Schwarze Katze Rundbrief 31.08.15Schwarze Katze in Altena, Foto: Schwarze Katze, 06.04.11

Nur der erste Schritt macht Schwierigkeiten.
Marie de Vichy-Chamrond

1.) Jenseits von Nation und Volk
2.) Verbote verbieten!
3.) Erste Zucchiniernte
4.) Strategie für Anarchie?

5.) 50 Bücher an Klassenbücherei

1.) Jenseits von Nation und Volk
Redebeitrag der ASJ Bonn über Verschwörungstheorien

Folgende Rede wurde von der Anarchistisch Syndikalischen Jugend Bonn anlässlich der Demonstration des Antifa-Bündnisses „Gegen Antisemitismus, Verschwörungswahn und Wittener Verhältnisse“ am 22. März 2015 in Witten gehalten:

Liebe Freund*innen, liebe Genoss*innen!

Eigentlich habe ich gar keine Lust, hier zu sein. Ich könnte mir wirklich Schöneres vorstellen, als mich früh am Sonntagmorgen aufzumachen, um ein paar Anhänger*innen absurder Vorstellungen zu nerven. Ein paar von diesen Leuten, die der Idee einer Weltverschwörung nachhängen, die glauben, dass wir in Wahrheit alle unterworfen sind und kaum Bestimmungsgewalt über unser Leben haben.

Es ist ja auch augenscheinlich nur ein Randphänomen – ein paar Menschen, die sich in skurrile Verschwörungstheorien verrennen. Warum bin ich also trotzdem hier? Eben, weil das nicht stimmt. Wir haben es hier mit einer gefährlichen Bewegung zu tun, die keineswegs so randständig ist, wie der erste Eindruck uns glauben machen will.

Zurzeit versammeln sich etwa 800 Anhänger*innen von Verschwörungstheorien im Saalbau hier in Witten zu ihrem sogenannten »Alternativen Wissenskongress« und verhandeln, von welchen bösen Mächten sie nun am meisten ferngesteuert werden. Der Mechanismus, der hinter dieser Fragestellung steht, ist weder ungewöhnlich, noch ein neues Phänomen: es handelt sich schlicht um strukturellen Antisemitismus. Statt sich mit den eigentlichen Problemen unserer Gesellschaft auseinanderzusetzen und zu versuchen, die Prozesse und Mechanismen zu verstehen, die zum Status Quo führen, machen es sich diese Menschen deutlich leichter: sie finden Schuldige, die für die Misere Deutschlands verantwortlich sind. Auf diese werden dann bestimmte Eigenschaften projiziert, die verdeutlichen sollen, dass wir uns dieser Schuldigen bloß entledigen müssten, um all unsere Probleme zu lösen. Unter klassischen Neonazis wären dies die Jüdinnen und Juden, die insgeheim eine Weltverschwörung betreiben; hier sind es nun diese Mächtigen im Hinterzimmer, bisweilen auch als »Schattenregierung« bezeichnet, die als Schuldige identifiziert werden. Aber auch der über Jahrhunderte tradierte Rassismus gegenüber »den Juden« findet immer wieder Platz unter Verschwörungstheoretiker*innen, wenn etwa herbeihalluziniert wird, dass jüdische Bänker*innenfamilien mit Unterstützung der zionistisch gelenkten Presse nach der Weltherrschaft strebten.

Während Letzteres von den meisten Menschen schnell als Antisemitismus identifiziert und in der Regel zumindest aus Berührungsängsten abgelehnt wird, verhält es sich bei der Konstruktion der »Mächtigen im Hintergrund« anders. Zu verlockend ist es, ein geschlossenes Weltbild zu haben, eine einfache Erklärung, warum es so vielen Menschen in Deutschland schlecht geht. Es ist die einfachere Alternative, sich solchen Vorstellungen hinzugeben, statt die eigene Rolle in der täglichen Reproduktion der gegenwärtigen Verhältnisse zu hinterfragen. Soziale Gegensätze und systemisch konstruierte Zwänge sind das Ergebnis einer jahrhundertelangen Entwicklung, die nicht von einzelnen Individuen mit böser Absicht etabliert, sondern gesellschaftlich getragen wurden und nun tagtäglich reproduziert werden. Für Jürgen Elsässer und seine Anhänger*innen im Saalbau ist dies aber ohne Bedeutung, da sie der Überzeugung anhängen, dass alle Missstände in Deutschland auf die Machenschaften finsterer Verschwörungen, die alles Unheil über uns brächten, zurückzuführen sind.

