalten Anlass zu dieser Vermutung geben und nicht glaubhaft machen können, dass sie zu anderen als den in Ziffer 1 des Bescheidtenors aufgeführten Zwecken anreisen wollen, können demnach von der Landeshauptstadt München fern gehalten werden...". Durch diese Formulierung wurde der Polizei von der rot-grünen Stadtregierung ein rechtliches Instrumentarium an die Hand gelegt, sämtliche Jugendliche, die irgendwie durch ein nonkonformes Auftreten auffallen, zu kontrollieren, abzuschieben, abzuweisen, mit Platzverweisen zu belegen oder in Gewahrsam zu nehmen.

*Jagd auf alles Non-Konforme*
Diese Handlungsanweisung wird von der bayerischen Polizei auch prompt mit einem Großeinsatz umgesetzt. Einsatzkräfte aus zahlreichen Bundesländern sowie Bundesgrenzschutz machen Jagd auf alles und jeden, das von ihnen irgendwie einem alternativen, linken oder sonst wie subkulturellem Spektrum zugeordnet wurden. Ausschlaggebend war in den meisten Fällen kein bestimmtes Verhalten, sondern einzig und allein das äussere Auftreten. Etliche Ingewahrsamnahmen wurden nur begründet mit ominösen Eintragungen in Polizeicomputern, die z.B. besagen bereits mal auf einer Demonstration gesichtet worden zu sein. Nach Aussage eines Freigelassenen ist "die Haftanstalt brechend voll mit Leuten die unter dem Vorwand der Chaostage verhaftet wurden, von Punks ist jedoch keine Spur zu sehen".

*Polizei konstruiert sich selber Festnahmegründe*
Bereits seit Freitag wurden in Polizeikontrollen ohne konkrete Anhaltspunkte Platzverweise ausgesprochen, mit willkürlichen Angaben über die zeitliche und räumliche Gültigkeit. Es werden den Betroffenen weder Gründe genannt, noch eine schriftliche Ausfertigung auf Verlangen gegeben, noch wird irgendein Bezug zu einer polizeilichen Maßnahme, die durch die Person gefährdet sein könnte hergestellt, was laut Polizeiaufgabengesetz (PAG) vorgeschrieben ist.

Noch skandalöser: Uns sind inzwischen etliche Fälle bekannt, in denen bei einer ersten Kontrolle im Stadtgebiet kein Platzverweis oder Innenstadtverbot verhängt wurde, jedoch bei einer Kontrolle an anderem Ort diese Personen in Gewahrsam genommen wurden, mit der nachweislich falschen Behauptung, bei der ersten Kontrolle wäre ein Platzverweis ausgeprochen worden.

Wir vermuten, dass die bayerische Polizei aus den juristischen Fehlern bei den Massenfestnahmen während der "Sicherheitskonferenz" gelernt hat, und daher nun einfach behauptet, einer Ingewahrsamnahme wäre ein Platzverweis vorangegangen.

*Verweigerung der Rechte von Inhaftierten*
Wie bereits bei der sog. "Sicherheitskonferenz" im Februar bricht die Polizei weiterhin die Rechte von Inhaftierten. So wird in der überwiegenden Anzahl der Fälle das gesetzlich zugesichertes Telefonat mit einer Person des Vertrauens (z.B. Anwalt, Eltern) verweigert. Zudem ist dies natürlich für die Münchner Polizei mal wieder ein willkommener Anlass, ihre Dateien ein wenig zu ergänzen. Bei Ingewahrsamnahmen wurden erkennungsdienstliche Behandlungen durchgeführt, die eigentlich nur zur Beweissicherung in einem Strafverfahren gedacht sind. Weiter bleibt zu befürchten, das die erhobenen Daten in den europaweiten Fahndungssystem Sirene bzw. in die LIMO-Kartei (sog. links-motivierte Gewalttäter) in Deutschland gespeichert werden. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Betroffenen, die ohne einen Verstoß - nur aufgrund ihres Äußeren - damit als "GewälttäterInnen" gebrandmarkt werden und in der Konsequenz sie mit ständigen Reiseverboten, Passentziehungen und Problemen bei Ein- und Ausreise rechnen müssen.

Wir finden es unerträglich, dass sich Menschen in München nicht mehr auf die Straße trauen können, weil sie Angst haben müssen, wegen eines Piercings, einer zerrissenen Hose, bunter Haare oder eines "Stoppt Stoiber"-T-Shirts das Wochenende im Gefängnis verbringen zu müssen. Wir finden es skandalös, dass sowohl die Polizei sämtliche Rechtsnormen über Bord wirft, um eigene Vorstellungen von Ruhe und Ordnung mit der bekannten "bayerischen Art" durchzusetzen, als auch die Steilvorlage der Stadt München, die in ihrer Allgemeinverfügung der Polizeiwillkür Tür und Tor geöffnet hat. Auch die Stadt München muss sich damit abfinden, dass zu den "Münchner Bürgerinnen und Bürgern" auch diejenigen zählen, die bunte Haare haben.

