Schwarze Katze Rundbrief 30.09.03
Man muss die Garantie der Freiheit und der Entfaltung des eigenen Ich in der Solidarität mit allen Menschen suchen. (Erico Malatesta, italienischer Anarchist)

1.) Sozialschmarotzer Hannover-Gerd zockt ab
2.) Kein Blut für Öl!
3.) Gerechtigkeit
4.) Schwarze Katze Aktivitäten Sommer 03
5.) Marktwirtschaft ist asozial
6.) Was am Kampf gegen Rechts stinkt
7.) Frauenfeind Kirche
8.) Carlo Guiliani, du lebst in unseren Herzen weiter!
9.) Lust auch auf die Anarchie
10.) DGB-Gewerkschafter kritisiert Polizeigewalt
11.) Gegen den Krieg der Herrschenden
12.) Polemik gegen Antideutsche
13.) Linke Politsekten im Netz
14.) Interview mit dem spanischen Anarchisten Abel Paz
15.) Demo ohne Nationalfahnen


1.) Hannover-Gerd
direkte aktion # 159, Sept./Okt. 03

Sozialschmarotzer werden immer dreister: Nach Florida-Rolf alias Miami-Manni und Viagra-Kalle ist ein neuer Fall an die Öffentlichkeit gedrungen. Gerhard S. (59) soll auf Kosten des Steuerzahlers in feinster Berliner Wohnlage ein Luxusappartment bewohnen und zusätzlich noch monatliche 20.000 Euro Taschengeld aus dem Staatssäckel kassieren.

Zusammen mit seinen Kumpels vom Bundestag soll Hannover-Gerd glatte 534 233 000 Euro in diesem Jahr verjubeln. Und das ist noch nicht mal die Spitze des Eisberges.


2.) Kein Blut für Öl!
Schwarze Katze, Friedensfestzeitung 2003

Anfang der 70er Jahre verstaatlichte der Irak die Ölquellen. Das gefiel den britischen und US-Ölkonzernen nicht und sie überlegten lange, wie sie wieder Zugriff auf das Öl bekommen könnten. Mehr als zehn Prozent der Ölreserven (112,5 Milliarden Barrels) befinden sich im Irak.

Im Boden der Region befinden sich Ölreserven, die nach heutigen Preisen 10.000 Milliarden Dollar einbringen würden. Das erklärt einiges...

Die Bush-Administration ist eng mit Ölfirmen verbunden. Die Energie-Unternehmen spendeten 50 Millionen Dollar für den Wahlkampf von Bush. Im US-Kabinett dominieren millionenschwere ehemalige Manager von Öl- und Energiekonzernen:

  • Condolezza Rice, Sicherheits-Beraterin, vorher im Aufsichtsrat von SHEVRON
  • Donald Evans, Handelsminister, Ex-Präsident der Erdölgesellschaft Tom Brown
  • Dick Cheney, Vize-Präsident, Ex-Boss des Öl-Multis Halliburton
  • Laurence Lindsay, Chefökonom im Weißen Haus, vorher Berater von ENRON
  • Robert Zollik, Handelsbeauftragter, vorher Berater von ENRON.

    Die Zeitung Times of London schrieb am 11. Juli 2002: in einem Artikel mit der Überschrift "Westen sieht in gigantischen Ölfeldern reiche Beute winken" folgendes: "Die Absetzung von Präsident Saddam Hussein würde die reichen neuen Ölfelder des Iraks westlichen Bietern öffnen und die Abhängigkeit von saudischem Öl verringern."


