Schwarze Katze Rundbrief vom 27.7.01


1.) Linktipps
2.) Schwarze Katze Radiosendung
3.) Haftentlassene G8-Gegner berichten von Misshandlungen durch die Polizei

1.) Linktipps

Der Tod Carlo Giulianis war der Höhepunkt dreitägiger brutaler Polizeieinsätze in Genua. Währenddessen präsentierten sich die Regierungschefs der G 8-Staaten als Kämpfer gegen die Armut. Hier Bilder des Vorfalls:
http://free.freespeech.org/agp/genova/pics3a.htm

Wie vermeide ich die Wehrpflicht?
www.bundeswehrabschaffen.de/vermeide2.htm

Schwarze Katze Linkliste überarbeitet
www.free.de/schwarze-katze/links.html

Interview mit 3 autonomen Antifas aus Hamburg
www.free.de/schwarze-katze/texte/zeck9301.html

2.) Schwarze Katze Radiosendung
Fr., 27.07.01 20-21 Uhr Schwarze Katze Radiosendung. Themen: Klimagipfel Bonn, Protest gegen Residenzpflicht, amnesty international kritisiert BRD wegen Rüstungsexport, neue Antifa in Iserlohn gegründet, anarchosyndikalistischer Widerstand gegen die Nazis, Gratiszug Genua, Antirassistisches Grenzcamp in Frankfurt, US-Pharma-Konzern wird beschuldigt Menschenversuche an afrikanischen Kindern begangen zu haben. Unter anderem Mit Musik aus der Friedensbewegung. Künftig werden ausgewählte Sendungen von uns als MP3 ins Internet gestellt.

3.) Haftentlassene G8-Gegner berichten von Misshandlungen durch die Polizei

Aus der Haft entlassen - junge welt 27.07.01
Weitere Augenzeugenberichte aus Genua. Laura Jäger (20), Heidenheim:

Als die Polizei das Gebäude stürmte, bin ich als letzte Person noch aus dem Fenster gesprungen. Draußen war ein Gerüst, über das schon einige Leute vor mir raus sind. Wir wollten auf die Straße. Unten stand so eine Art Pförtnerhäuschen, unten aus Metall und ober komplett verglast. Darin haben wir uns versteckt. Die Polizisten sind auch zuerst an uns vorbeigerannt. Dann kamen sie zurück und begannen, gegen die Scheiben zu schlagen. Erst langsam, dann immer schneller und stärker. Wir kauerten uns auf dem Boden zusammen. Manchmal hörte das Schlagen auf, dann ging es plötzlich wieder los.

Auf einmal klirrte es, das ganze Glas prasselte auf uns herab und die Knüppel gingen auf uns nieder. Wir wurden so eine Weile geschlagen. Ich hatte Glück und lag etwas weiter hinten. Weiter vorne lagen zwei Männer. Die haben sie rausgezogen und in die Hofeinfahrt gelegt, Hände nach vorne. Mehrere Polizisten sind über ihre Hände gelaufen. Als ich in die Hofeinfahrt blickte, war alles voll Blut. Einer der beiden hat die ganze Zeit geschrieen. Er hat gar nicht mehr aufgehört. Die vermummten Polizisten haben Knüppel eingesetzt und mit ihren schweren Stiefeln zugetreten. Wir sind dann alle auf die Straße gebracht worden. Da waren nur Polizeiautos, kein einziger Krankenwagen. Sie haben uns dann auf den Boden geschmissen und einen Knüppel unters Kinn gehalten. So mußten wir auf dem Boden vor ihnen rumrobben, die Hände auf den Rücken. Das hat nicht so gut geklappt, wir waren ja auch verletzt. Wenn jemand nicht mehr konnte, haben sie mit dem Knüppel gegen das Kinn geschlagen. Dabei haben sie gelacht.

Auf dem Polizeirevier mußten wir einige Stunden kniend warten. Die Fesseln waren so fest gezogen, daß sich das Blut in unseren Händen staute. Nach einiger Zeit kam ein Kommandierender herein. Auf den Händen hatte er Hakenkreuze tätowiert. Als er einen Antifa-Sticker an meiner Jacke sah, fing er an zu schreien, riß ihn runter und schlug mir auf den Kopf. Er sagte, wenn er mich auf der Straße getroffen hätte, hätte er mich erschossen, zerhackt und an die Schweine verfüttert. Das hat mit jemand später übersetzt.

Mesut Duman (25), Schopfheim:

Kurz bevor der Angriff angefangen hat, bin ich in die Schule gekommen. Es war ganz ruhig. Plötzlich brach die Hölle aus. Einige Leute haben noch versucht, die Tür zuzuhalten. Die Polizei hat gegen die Tür getreten und die Scheiben eingeschlagen. Wir haben noch schnell versucht, uns anzuziehen. Wir haben unsere Hände hochgehalten und gewartet. Nach zwei, drei Tritten hatten sie die Tür eingetreten und sind reingestürmt. Sie haben uns angespuckt und als Hurensöhne beschimpft. Wir standen da und konnten nichts machen. Sie haben sofort angefangen zu prügeln, bis von den Leuten überhaupt keine Bewegung mehr kam. Ein Polizist ist im Laufschritt auf mich zugekommen und begann mich zu treten. Dann hat er ausgeholt und mit dem Schlagstock zugeschlagen. Ich hatte versucht, mich mit dem Arm zu schützen. Dann habe ich meinen Rucksack vor mein Gesicht gehalten. Er hat immer weiter geschlagen. Anschließend hat er versucht, mir den Rucksack wegzureißen und gezielt meinen Kopf zu treffen. Er hat solange auf meinen Arm geschlagen, bis der rot und blau war und überall geblutet hat. Mein linker Arm ist gebrochen. Ich habe am ganzen Körper Verletzungen. Meine Freundin wurde an den Haaren über zehn oder 15 Meter weggeschleift und geschlagen.