Wir fordern die sofortige Freilassung aller Inhaftierten, die Löschung aller erhobenen Daten und die sofortige Aufhebung der allgemeinen Sicherheitsverfügung.

Der Ermittlungsausschuss der Roten Hilfe e.V. 04.08.02

Aus der Satzung der Roten Hilfe e.V.:
"Die ROTE HILFE ist eine parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutz- und Solidaritätsorganisation. Die Rote Hilfe organisiert nach ihren Möglichkeiten die Solidarität für alle, unabhängig von Parteizugehörigkeit und Weltanschauung, die in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer politischen Betätigung verfolgt werden.

Politische Betätigung in diesem Sinne ist z.B. das Eintreten für die Ziele der Arbeiterbewegung, der antifaschistische, antisexistische, antirassistische, demokratische oder gewerkschaftliche Kampf und der Kampf gegen die Kriegsgefahr."

Linktipps
weitere Infos zu den Chaostagen München: www.chaostage-muenchen.de
die umfangreichste Chaostageseite: www.chaostage.de
Infos zu den Chaostagen Dortmund 2001: http://schwarze.katze.dk/texte/chaostag.html
Rote Hilfe: www.rote-hilfe.de

3.) Ohrfeige für Schily und den Verfassungsschutz
Antifaschistische Nachrichten 11/02, Ulla Jelpke

Berlin. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichtes wird erst nach den Wahlen im Herbst über den weiteren Fortgang im NPD-Verbotsverfahren befinden. Das Gericht teilte in einer Presseerklärung mit, es wolle am 8. Oktober einen Erörterungstermin zu den Einsätzen von V-Männern ansetzen. Das Gericht erwarte sich dann Aufschlüsse über die Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit den im Verbotsantrag gegen die rechtsextreme NPD genannten Zeugen. Zur dieser Entscheidung erklärt die innenpolitische Sprecherin der PDS-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke: Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist eine neuerliche Ohrfeige für Schily und die Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern. Die NPD kann jetzt zur Bundestagswahl kandidieren und ihre antisemitische und rassistische Hetze weiter verbreiten, ohne durch das laufende Verbotsverfahren in irgendeiner Weise beeinträchtigt zu werden.

Schily und die VS-Behörden müssen das Netz ihrer V-Leute in der NPD und ihrem Umfeld vollständig offen legen. Was von der PDS von Anfang an gefordert worden war, dazu zwingt sie nun Karlsruhe. Die Forderung des Bundesverfassungsgerichts, sowohl die aktuellen wie auch frühere V-Leute in der NPD offen zu legen, ihre Führungsakten zu erörtern etc. bringt hoffentlich auch Licht in das trübe Zusammenspiel von VS-Ämtern und Neonazis. Ich verweise auf Mecklenburg-Vorpommern, wo der VS die Aufklärung ausländerfeindlicher Gewalttaten offenbar behinderte, um V-Leute zu werben bzw. zu schützen. Ich vermute, das war kein Einzelfall.

Die skandalöse Vertuschungstaktik von Schily, den Länder-Innenministern und den Verfassungsschutz-Ämtern im NPD-Verbotsverfahren ist endgültig gescheitert.

Der Schaden, den diese Ämter durch ihr jahrzehntelanges V-Leute-Unwesen in der NPD und ihrem Umfeld angerichtet haben, wird immer größer. Daraus müssen endlich Konsequenzen gezogen werden. Eine davon steht für mich schon fest: Den Verfassungsschutzämtern muss das Anwerben und die Führung von V-Leuten ein für alle Mal verboten werden.


4.) Redebeitrag der FAU auf der Anti-Hartz-Kundgebung am 16.08.02 in Berlin

Wir grüssen alle Feindinnen und Feinde der Hartz-Kommission und werfen unfreundliche Blicke in Richtung dieser Kirche, in der der ganze Schwachsinn übergeben wird.

Übergeben wollten wir uns schon, als wir das erste Mal in der Zeitung von der Hartz-Komission lasen. Und dem VW-Vorstandschef hätten wir am liebsten ins Gesicht gekotzt, als wir uns die grandiosen Ideen zur Bekämpfung der Arbeitslosen genauer angeschaut haben. Doch leider ist der gute Mann in dieser Hinsicht schlecht erreichbar und so mssen wir uns zur Zeit noch damit begnügen, Widerspruch auf sie Strasse zu tragen und zu schaün, dass die ganze Sache nicht so reibungsfrei abluft, wie Komission und Regierung das gerne hätten.