    3.) Gerechtigkeit - S.I.K.
    aus der Rubrik: Lieder, die wir gerne im Radio spielen

    Nachdem ich überfallen wurde lag ich im Krankenhaus
    die Täter wurden zwar geschnappt doch sie kamen ganz schnell raus
    ein gekauftes Alibi hat sie - aus dem Knast gebracht
    ein gekauftes Alibi hat mich, um mein Recht gebracht


    Doch ich glaubte an die Ordnung
    ich glaubte an das System
    ich glaubte an die Gerechtigkeit
    und was sie mir jeden Tag erzähln
    Ich schloss meine Augen
    und schaute gar nicht hin
    ich dachte mir die wissen schon
    was sie da tun

    ich sah geschmierte Polizisten
    die die reichen Bonzen laufen liessen
    man wusste zwar, dass sie schuldig waren
    doch es waren nicht genug Beweise da
    gerissene Anwälte haben sie rausgehauen
    mit gekauften Zeugen und korrupten Beamten
    ja die kleinen Fische werden immer geschnappt
    doch die großen kriegen nie was ab



    Doch ich glaubte an die Ordnung
    ich glaubte an das System
    ich glaubte an die Gerechtigkeit
    und was sie mir jeden Tag erzähln
    Ich schloss meine Augen
    und schaute gar nicht hin
    ich dachte mir die wissen schon
    was sie da tun


    Ich sah Soldaten in die Kriege ziehn
    und Bomben und Granaten in den Städten explodieren
    sinnlose Kriege, die niemand will
    ausser ein paar Bonzen, die die Knöpfe drehn
    Sie verdienen ihr Geld in diesen Kriegen
    mit Waffenverkäufen und eroberten Gebieten
    die Leute die da sterben intressiert sie einen Scheiss
    Hauptsache das Geld auf ihren Konten steigt


    Doch ich glaubte an die Ordnung
    ich glaubte an das System
    ich glaubte an die Gerechtigkeit
    und was sie mir jeden Tag erzähln
    Ich schloss meine Augen
    und schaute gar nicht hin
    ich dachte mir die wissen schon
    was sie da tun


    Tausend Tonnen Giftmüll in die Nordsee geschüttet
    die Fische sterben, doch das ist gar nicht wichtig
    Entsorgung ist zu teuer das müsst ihr verstehn
    alle Macht den Reichen, die unsere Welt zerstören
    Als ichs endlich raffte, da war es dann zu spät
    die Umwelt war vernichtet - alles leben zerstört
    die Bonzen sassen auf ihren Geld was hatten sie davon
    kaum noch Luft zum Atmen- tja das wärs dann wohl

    Doch ich glaubte an die Ordnung
    ich glaubte an das System
    ich glaubte an die Gerechtigkeit
    und was sie mir jeden Tag erzähln
    Ich schloss meine Augen
    und schaute gar nicht hin
    ich dachte mir die wissen schon
    was sie da tun


    4.) Schwarze Katze Aktivitäten Sommer 03

    Teil vom Schwarze Katze Stand Sonntag, 06.07.03
    Teil des Schwarze Katze Standes beim Friedensfest

    Das Iserlohner Friedensfest als Alternative zum militärgeprägten Schützenfest ist unserer Ansicht nach unterstützenswert und so beteiligten wir uns daran. 3 Radiosendungen zum Fest wurden produziert und ausgestrahlt. Wir waren mit einem Infostand vertreten und verbreiteten alternatives Infomaterial. In der Friedensfestzeitung veröffentlichten wir Artikel über rechte Gewalt in Menden, Alternativen im Alltag und passend zum Irak-Krieg den Text Kein Blut für Öl! Da die Webseite vom Friedensplenum offline war, erstellten wir die Terminseite Friedensfest 03, um Werbung fürs Fest zu machen. Beim gut besuchten Fest halfen einige von uns beim Getränkestand, dem Getränketransport und dem Aufräumen mit. Der Erlös des vom Iserlohner Friedensplenums organisierten Friedensfestes kommt traditionell der Flüchtlingsarbeit vor Ort zugute.