Durch die Berufung auf diese Verschwörungen ist es zudem unmöglich, diesen Menschen mit rationalen Argumenten beizukommen. Wenn alle Geschehnisse auf der Welt – seien dies nun Kriege oder Hungersnöte – auf die Aktivitäten von geheimen Strukturen zurückgeführt werden, so kann weder ein Beweis dafür, noch einer dagegen erbracht werden; schließlich bleiben diese Strukturen stets im Schatten. Es handelt sich im Kern vielmehr um eine Glaubens- als eine Wissensfrage, wenn alles stets auf höhere politische Mächte im Verborgenen zurückgeführt wird. Nehmen wir an, mehrere Konzerne haben eine illegale Absprache getroffen und der Skandal wird schließlich publik: Ganz klar ein Beweis für eine Weltverschwörung! Das ist jedoch immer nur die Spitze des Eisberges; wenn gerade kein Skandal zur Hand ist, egal ob nun einer existiert oder nicht, gilt eine andere, simple Formel: Die Presse lügt und schreibt nur das, was ihr von den wahren Machthaber*innen im Verborgenen vorgegeben wird. Eine Argumentation, die auch gerne von anderen Rassist*innen, etwa denen der Pegida-Bewegung, gerne angewandt wird. Wenn wir uns heute hier versammeln, dann weil es eben genau nicht ausreicht, den Versuch zu starten, gegen Menschen zu argumentieren, die sich alle Fakten so drehen, dass sie in ihr Weltbild passen. Wir müssen deutlich demonstrieren, dass wir solche Absurditäten nicht akzeptieren!

Natürlich mag mensch sich jetzt denken: »Ja und? Dann lass diese armen, verlorenen Leute doch ihren seltsamen Vorstellungen von der Welt nachhängen – die stören doch niemanden.« Doch die Verschwörungstheorien haben noch eine weitere Dimension, die sie gefährlich macht. Denn wie in jedem Antisemitismus sehen auch die Wahnwichtel im Saalbau ein Kollektiv, dem sie angehören, von den herbeifantasierten Verschwörungen bedroht. Der Titel macht es klar: »Wer regiert Deutschland wirklich?« – letzten Endes haben wir es hier mit ähnlich stumpfen Nationalismus zu tun, wie bei so vielen anderen Gruppen auch. Nun also wieder das Zwangskollektiv der Deutschen. Denn die armen Deutschen werden fremdgesteuert; einige behaupten gar, es würde versucht, die Deutschen über Chemtrails – dies sind die Kondensstreifen der Flugzeuge, denn angeblich handelt es sich bei ihnen in Wahrheit um ein Vergiftungswerkzeug – sowie Impfstoffe unfruchtbar zu machen. Was ist also die unter all den Verschwörungen begrabene Botschaft? In nationalistischer Tradition wird gefordert, dass sich die Deutschen gegen die finsteren Mächte zur Wehr setzen müssten. Und da ja alle Deutschen gleichermaßen betroffen und ferngesteuert seien, wird ein Gemeinschaftsgefühl à la Pegida erzeugt. Die Volksgemeinschaft müsse zusammenstehen und sich gegen die Feinde von außen verteidigen. Selbst wenn die Verschwörungstheoretiker*innen in der Unterzahl bleiben, so tragen sie auf diese Weise doch erheblich zur Bestärkung des völkisch-nationalistischen Gedankenguts bei und beflügeln rassistische Ressentiments und andere antisemitische Strömungen.