Unsere Ablehnung der Hartz-Papiere zu begründen ist nicht schwer: Weder wollen wir nach sonstewo ziehen, weil dort ein miesbezahlter Job winkt, noch haben wir Interesse daran uns als Subunternehmer - im Hartz-Neusprech "Ich-AG"- zu etablieren und danach Probleme mit dem Arbeitslosengeld zu haben. Wenn es das dann noch so geben sollte und nicht vollständig mit der Sozialhilfe zusammengelegt ist. Wenn wir Arbeit haben, können wir kein Interesse daran haben, wenn bisher nach Tarif bezahlte Arbeit durch Zeitarbeit ersetzt wird oder wenn im schon bestehenden prekären Bereich der Druck auf die Löhne ständig steigt, da immer mehr Menschen gezwungen sind, die letzten Drecksjobs anzunehmen.

Jetzt aber stehen wir hier mit Transparenten, halten Reden und starren auf diese Frechheit wie das Kaninchen auf die Schlange und fragen uns, wie es soweit kommen konnte. Es gab da ja mal eine Zeit, wo Unternehmer und Staat begründete Angst vo den Arbeiterinnen und Arbeitern hatten, wo eine starke Arbeiterbewegung vorhanden war und damit auch die Gefahr, dass diese sich eines Tages über die bürgerlichen Gesetze hinwegsetzen und das Eigentum an Produktionsmitteln abschaffen könnte. Weshalb Zugeständnisse nötig waren und Lohnarbeiterinnen und Lohnarbeiter einige soziale Rechte erkämpfen konnten.

Heute dagegen ist diese Bewegung schwach. Führende DGB-Funktionäre diskutieren freudig über die Untergrabung der Existenzgrundlage ihrer eigenen Mitglieder. Und auf die manchmal noch ausgesprochene Drohung mit der Revolution erntet man nur ein müdes Lächeln. Und da der Druck nicht da ist, können uns früher erkämpfte Rechte wieder genommen werden.

Das ist allerdings kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken: Im Gegenteil. wenn wir es mit dieser Kundgebung schaffen, unseren Widerstand zum Hartz-Papier in die Öffentlichkeit zu bringen, mehr Menschen zu ermutigen, sich gemeinsam gegen Ämterschikane und Lohnabbau zu wehren und damit zumindest die Gewerkschaftsspitze in Erklärungsnot zu bringen, ist einiges erreicht. Auch wenn die Chancen schlecht stehen, das Hartz-Papier jetzt zu kippen, sollten wir hier und heute damit beginnen, uns anhand unserer Probleme als Lohnabhängige und Arbeitslose zu organisieren um wieder eine ernsthafte Bedrohung für Staat und Kapital zu werden. dass wir dabei nicht bei forderungen nach ein paar Euro mehr Lohn oder ein bisschen weniger Schikane auf dem Amt stehenbleiben dürfen, ist klar, auch wenn wir für Dinge kämpfen, die uns hier und jetzt praktisch was nützen, natürlich notwendig sind.

Wir wollen nicht ein bisschen Schikane, sondern überhaupt keine! Wir wollen uns nicht nur etwas weniger ausbeuten lassen sondern überhaupt nicht! Wir wollen keinen sozialeren Kapitalismus, sondern die Abschaffung eines Gesellschaftsystems in dem Herrschaft von Menschen über Menschen stattfindet!

REVOLUTIONÄRE GEWERKSCHAFTEN AUFBAUEN!!!

Allgemeines Syndikat in der FAU*IAA Berlin


5.) antipädagogischer Text der Rosa Antifa Wien
Attack - Infoblatt der Rosa Antifa Wien, 9/95

Attack
 

Erziehung, Schule, Ausbildung - So nicht!