    Am 13.07.03 fanden in Hemer Bürgermeisterwahlen statt. Zur Auswahl standen diesmal nur ein SPD- und ein CDU-Kandidat mit fast identischem Programm, wovon der CDUler (das war der, der nicht den imposanten Schnauzbart hatte) knapp das Rennen machte. PDS und NPD kandidierten nicht. Wahrscheinlich, weil sie die Unterstützungsunterschriften nicht zusammenkriegten und beide Parteien keine Basis in Hemer haben. Die Wahlbeteiligung betrug erfreulich niedrige 40 %. Für die 60% Nichtwähler bzw. Wahlboykotteure unter den Hemeranern dürfte die Schwarze Katze Sonderseite Wahlkritik interessant gewesen sein. Die Mehrheit der Hemeraner wird sich wohl gedacht haben "Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber". Vielleicht auch sogar dank unserer Aufklärungsarbeit hat nur eine Minderheit der Hemeraner noch Illusionen in Parlamentarismus.

    In Siegen meinte die Bundeswehr ein öffentliches Gelöbnis abziehen zu müssen. Wir waren natürlich bei der kleinen, aber feinen Gegendemo dabei, nahmen die Redebeiträge auf und führten Interviews mit Klaus der Geiger und Tobias Pflüger. Klaus der Geiger erläuterte warum er Anarchie ganz ok fand, da diese ohne "Herr und Knecht" auskomme. Überzeugend.

    Konzi nach Demo in Siegen
    Banneraufschrift: Gelöbnis versenken

    Tobias Pflüger von der Informationsstelle Militarisierung sagte uns im Interview, dass die Bundesregierung für die Verbrechen der USA Schmiere stehe und dies einer Beihilfe zum Totschlag gleichkomme. Er begründete seine Meinung mit den Überflugrechten und der verdeckten Unterstützung der USA durch die BRD im Irakkrieg.

    Eine kleine improvisierte Sitzblockade auf einer Hauptverkehrskreuzung in Siegen endete recht schnell, da sich nicht genug daran beteiligten. Naja für eine Schwarze Katze Aktivistin war dies die erste (Mini-)Sitzblockade. Muss ja nicht die letzte bleiben - ist ja noch ausbaufähig... ;-) Am Schluss sang Klaus der Geiger bonzenkritische Anti-Kriegslieder, die wir für unsere nächsten Radiosendungen aufnahmen.

    Eine Punk-Band, deren Sängerin den Refrain "Fuck you - fuck you - fuck you" mit Inbrunst sang, stiess nicht auf ungeteilte Zustimmung. Wiederholte die Sängerin ihr Lied dreimal, weil sie eine so schöne Stimme hatte? Oder weil ihre Band erst einige Lieder proben konnte? Später gab sie zu, dass das zweite ausschlaggebend gewesen sei.

    Auf dem Antirassistischen Grenzcamp auf den Poller Wiesen in Köln war die Schwarze Katze auch dabei. Wegen der drückenden Hitze lagen viele nur platt vor und in ihren Zelten.

    Das Grenzcamp war vielfältig: Es gab diverse Workshops, direkte Aktionen, Volxküche, Podiumsdiskussionen, eine antirassistische Demo und vieles mehr...

    Vier anarchistische antizionistische Israelis jüdischer Herkunft diskutierten auf dem Grenzcamp öffentlich mit etwa 10 "Antideutschen". Vertreter der staatsbefürwortenden antideutschen Strömung schwenken bei Demos Israelfahnen, rechtfertigen Kriege der USA und unterstützen die Regierungs- und Militärpolitik Israels durch Sprüche wie "Solidarität mit Israel". Antideutsche sind organisatorisch aus einer Spaltung des bolschewistisch-maoistischen Kommunistischen Bundes hervorgegangen. Die Diskussion fand in einer ruhigen und respektvollen Atmosphäre statt, da die Diskussionsteilnehmer andere Standpunkte kennenlernen wollten. Es wurde diskutiert, wie schwer es ist, spezifisch deutsche Begriffe und deren dahinterstehende Ideologie wie "Volk", "Ursprünglichkeit/Verwurzelung", "Blut und Boden" Menschen aus anderen Ländern zu erklären. Menschen, die eine andere Sprache als die deutsche sprechen, verstünden unter diesen Begrifflichkeiten nichts oder etwas anderes. Ausserdem sei die hinter diessen Begriffen stehende Ideologie spezifisch deutsch und die Begriffe an die deutsche Sprache gekoppelt.