Ich habe trotz der Verletzungen versucht, meine Freundin zu mir zu holen. Wir haben uns nebeneinander gelegt. Die Polizei hat auf andere Leute weiter eingeschlagen. Das waren sehr, sehr viele Eindrücke in sehr kurzer Zeit. Man kann es nur schwer beschreiben. Die Leute, die sich in den oberen Etagen aufhielten, wurden die Treppe runtergeschmissen. Das habe ich gesehen. Dann wurde meine Freundin abtransportiert. Seitdem habe ich sie nicht gesehen und auch nicht gesprochen. Immer noch nicht. Ich habe keinen Kontakt zu ihr.

-----hier noch ein Artikel zum Thema:--------

Mit dem Tonfa verprügelt - junge welt 27.07.01
Haftentlassene G-8-Gegner berichten über Mißhandlungen durch Italiens Polizei.
Von R. Göbel

Nach Meinung des Grünen-Bundestagsabgeordneten Hans- Christian Ströbele ist die Einsetzung einer Internationalen Untersuchungskommission notwendig, um das »unglaubliche Vorgehen« der italienischen Polizei während des G-8-Gipfels in Genua aufzuklären. Ströbele versuchte am Donnerstag, noch inhaftierte Demonstranten in Italien zu besuchen. Dem Auswärtigen Amt in Berlin zufolge ist die Mehrheit der in Genua festgenommenen Globalisierungsgegner aus Deutschland wieder frei. Von 67 Inhaftierten seien 52 von den zuständigen italienischen Justizbehörden inzwischen entlassen und abgeschoben worden. 15 befänden sich weiterhin in Haft. Vier zum Teil schwerverletzte Deutsche müssen weiter in Krankenhäusern Genuas behandelt werden. Unter den Freigekommenen befindet sich auch junge-Welt-Mitarbeiterin Kirsten Wagenschein. Laut richterlichem Beschluß darf sie wie die anderen Haftentlassenen fünf Jahre lang nicht nach Italien reisen.

Aufgrund der weiter andauernden und immer lauter werdenden Kritik am brutalen Vorgehen der italienischen Polizei kündigte das Auswärtige Amt an, das Vorgehen der Sicherheitskräfte »überprüfen« zu wollen. Es seien Gespräche mit allen deutschen Inhaftierten geführt worden.

Im Zentrum der massiven Klagen über das Vorgehen der Polizei standen der Sturm auf die Diaz-Schule in Genua und der Polizeigewahrsam unmittelbar nach der Festnahme. Nach übereinstimmenden Berichten wurden zahlreiche Opfer von Polizisten in den Zellen brutal geschlagen und getreten. Die jW-Mitarbeiterin hat mit eigenen Augen gesehen, wie »ein Mann mit einem Tonfa auf den Bauch geschlagen wurde. Der Polizist hat ihn mit der einen Hand an der Schulter hochgehalten, mit der anderen geschlagen. Der Verprügelte hat geschrieen und geschrieen, doch er wurde weiter geschlagen.« Der 25jährige Mesut Duman berichtete gegenüber jW über die Polizeibrutalität und resümierte: »Für uns wurde jedes Recht außer Kraft gesetzt.« Duman war in der Diaz-Schule in Genua, als diese von der Polizei gestürmt wurde, und saß bis Mittwoch abend in Haft.

In Italien hat derweil der Ausschuß für Verfassungsangelegenheiten des italienischen Parlaments die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zu Genua abgelehnt. Der rechte Ausschußvorsitzende Donato Bruno sagte am Donnerstag in Rom, eine derartige Untersuchung mache »keinen Sinn«. Bereits am Montag hatte Innenminister Claudio Scajola das Vorgehen der Polizei gerechtfertigt und den »Sicherheitskräften« ausdrücklich für ihre Arbeit gedankt. Von den Staats- und Regierungschefs der westlichen Verbündeten erhielt die italienische Führung für das brutale Vorgehen gegen eine Massendemonstration von immerhin 200 000 Menschen und die Mißhandlung Dutzender Jugendlicher bislang Rückendeckung.

Die Opposition in Rom kündigte weitere Initiativen zur Untersuchung der Zwischenfälle vom vergangenen Wochenende an. Ein Abgeordneter der Linksdemokraten, Antonio Soda, stellte einen möglichen Gesetzentwurf in Aussicht. Angesichts der heftigen internationalen Reaktionen könne das Parlament nicht untätig bleiben. Über einen Mißtrauensantrag des Olivenbaum-Bündnisses gegen Innenminister Scajola soll in der kommenden Woche debattiert werden.

Im Zusammenhang mit den Protesten während des EU- Gipfels in Göteborg Mitte Juni hat unterdessen ein schwedisches Gericht am Mittwoch vier Angeklagte, darunter einen Deutschen, zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen verurteilt. Der 25jährige Berliner erhielt 15 Monate Haft. Ein 33jähriger Brite soll für ein Jahr in den Knast. Beide sollen nach Verbüßung ihrer Strafe ausgewiesen werden und das Land mehrere Jahre lang nicht mehr betreten dürfen. Zwei schwedische Angeklagte erhielten Gefängnisstrafen von zweieinhalb Jahren beziehungsweise neun Monaten.