Von Geburt an wird mensch einem System von Manipulationen ausgesetzt, die das Ziel haben, ihn für den Staat möglichst gefügig und brauchbar zu machen. Die erste Station dieser Formungsversuche stellt in der Regel die Familie dar. Diese wird nicht zu Unrecht als die "Keimzelle des Staates" bezeichnet, da sie im Kleinen vorlebt, was im Großen das System des Staates ausmacht. Mensch werden so schon von Anfang an Rollenverteilungen (Mann:Frau) und Autoritätsverhältnisse eingeprägt, die dann später für denStaat nützlich sind, um seine "Schäfchen" unter Kontrolle zu halten. Auch werden mensch hier bereits die kapitalistischen Grundregeln (schön brav sein, dann gibt's eine Playstation oder gar ein Kinderhandy) beigebracht. Trotz allem stellt die Familie für den Staat einen gewissen Unsicherheitsfaktor dar, da hier kein direkter Zugriff auf die Entwicklung junger Menschen gegeben ist, und es somit möglich wäre, daß Eltern diese in anderer Form als gewünscht aufwachsen lassen würden. Aus diesem Grund versucht der Staat die Erziehung der Kinder verstärkt in seine Hände zu bekommen. Dabei kommt ihm die Entwicklung weg von der Großfamilie (die hiermit wahrlich nicht beschönigt werden soll) hin zu immer kleineren, stärker isolierten Einheiten, in denen es kaum mehr den klassischen "familiären Zusammenhalt", der hier ebenfalls nicht positiv dargestellt werden soll, da Familie immer ein Ausdruck von Besitzverhältnissen ist, gibt, sehr gelegen. Andererseits werden durch die zunehmende Verstaatlichung der Erziehung die Eltern entlastet, und somit in ihren Jobs produktiver. Also müssen Kinder in den Kindergarten, wo sie lernen, auch anderen Leuten zu gehorchen, wo begonnen wird, jedes eigenständige Denken oder jegliche (für den Staat unproduktive) Kreativität durch Disziplinierungsmaßnahmen (z. B.: Mittags auf Befehl schlafen) zu unterdrücken und wo die sexistische Teilung Mann:Frau durch Mädchen- und Bubenecke und durch geschlechtsspezifische Spiele (Puppen vs. Feuerwehrautos) vorangetrieben wird.

Die Schule beginnt...

Vom Kindergarten wird mensch in die Volksschule weitergereicht. Spätestens hier wird einem/r der letzte Rest an Persönlichkeit ausgetrieben. Es sollen normierte Wesen geschaffen werden, die für den Kapitalismus als kritiklose Arbeitsbienen optimal verwertbar sind, und somit (passiv) die bestehenden ungleichen und unfreien Verhältnisse bewahren. Außerdem soll jedes kreative, also im Ansatz revolutionäre Denken, im Keim erstickt werden. Die Schule erfüllt also eine Art von Kasernenfunktion: die Schule als Auswahlmechanismus zur Verwertbarkeit von Menschenmaterial (wie am deutlichsten an berufsbildenden höheren Schulen zu bemerken ist, wo nicht mal mehr versucht wird, diesen Umstand zu bestreiten). Nur darum, und nicht um einen vorgeschobenen und sowieso bedenklichen Bildungsanspruch geht es im ganzen Schulsystem (an Universitäten geht es dann auch um Bildung von Eliten). Oder glaubt wirklich jemand,daß es für das minimale Wissen, das mensch nach der Matura besitzt, 12 Jahre (mindestens) Schule (und meist noch 2 Jahre Kindergarten dazu) bedarf?

Doch selbst dies spärliche Wissen verschwindet nach kürzester Zeit aus dem Gedächtnis, da dieses nicht in der Absicht, Inhalte zu vermitteln, gelehrt wurde, sondern nur um den SchülerInnen einzubläuen, ausschließlich in vorbestimmten Bahnen zu denken, von zweifelhaften "Autoritäten" Vorgegebenes kritiklos zu übernehmen. Nachfragen ist hier logischerweise unerwünscht und eigenständiges Denken behindert den (ach so wünschenswerten) reibungslosen Ablauf des Unterrichts.

Schule und Konsumwahn

Spätestens in der Volksschule lernen sich Kinder dem Konsumwahn unterzuordnen, sei es der Besitz von Computerspielen, die Kenntnis von bestimmten Fernsehserien oder das Tragen modegerechter Kleidung. Der Besitz von prestigeträchtigen Dingen bestimmt die soziale Stellung der Kinder in ihrem Umfeld (Schulklasse, FreundInnenkreis...). Diese Tendenz wird auch noch unterstützt, indem sich jetzt die Schulen auch durch Anbringen von Werbetafeln (von Coca-Cola über (Kinder-)Handy und Fahrschulen bis Banken) finanzieren. Der Schluß, den wir ziehen müssen: Spätestens in der Schule wird das Konsumverhalten geprägt: Kaufen, Kaufen, Kaufen. Und SchülerInnen sind ein großartiges KundInnenpotential, entweder das Taschengeld reicht, oder es gilt zu Quengeln bis die eltern zahlen.

Freier Zugang zu "Bildung"?