    Die "Antideutschen" behaupteten, dass ein starker jüdischer Staat Israel als Resultat der Shoa und als Schutz vor Antisemitismus notwendig sei. Einer der israelischen Anarchisten legte Wert darauf, dass er auch als Jude nicht von einem Staat beschützt werden wolle. Er betonte, dass "Antideutsche" den Juden ein Glashaus bauen wollten und dies paternalistische Züge trage. Dies müsse von "Antideutschen" reflektiert werden. Daraufhin rechtfertigten die "Antideutschen" die militärischen Angriffe des israelischen Militärs gegen Palästinenser. Die israelischen Anarchisten kritisierten aus herrschaftskritischer Perspektive die ihrer Ansicht nationalistische und rassistische israelische Regierungspolitik und betonten, dass in Israel die Ideologie des Zionismus von äusserst rechtsstehenden Kreisen als Rechtfertigung dazu benutzt werde, gegen Palästinenser zu kämpfen und ihr Land zu besetzen. Die israelischen Anarchisten sähen es gerne, wenn (Anti-)Deutsche gegen jede Form von Nationalismus kämpfen würden, egal ob gegen israelischen, deutschen, oder sonstigen Nationalismus. Einer der jüdisch sozialisierten Anarchististen meinte, in diesem (antinationalen) Sinne verstünde er sich auch als antideutsch. Die Schwarze Katze lehnt jede Form von Nationalismus ab, da diese Herrschaftsideologie Menschen gegeneinander aufhetzt, statt sich gemeinsam gegen Ausbeutung und Unterdrückung zu erheben.

    Da wir eine Reportageeinheit dabeihatten nutzten wir die Gelegenheit Interviews zu machen:

  • mit jemand, der an einem Buch über kreativen Widerstand arbeitet. Das Buch soll im Herbst 04 beim anarchistischen Trotzdem-Verlag herauskommen.
  • mit einer Redakteurin der internen Campzeitung Campesina über Residenzpflicht, staatlichen Rassismus und Systemkritik
  • mit jemand vom Umweltzentrum Münster. Er stellte verschiedene anarchistische Zeitungen vor und sprach sich gegen deren Kriminalisierung aus.

    Für die Schwarze Katze Radiosendungen zum Grenzcamp, die bei uns gegen Spende bezogen werden können, berichtete ein Campbesucher, was alles auf dem Grenzcamp so abging mit dem Schwerpunkt auf die brutale Polizeiräumung. In einem Interview mit einem anderen Campteilnehmer hat dieser die Polizei heftig für ihr überzogenes Verhalten kritisiert. Die Polizei hinderte die Antiras eine Antifa-Demo zu besuchen. Sie fuhr mit Wasserwerfern, Räumpanzer, Tränengas auf, pisste in ein Zelt, schnitt die Menschen von der Wasserversorgung ab, kappte den Internetanschluss und verletzte etliche Menschen. Statt sich bei den engagierten Bürgern zu entschuldigen, diffamierte die Polizei das Antirassistische Grenzcamp in der Polizei-Pressekonferenz als "internationales Treffen gewaltbereiter Linksextremisten", wahrscheinlich um von ihrem polizeilichen Fehlverhalten abzulenken.

    Den Hiroshima-Tag nutzten wir in Iserlohn zusammen mit Christen, Grün-Alternativen und Friedensbewegten um durch eine Mahnwache auf die noch immer existierende Bedrohung der Bevölkerung durch Atomwaffen hinzuweisen. In Zeiten des grassierenden Sozialabbaus wird immer noch viel zu viel Geld in den mächtigen militärisch-industriellen Komplex gesteckt.

    Schwarze Katze Bild gegen Homophobie

    Unter dem Motto "Andersrum ist nicht verkehrt" fand in Iserlohn ein schwul-lesbisches Strassenfest statt. Beim Christopher Street Day, der in Erinnerung an schwulenfeindliche Polizeigewalt jährlich stattfindet, beteiligten sich viele Gruppen, darunter als Organisatorin die Schwul-Lesbische Initiative Märkischer Kreis.