Im Angesicht dieser Spinnereien muss deutlich artikuliert werden, dass unser Problem nicht die Unterjochung Deutschlands durch irgendwelche höheren Mächte ist. Unser Problem ist ein System kollektiver Zwänge. Wir alle sind Teil eines kapitalistischen Systems, das unsere individuelle Freiheit etwa durch den Zwang zur Lohnarbeit, aber auch durch unsere Zugehörigkeit zum Zwangskollektiv einer Nation, in der wir staatlicher Gewalt unterworfen sind, einschränkt. Und wir alle tragen täglich zur Reproduktion und Zementierung dieser Verhältnisse bei und können uns also auch nur selbst wieder davon befreien. Wenig hilfreich ist es dabei, die komplexen gesellschaftlichen und ökonomischen Zusammenhänge auf ein paar böse Verschwörungen einzudampfen und so jegliche Schuld am Status Quo auf andere abzuwälzen und den Hass gegen diese zu schüren. Es ist nicht nur geradezu lächerlich, wie sich die Verschwörungstheoretiker*innen auf diese Weise aus der Affäre ziehen, da sie ja nur harmlose Opfer seien, nein – obendrein ist das auch noch gefährlich. Die deutsche Geschichte zeigt eindrücklich, wo es hinführt, wenn sich genügend Menschen solchen Wahnvorstellungen hingeben, sobald die vermeintlich Schuldigen einmal identifiziert wurden.

Das Problem heißt also nach wie vor Deutschland. Verschwörungstheoretiker*innen, Nazis, besorgte Bürger*innen – sie alle berufen sich auf ein Zwangskollektiv, das angeblich ein gemeinsames Schicksal teilen müsse. Die Gesamtscheisze aus Staat, Nation und Kapital muss endlich überwunden werden!

Gegen den Verschwörungswahn! Gegen jeden Antisemitismus! Für eine emanzipierte Gesellschaft jenseits von Nation und Volk!

2.) Verbote verbieten!
NPD Verbot Pro und Contra
Verbotsdiskussion

Schwarze Katze, Friedensfestzeitung 2012

NPD-Verbot?
Verschiedene Politiker fordern ein NPD-Verbot. Sie begründen es mit der Gefahr der Wiederkehr des Dritten Reiches. Dagegen spricht, dass die parlamentarisch weitgehend unbedeutende NPD nur in zwei ostdeutschen Landtagen vertreten ist und ansonsten an der 1 Prozent Hürde herumdümpelt. Durch ein Verbot soll im politischen Raum Rassismus ebenfalls verboten werden. Funktioniert aber so nicht, denn nicht die NPD, sondern die demokratischen Parteien haben de facto das Asylrecht abgeschafft und ausländerfeindliche Kampagnen gefahren. Die Demokraten haben - um selbst abzukassieren - für Parteien, Parteistiftungen und Fraktionen so vorteilhafte Regelungen geschaffen. Davon profitiert die NPD. Sie erhält für ihre braune Propaganda aus Gleichbehandlungsgründen ebenfalls massig Steuergelder.

Gleicher Inhalt - andere Verpackung
Weiter wird mit der Schwächung der Nazi-Strukturen argumentiert. Wobei aber bei den bisherigen Verboten die Nazis einfach in andere Organisationen gegangen sind oder neue gegründet haben. So beteiligten sich an der NPD-Gründung Kader der 1952 vom Bundesverfassungsgericht verbotenen SRP (Sozialistische Reichspartei). Die Verbote der 90er führten zu einem Wechsel in NPD und Kameradschaften.

Verbote ändern nichts
Verbote ändern keine Gesinnung. Nazis bleiben Nazis, auch wenn eine ihrer Organisationen verboten ist. Was verboten ist, ist für viele erstmal interessant. Das Verbotene reizt. Linke Verbotsbefürworter übersehen, dass wenn der Staat eine rechte Gruppe verbietet, er auch ihre linken Gruppen verbieten kann. Statt Verbote sollte es eine verstärkte inhaltliche Auseinandersetzung um Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Führerkult und andere autoritäre Ideologien geben. Diskussionen und Aktionen von unten bringt mehr als autoritär etwas von oben zu verbieten.

Autoritärer Staat?
Es ist auch eine prinzipielle Frage, ob der Staat entscheiden darf, welche Parteien die Bürger wählen können oder nicht. Wenn mit autoritären Mitteln eine autoritäre Partei verboten wird, ist ein autoritärer Staat nicht mehr weit. Schon die Nazis haben die Meinungsfreiheit eingeschränkt. Das sollten wir ihnen nicht nachmachen.