Der immer wieder vom Staat propagierte freie Zugang für jede/n zu "Bildung" ist eine Lüge. Gerade nach den Sparpaketen können sich immer weniger Familien, und insbesondere alleinerziehende Mütter, leisten, ihre Kinder in die AHS und auf die Uni zu schicken, ohne sich finanziell zu überlasen. Selbstbehalte, Streichung der Freifahrt, Begrenzung des Anspruchs auf Kinderbeihilfe u.s.w. zwingen immer mehr PflichtschulabsolventInnen, sich einen Job zu suchen. Nur für Menschen aus reichem Haus ist es problemlos möglich, in den "Genuß" aller Bildungsmöglichkeiten zu kommen. Alle anderen haben mit erheblichen Hürden und Problemen zu kämpfen, oder haben aus ihrer sozialen Situation heraus erst gar nicht die Möglichkeit es zu versuchen.

Um das einmal für alle Zeiten klarzustellen: Nicht weil mensch zu dumm ist, fliegt sie/er durch, sonder weil mensch sich nicht gut genug in dieses unterdrückerische System einfügen kann. LehrerInnen und DirektorInnen sind Autoritätspersonen, denen bedingungslos zu gehorchen ist, mehr noch, sie sind innerhalb der Schule Götter, die sich nicht einmal um die eigenen Schulgesetze kümmern müssen, wie wohl jede/r aus eigener Erfahrung weiß. Natürlich kann mensch sich dann wehren, und natürlich kann mensch sich dann beschweren, und vielleicht wird mensch dann sogar auch noch Recht gegeben, nur wird mensch dann in der Schule sehr bald sehr große Probleme bekommen, und meistens dann auch "freiwillig" sehr schnell die Schule wechseln. In diesem Sinne ist die Schule eine Art rechtsfreier Raum, in dem nur ein Gesetz gilt: Das Gesetz der bedingungslosen Unterordnung, das zur Zerstörung der individuellen Persönlichkeit führen soll. "Soll" deswegen, da es dieses Ziel noch immer nicht bei allen Menschen erreicht, es gibt immer noch einige "Ausreißer", aber es ist am "besten" Weg dazu, noch unauffälliger zu manipulieren, wie sich auch am Phänomen der"Wahlpflichtfächer" zeigt (der Name ist bezeichnend): da wird eine Wahlmöglichkeit vorgegaukelt, die lediglich darin besteht, aus einem vorgegebenen Fragenkatalog mehrere Spezialgebiete auswählen zu müssen, die dann aber meistens - aus wie auch immer gearteten Gründen - doch nicht machbar sind. Es soll hier gar nicht abgestritten werden, daß es durchaus auch veränderungswillige LehrerInnen gibt, doch haben diese durch die Rahmenbedingungen und den gleichschaltenden Druck des Systems keinerlei Chance, verbessernd zu wirken, und enden meist so, daß sie beginnen, sich selbst zu belügen und sich bereits riesig zu freuen, wenn sie nur einmal im Jahr ein Projekt mit etwas Restoriginalität genehmigt bekommen. Auch ist dieAusbildung an den Universitäten dermaßen schlecht (dort lernt mensch, kompliziert zu sprechen, damit eine/n später die SchülerInnen nicht mehr verstehen, oder so ähnlich), daß es kaum möglich ist, aus diesem Einheitsbrei auszubrechen. Und BHS-LehrerInnen müssen meist einen einwöchigen Schnellsiedekurs inPädagogik (die selbst sehr seltsam ist, denn was ist Pädagogik sonst als die Lehre von der geschickten Manipulation der SchülerInnen) belegen, bevor sie auf ihre "Schützlinge" losgelassen werden. Aus all dem zeigt sich, daß dieses System nicht verbesserbar ist, Fehler können nicht durch Reformen verbessert werden, denn: das System an sich ist der Fehler. Die einzige Lösung kann daher nur die vollkommene Zerschlagung des Schulsystems sein, einhergehend mit der Schaffung eines Informationsangebotes, das auf freiwilliger Basis, eben nicht nach Lehrplan, nicht mit Anwesenheitspflicht und ganz sicher ohne Leistungszwang und Benotungssystem, genutzt werden kann. Entgegen allen ZweiflerInnen sind wir der Meinung, daß dieses Angebot genutzt werden würde, da mensch eigentlich wißbegierig ist, bevor ihm das in der Schule ganz gründlich ausgetrieben wird. Innerhalb des kapitalistischen Systems wird dies aufgrund der staatlichen überwachungen (Prüfungen und sonstige Leistungsnachweise) nicht möglich sein, aber wir sollten zumindestens versuchen, das staatliche Monopol auf Wissen und Wahrheit zudurchbrechen, um der einseitigen staatlichen (Des-)Informationspolitik etwas entgegenzusetzen. Wir sind der Meinung:

 

Kinder sind keine Fässer, die gefüllt,
sondern Feuer, die entfacht werden wollen!