    Werdet aktiv gegen heterosexistische, religiöse und homophobe Intoleranz! Für ein Lernen, Lieben und Leben in Freiheit! Wir verteilten auf dem gut besuchten Strassenfest, das am Iserlohner Mahnmal für die Opfer des Faschismus Am Poth stattfand, ein themenbezogenes Flugi. Darin stand: "Anders leben bedeutet anders lieben. Und vielleicht wird es irgendwann einfach egal, wie viele wir wie wo und wann überhaupt lieben. Kuscheln wir uns aneinander - schafft selbstbestimmte Kuschelecken in jeder Stadt!"


    5.) Marktwirtschaft ist asozial
    libertäre zeiten # 0, Sommer 03, Infoblättchen des anarchosyndicats eduCat

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    6.) Auf einem Auge blöd...oder was am Kampf gegen rechts stinkt
    Schwarze Katze, auf dem Höhepunkt der Staatsantifa-Kampagne, 2001

    "Aber wir Deutschen sind keine Rassisten"

    Bei den großen Gegendemos (z.B. Hagen, Dortmund, Köln) gegen sich häufende Neonazi Aufmärsche haben sich tausende Menschen beteiligt. Selbst von oberster Stelle, von Bundeskanzler und Co. wird mensch aufgefordert, Zeichen gegen den braunen Terror zu setzen. Aber dieser "Aufstand der Anständigen" stinkt: eine Gefahr sind Neonazis erst, seitdem rechte Gewalt gross in den Medien war. Denn wenn eines klar herausgestellt werden muss dann dies: Neonazis sind nicht erst seit ein paar Monaten ein Problem, doch bisher wurde dies von der herrschenden Politik unter den Teppich gekehrt.

    Erst seit Neonazis und ihre Taten die Nachrichten bestimmen und nicht mehr zu verdecken sind, zündet der Aufstand der Anständigen. Schon ihre Argumentationen verraten alles: Weil das Ansehen der BRD im Ausland gefährdet ist, weil sich in ausländischen Reiseführen die Hinweise auf rechte Untriebe mehren, weil der Wirtschaftstandort bedroht ist, muß was gegen Rechts getan werden.

    Von den Opfern rechter Gewalt, von Flüchtlingen, Obdachlosen und anderen AbweichlerInnen war nie ernsthaft die Rede weil es nie um sie, sondern immer um das Image der BRD ging. Mit all diesen Großdemos gegen Rechts soll nach aussen der Anschein erweckt werden, dass "bei uns" alles in Ordnung ist.

    Und so ist der Scheinwerfer, der Blick der Menschen auschließlich auf Neonazis gerichtet, auf die mensch mit erhobenen Zeigefinger deuten kann, um sich selbst rein zu waschen. Doch die, welche Antifaschismus nicht als Imagepolitur für sich (oder gar die BRD) sehen und wirklich etwas verändern wollen, wurde und wird schnell spürbar, das der offizielle Kampf gegen Rechts verlogen ist: Demos gegen Rechts sind erwünscht - nicht erwünscht ist es aber, wenn angesprochen wird, wie schlecht es Flüchtlingen hier geht und welchen Schikanen sie Tag für Tag ausgesetzt sind.

    Wer offen auspricht, dass Flüchtlinge in der BRD wie Untermenschen behandelt werden, die unter übelsten Bedingen in Asylbewerberheimen zusammengepfercht werden, wird von den "Anständigen" ausgestoßen und liegt, ob gewollt oder nicht, auf Konfrontationskurs mit dem Staat. Denn schliesslich sind es nicht Neonazis, sondern der Staat, der Menschen in ihre sogenannten Heimatländer abschiebt, obwohl klar ist, dass sie dort von Verfolgung und Folter bedroht sind. Denn schliesslich waren es die demokratischen Parteien, welche mit einer rassistischen Hetze gegen AusländerInnen das Recht auf Asyl ausgehöhlt haben. Führende Demokraten haben Ängste vor der "Asylantenflut" (!) geschürt, so als wären MigrantInnen eine Naturkatastrophe. Wie verlogen wirkt dies, wenn mensch bedenkt, dass nicht einmal 4% aller Asylanträge durchkommen.