Dubioser Geheimdienst
Beim letzten NPD-Verbotsverfahren ist die NPD gestärkt aus der ganzen Sache hervorgegangen. Das gescheiterte Verbotsverfahren war eine Blamage für den Staat und sorgte für Solidaritäts- Eintritte in die NPD und damit zu einer Stärkung ihrer Strukturen. Der Verfassungsschutz hatte soviele V-Männer dabei, dass nicht mehr klar war, ob Nazi-Zitate und Straftaten von wirklichen Nationalisten oder von Staatsdienern begangen wurden. Vor einem Verbotsverfahren müssten die V-Männer aus den führenden Positionen entfernt werden. Der Geheimdienst hat sich sowohl bei der NPD als auch bei den NSU-Mordtaten nicht mit Ruhm bekleckert.

Meinungsfreiheit statt Verbote
Solange die NPD legal ist, ist für die Öffentlichkeit besser sichtbar, was die braunen Gesellen treiben. Im Untergrund können die Braunen unsichtbar zuschlagen und es besteht die Gefahr von vermehrten Gewalttaten gegen Juden, Ausländer oder andere Menschen, die nicht ins Weltbild der Nazis passen. Statt Verboten sollte es eine uneingeschränkte Meinungs- und Organisationsfreiheit geben. Ausserdem wären emanzipatorische Freiräume und eine verstärkte Auseinandersetzung der Zivilgesellschaft mit rassistischen und autoritären Inhalten angebracht. Es gibt übrigens nicht nur Rechte, die die Freiheit gefährden. Dies gerät bei einer Fixierung auf Nazis aus dem Blick.

Schwarze Katze, Postfach 41 20, 58664 Hemer, http://schwarze.katze.dk


3.) Erste Zucchiniernte
Schwarze Katze, 05.08.15

Die Schwarze Katze Arbeitsgruppe, die sich mit Selbstversorgung und Krisenvorsorge in der Praxis beschäftigt, erntet am 05.08.15 für 2015 das erste Gemüse. Zucchini ist reif. Ab jetzt bis in die Frostzeit gibt es die Möglichkeit für Gruppentreffen, die verschiedenen Arbeitsgruppen, für befreundete Zusammenhänge und für Aktive was leckeres zu futtern. Rezeptideen für die Zucchinischwemme gibt es massig. Tomate ist noch grün und Zucchinis werden noch viele wachsen. Jedesmal, wenn eine geerntet wurde, wächst eine neue nach und das innerhalb von wenigen Tagen. Da mehrere Pflanzen da sind, gibt es ab jetzt jeden Tag was zu mampfen.

Erste Zucchiniernte
Fotos: Schwarze Katze, 05.08.15


noch grüne Tomate - wird bald rot


Zucchinipflanze im Garten


die erste geerntete Zucchinipflanze des Jahres 2015


in der Pfanne mit Pflanzenöl, Gewürzen und Zwiebeln


Fertig gebraten!


mit Ketchup und Curry-Sauce auf Toast


Fertig! Toastscheiben übereinander und dazwischen Zucchini. Lecker!

4.) Strategie für Anarchie?
Provozierende Statements und Vorschläge für eine notwendige Debatte 

Interim # 481, 29.07.99, Robin Wut, unterwegs

http://schwarze.katze.dk/texte/astrat01.html

5.) 50 Bücher an Klassenbücherei
Schwarze Katze, 16.11.12

Am 15.11.12 hat die Schwarze Katze 50 Bücher an eine sich im Aufbau befindliche Klassenbücherei gespendet. Vorwiegend Kinderbücher, aber auch was über Basteln, Aufklärung, Geschichte, Sachbücher, Technik und Lexika sucht sich die Lehrerin aus Schwarze Katze Beständen aus. Die Grundschulkinder werden sich freuen. Wer schon früh mit Lesen anfängt, hat früher als andere die Möglichkeit sich unabhängig von Schule und Elternhaus zu informieren. Wer als Kind Spass am Lesen findet, tut dies oft auch als Erwachsener. Lesen eröffnet neue Welten. Heinrich Heine meinte treffenderweise: "Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste."

Auswahl der gespendeten Bücher. Foto: Schwarze Katze, 16.11.12


Grundschul-Klassenbücherei erhält Kinderbücher. Foto: Schwarze Katze, 16.11.12


Wie ist das mit der Liebe? Aufklärungsbuch für Kinder. Foto: Schwarze Katze, 16.11.12