6.) Aufruf zur antikapitalistischen Demonstration am 21.09.2002 in Hagen

Wir haben schon lange gewählt! Einen Tag vor dem üblichen Wahlspektakel wollen wir mit euch gegen den Kapitalismus und für ein besseres Leben für alle demonstrieren - und feiern.
ROCK THE CITY, SMASH CAPITALISM

Der Run auf den Platz an der Sonne beginnt schon früh. Spätestens in der Schule. Mit Ellenbogen um das begehrteste Mädchen, die tollsten Klamotten und die besten Noten. Später dann um die begehrteste Frau, das tollste Auto und den besten Job. Wer verliert, trifft sich später wieder, auf den Arbeits- und Sozialämtern, in den Gefängnissen oder Suppenküchen. Je größer die Chancen zu den Verlieren zu gehören, desto stärker werden auch die Abgrenzungsversuche gegenüber dem Elend. Und die Chancen stehen gut: Es gibt immer weniger zumindest einigermaßen sichere Beschäftigungsverhältnisse, fast jeder und jede muss damit rechnen, im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen auf der Strasse zu landen. Was einen dort erwartet ist schlicht menschenunwürdig: Stigmatisierung als "Drückeberger" und dergleichen, Gelder, die kaum zum Leben reichen, der Zwang Knochenjobs für kaum mehr Kohle anzunehmen und stetige Schikanen auf den Arbeits- und Sozialämtern.

Über all dem, also dieser menschlich degenerierten Gesellschaft steht das herrschende kapitalistische Prinzip Profit zu erwirtschaften. Fast jeder Mensch ist gezwungen, seine Arbeitskraft feilzubieten und sich in Konkurrenz zu anderen Menschen zu setzten. Dieses angelernte Konkurrenzverhalten, das die Profiterwirtschaftung garantiert, indem die Menschen möglichst produktiv und günstig sein wollen, durchzieht alle gesellschaftlichen Bereiche. Andersherum wird es in allen gesellschaftlichen Bereichen immer weiter vermittelt, so dass der Konkurrenzkampf um die vorhandene Arbeit immer weiter in den Köpfen verankert wird. Die Menschen werden also im gesellschaftlichen Leben auf ein Verhalten und Denken zugerichtet, das den Fortbestand der kapitalistischen Logik garantiert. Er/Sie wird und macht sich selbst zum Objekt, zur Arbeitsmasse, die nur nach ihrer Produktivität bewertet wird. Wer den Akkord nicht schafft, fliegt, wer morgens lieber im Bett liegen bleibt findet sich schnell auf dem Arbeitsamt wieder. Die dort aufeinandertreffenden Schicksale haben verschiedene Geschichten, von nicht können bis hin zu nicht wollen, aber die selbe Moral: Wer nicht mitmacht, kann auch nicht so leben wie die produktiven Teile der Bevölkerung. Und das wird ihnen von allen deutlich gezeigt, vom Staat, der die Gelder kürzt, von den Nachbarn, die mit teils traurigen, teils abwertenden Blicken tuscheln, von dem Sohn, der nicht versteht, warum er seine Nike-Schuhe nicht bekommt, von den Bullen, die es nicht gerne sehen, wenn sich gezeichnete Leute auf den Bänken vor den Geschäften rumdrücken und vor den Kameras, die - vorher nie wahrgenommen - nun einen zu verfolgen scheinen.

"We will rock you!" ist der Soundtrack einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung für die am Rande selbiger, in der nicht nur Stefan Effenberg den Arbeitslosen ans Leder und an die paar Euros Sozialleistungen will. "We" and "you" - wir und sie. Das elendig Normale gegen das normale Elend. Die Konsumtempel der Einkaufpassagen und die Suppenküchen an deren Rand. Wer ersteres einmal gesehen hat, möchte das andere nicht erleben. Und was mich daran erinnert, will ich nicht sehen. Das Elend muss da bleiben wo es ist, ich will da bleiben wo ich bin. Wer im Konsumtempel sitzt, sitzt meist auch am längeren Hebel und hat damit die Definitionsmacht über das, was Normal ist. Normal bin ich, normal sind wir in den Tempeln, krank, abartig oder einfach nur unschön sind die anderen. Die Grenzen sind also gezogen, nun müssen sie geschützt werden. Nicht mit roher Gewalt, nicht mit Polizei und Militär alleine. Nicht so, dass unser "Normales" als barbarisch entlarvt wird, sondern subtiler.

Here we go:
Von Butiken, Fitnessstudios, Sonnenbänken und individuellen Nadelstreifen oder Das Übel mit dem Normalen

...in einer Zeit der Individualität. So oder ähnlich könnte die Überschrift ergänzt werden. Oder sie könnte gänzlich anders formuliert werden, etwa "Das Übel mit der Individualität in einer Zeit des Normalen". Klingen beide Überschriften im ersten Moment noch recht gegensätzlich, so geht die Gleichung im Kontext unserer Gesellschaft doch auf, verschwimmt der Antagonismus beider Begrifflichkeiten, das Normale und die Individualität, in einem sonnengebräunten Brei, in eben dieser unseren Gesellschaft.