    Bei der Demo in Dortmund wurden viele Jugendliche, die zum ersten Mal gegen Rechts aktiv geworden sind, von der Polizei fest genommen und stundenlang festgehalten. Und es wiederholen sich die Szenen, wie PolizistInnen die Aufmärsche der Rechten schützen, weil die ja so brav und ordentlich marschieren.

    Rassismus ist kein Problem von Neonazis, sondern dieser Gesellschaft.


    7.) Frauenfeind Kirche
    Zitate zusammengetragen von
    IBKA Hamburg (Internationaler Bund der Konfessionlosen und Atheisten)

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    8.) Carlo Guiliani, du lebst in unseren Herzen weiter!
    Redebeitrag vom 23.07.01 in Goslar

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    9.) "Lust auch auf die Anarchie"
    Interview mit dem Straßenmusiker Klaus von Wrochem (Klaus der Geiger)

    graswurzelrevolution # 281, Sommer 03

    Sei es beim Jubiläumsfest "30 Jahre Graswurzelrevolution" im Juni 2002, sei es während der Anti-Atom-Konferenz [ikks]-2003, bei politischen Straßenfesten, bei antifaschistischen Aktionstagen, bei Anti-Atom- oder Anti-Kriegsdemonstrationen,... da wo die sozialen Bewegungen in Erscheinung treten, da ist oft auch Klaus der Geiger zu finden. Mit seiner "Lust auf Leben, Lust auf Liebe, Lust auf Lust" schafft es "Deutschlands bekanntester Straßenmusiker" die Menschen mit zu reißen. Wo er spielt, bringt er Verhältnisse und Menschen zum Tanzen.

    Klaus von Wrochem lebt mit seiner Frau und seinen Kindern in Köln. Er wurde am 20. Januar 1940 in Doppoldiswalde geboren, hat in den 60er Jahren bei Mauricio Kagel und Karl-Heinz Stockhausen Musik studiert, war dann Violinist in Boston, San Diego und Köln.

    In den 70er Jahren, in seiner "Tabernakelzeit", lebte er in einer Kommune-ähnlichen Wohngemeinschaft und erlernte Living-Theatre-Techniken.

    Weitere Lebensabschnitte in Stichworten

    1971 Knast in Nürnberg, Hungerstreik; fünf Jahre Touren im Bauwagen - Politische Betätigung: aktiver Part in diversen Demonstrationen: gegen den Transport von radioaktiv verseuchtem Molkepulver in die "Dritte Welt"; Ford Streik; Startbahn West Erweiterung am Frankfurter Flughafen, Leben im Hüttendorf; MieterInnenkämpfe gegen Wohnungsenteignung; Hausbesetzung des Stollwerk in Köln als Forderung für Sozialen Wohnungsbau; Konzerte im Knast; Konzerte für Obdachlose; Aktion Platania, Protest gegen Abholzung von 30 achtzigjährigen Linden eines Parks in Köln,...

    Graswurzelrevolution: Klaus, seit 1970 tourst Du als politischer Straßenmusiker durch Deutschland. Kannst Du Deine persönliche Lebensgeschichte und Politisierung beschreiben? Wie fing alles an?

    Klaus von Wrochem: Da hat Amiland ne Menge mit zu tun, glaube ich. Das waren die wilden 60er Jahre: Rock, Marihuana, LSD, Hippies, und der Vietnam-Krieg, na klar.

    So etwas kannte ich ja alles nicht von unserem Fuzzi-Deutschland. Mein fünfjähriger Aufenthalt dort war schon so etwas wie ein Befreiungsschlag für mich, zumindest am Anfang. Befreiung aus der Enge, geistig und körperlich.

    GWR: Und wie ging es weiter?