Individualität verkauft sich gut. Ob auf Werbetafeln, im Fernsehen, in Zeitungen oder im Radio. Sei du selbst, am besten mit Levis, Audi und Gard-Styling Produkten. Mach was aus dir, im Job oder in deiner Freizeit im 24h geöffneten Fitnesstudio. Fit, schön, gesund und erfolgreich, das Credo einer Gesellschaft in der alles möglich ist, wenn du es nur willst. Die normalisierte Individualität im Alltagsdenken hat auch einen Gegenpol, nämlich hässlich, krank, erschöpft und damit nicht so leistungsfähig. Wer den physischen und psychischen Anforderungen der Arbeits - und Freizeitwelt nicht genügt, ist krank oder abnormal und gehört zu denen, die außen vor stehen. Sie sind unnütz für die anderen, sie sind unnütz für die Wirtschaft, taugen weder als Produzenten noch als Konsumenten.

Geschlechterverhältnisse in der kapitalistischen Logik

Die klassische Rolle der Frau innerhalb dieser kapitalistischen Gesellschaft liegt in der Reproduktion, der Arbeit im Haushalt, dem Großziehen der Kinder, was der Entlastung des auf Lohnbasis arbeitenden Mannes dienen soll, der sich vor allem auf die Produktion zur Anhäufung von Kapital konzentrieren soll.

Diese Reproduktionsarbeit wird nach wie vor dem Tätigkeitsbereich der Frau zugeschrieben. Heute gehen die meisten Frauen jedoch ebenfalls der Lohnarbeit nach, sodass sie durch Haushalt und Lohnarbeit einer doppelten Belastung ausgesetzt sind. Hinzu kommt noch, dass Frauen zumeist in schlechter bezahlten Bereichen arbeiten als Männer, die zudem kaum eine Perspektive auf sozialen Aufstieg bieten. Ob in Callcentern oder im Supermarkt an der Kasse - Frauen dienen im postfordistischen Kapitalismus vor allem als billige Arbeitskräfte. Diese heutige Form einer patriachalen Gesellschaftsordnung hat ihren Ursprung vor allem in der Entstehung des Kapitalismus. Männer verdingten sich der Lohnarbeit in den Fabriken, während Frauen die notwendige reproduktive Tätigkeit zur Wiederherstellung der Arbeitskraft zugewiesen wurden. Aus dieser Zuteilung entwickelte sich auch typische charakterliche Zuschreibungen: dem Mann wurde u. a. Organisationsfähigkeit und ein generelles rationales Denken angedichtet, Frauen wurden dagegen eher als gefühlsbetont bzw. emotional angesehen. Das Geschlechterverhältnis ist also kein biologistisches Resultat, sondern das einer Konstruktion, die Zweck und Nutzen hat.

Rassistischer Konsens

Der "Aufstand der Anständigen" im Sommer letzten Jahres wollte uns weismachen, Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit gehe ausschließlich von ein paar Nazi-Glatzen aus, während neben her das Asylrecht faktisch abgeschafft, Abschiebeknäste gebaut und offen mit antisemitischen und rassistischen Ressentiments Wahlkampf gemacht wird. Rassismus ist jedoch vielmehr das Produkt eines gesellschaftlichen Konsens, der Sündenböcke schafft und ökonomische Ausbeutung ermöglicht. Menschen, die aus anderen Ländern aus Not geflohen sind und auf ein menschenwürdiges Leben hoffen, sind durch ihre Situation gezwungen, die schlechtesten Jobs zu den minimalsten Löhnen anzunehmen. Auf dem Bau oder als "RaumpflegerInnen" arbeiten diese dann unter Bedingungen, die nicht nur dem "deutschen Kleinbürger" unvorstellbar sind.

Trotzdem bemühen auch in diesem Wahlkampf Politiker von Schwarz bis Grün rassistische Klischees. MigrantInnen haben in Wahlkampfzeiten keine (wenn auch leeren)Versprechungen zu erwarten. Stattdessen werden sie zumeist noch stärker beschimpft und stigmatisiert als dies sowieso schon der Fall ist. "Wir brauchen mehr Ausländer, die uns nutzen, nicht die uns ausnutzen", so ein Politikermund im letzten Wahlkampf.

Die Hagener City

Sobald in einer Gesellschaft - bzw. diejenigen, die in ihr funktionieren - Einigkeit über die Kriterien der Aussonderung, über die Definition von "normal" und "abnormal", wer mehr wert ist und wer weniger besteht, müssen die anderen, die Nicht-funktionierenden, damit rechnen, ausgegrenzt zu werden. Nach dem Umbau weiter Teile der Hagener Innenstadt, die Hagen wieder mehr konsumkräftige Besucher aus dem Umland einbringen soll, durch das holländische Unternehmen MDC (Multi Development Cooperation) bzw. billige polnische Arbeitskräfte, die zum Teil allerdings schon bald wieder gefeuert wurden, da sie es gewagt hatten aus Solidarität mit den Lohnforderungen ihrer deutschen Kollegen zu streiken, wird dies auch in Hagen wieder verstärkt zur Praxis von Behörden, Unternehmen und privaten Sicherheitsdiensten werden. Schon schwadronieren Lokalpolitiker wieder über eine Wiederbelebung der sogenannten Ordnungspartnerschaft aus Polizei, privaten Sicherheitsdiensten usw. zur Beseitigung eines herbeigeredeten Sicherheitsproblems, die Junge Union will gar eine Bürgerwehr gründen und die immer freundlichen Kontaktbullen erklären im Lokalradio, Randgruppen könnten ja woanders hingehen - es gäbe ja schließlich genug Wald um Hagen herum. Die Vertreibung von Menschen, die nicht in das hübsche Bild der glitzernden Scheinwelt aus Spaß und Konsum passen, aus der Hagener neuen Mitte, ist auch ein Teil einer perfiden, kapitalistischen Logik. Der kaufkräftigen Bevölkerung wird das Leben als kaufbares Glück suggeriert, sie sollen ihren Sinn im Konsumieren finden. Wer kein Geld hat, hat in dem ständigen Produzieren, Verkaufen und Kaufen nichts zu suchen.

Who reminds Orwells 1984?

Diese Vertreibung wird vor allem von der Polizei, immer mehr aber auch von privaten Sicherheitskräften umgesetzt. Weiterhin werden immer mehr öffentliche Plätze per Videokamera überwacht. Verbunden wird dies mit einer Angstmacherei der Medien, die immer wieder die Bilder von brutalen, vor allem nichtdeutschen, Kriminellen produzieren. Die Kriminalität an sich, die sich aus unterschiedlichen Konsequenzen der kapitalistischen Logik füttert ( Armut, Unmenschlichkeit, strukturelle Gewalt, Vereinsamung...), wird dadurch bestimmt nicht bekämpft. Menschen, die in einem Überlebenskampf stecken, die tagtäglich von den Ämtern verarscht und schikaniert werden, die ausgegrenzt werden, denen also tagtäglich Gewalt wiederfährt, reagieren oft auf diese Gewalt ihrerseits mit Gewalt. Dieser Kreislauf wird mit weiterer Ausgrenzung durch Kameras und Polizei, durch die Kürzung von Sozialleistungen nicht durchbrochen, sondern allenfalls weiter gefördert. Kriminalität ist der offensichtlichste Teil des ganz normalen Wahnsinns in dieser Gesellschaft. Sie gehört dazu, ist immanenter Bestandteil des Kampfes der Menschen gegeneinander und um das bessere Leben. Kameras werden daran nichts ändern. Sie sind nur ein weiteres Mittel, diesen Status quo zu erhalten.

Rock the city

Wir denken, dass es gerade einen Tag vor dem üblichen demokratischen Wahlspektakel wichtig ist, deutlich zu machen, dass die genannten Zustände ein Produkt des Kapitalismus sind, die nicht durch eine andere Regierung beseitigt werden können. Egal ob es sich um Sexismus, Rassismus oder die Ausgrenzung und Vertreibung von Menschen in der kapitalistischen Verwertungslogik handelt, die Perspektive einer Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung bietet sich nur durch die soziale Revolution - die Abschaffung des Kapitalismus! Um dies deutlich zu machen wollen wir am 21.09.2002 mitten in der Baustelle "Neue Mitte Hagen" demonstrieren und feiern. Noch steht zwar die Abschaffung des Kapitalismus in der BRD noch nicht auf der Tagesordnung aber an diesem Tag wird wenigstens die Hagener Innenstadt schon mal uns gehören.

Die Stadt gehört uns allen! Kapitalismus abschaffen!

Antikapitalistischen Demonstration: 13.30. Bahnhofsstr./Graf v. Galen Ring (direkt gegenüber vom Hbf) - Konzert: 15 Uhr Volkspark (Ende der Bahnhofsstr.) umsonst und draußen mit - Stroh (Ska aus Spanien) - Rotes Haus (Hamburg) - Microphone Mafia ( Köln) - Lords op d`r rhing (Köln) - Judy`s Mad Day (Hagen)