    Klaus der Geiger: Na ja, je länger ich da war, desto mehr hab ich mich als gleichberechtigter Ami gefühlt, mich engagiert, auch politisch.

    War ja Vietnam-Krieg, Black Panther-Movement, Timothy Leary, John Cage, Morton Feldman, Fluxus. Studentenstreiks, People's Park in San Francisco, Kent-shooting u.s.w. In Amiland, wenn's da mal losgeht, dann geht's aber zur Sache, ziemlich brutal. Und wenn man sich als Gast nicht systemkonform verhält, dann fliegt man raus, wie ich damals!

    Was war, was ist Dir besonders wichtig?

    Ich glaube, die Sache mit der Freiheit, immer noch.

    In einem Interview hast Du formuliert, dass Du Dich als "anarchistisch geprägt" verstehst. "Anarchie" wird von den bürgerlichen Medien meist als Synonym für "Chaos" und "Terror" verwendet. Was ist Anarchie für Dich?

    Keinen Diener unter uns und keinen Herrn über uns haben. Für mich immer noch die optimale Lösung. Und wenn man dafür kämpft, dann wird's schon oft chaotisch und "terroristisch". Das liegt aber nicht an den Anarchisten, sondern an ihren Gegnern!

    Im März 2001 hast Du Dich im Wendland an einer Sitzblockade der gewaltfreien Initiative X-tausendmal-quer gegen den Castor-Transport beteiligt. Anschließend wurde ein Ermittlungsverfahren gegen Dich eingeleitet, weil Beamte behauptet haben, Du hättest einen Polizisten geschlagen. Was ist damals wirklich passiert und wie ging es weiter?

    Da z.B. habe ich mich dem staatlichen Gewalt- und Befehlsmonopol widersetzt. Ist mir nicht gut bekommen, und meiner Geige auch nicht.

    Aber es hat sich ausgezahlt: der Prozess wurde dreimal von Staats wegen verschoben, und dann wurde im Dezember 2002 das Verfahren gegen mich eingestellt, wegen polizeilichen Falschaussagen und Widersprüchlichkeiten.

    Voraussichtlich im Herbst 2003 kommt der nächste Castor-Transport ins Wendland. Wirst Du Dich wieder an den Aktionen der Anti-Atom-Bewegung beteiligen?

    Na klar! Logo! Außerdem braucht mein Seelchen so was! Körperchen auch! Und man trifft immer so tolle Menschen!

    Du hast Dich stark auch gegen Wohnungsnot und für Obdachlose engagiert. Stichwort "Klagemauer". Was lief denn da in Deiner Heimatstadt?

    Die Klagemauer war und ist eine, sagen wir mal: kulturpolitische Straßen-Aktion meines "Polit-Bruders" Walter Herrmann. Der hat sich damals, genauso wie ich, für die zahlreichen Menschen hier in Köln stark gemacht, die die Mieterhöhungen nicht mehr zahlen konnten bzw. wollten und über Räumungsklagen oft genug obdachlos wurden. Walter hat Wäscheleinen in der Fußgängerzone gespannt, DIN A 6-große Pappkärtchen sowie ein paar Filzer davor gelegt, ich habe an diesem Platz lautstark meine Miethai-Lieder gespielt und die Leute aufgefordert, ihre Nöte und Sorgen auf die Kärtchen zu schreiben, die Walter dann an den Wäscheleinen aufgehängt hat. Da gab es mordsmäßige Kämpfe drum. Das wollten sie ja unbedingt weg haben!

    Und als der Golfkrieg 1991 losging, da ist Walter auf die Domplatte gezogen, und da wohnten zu der Zeit die Punks, und da wurde die Auseinandersetzung natürlich noch ein ganzes Stück grimmiger. Ja, die Klagemauer ist rebellionsträchtig, und nicht tot zu kriegen, genauso wie der Walter, das Stehaufmännchen!

    Die rot-grüne Regierung plant mit der "Agenda 2010" den größten Sozialabbau in der Geschichte der Bundesrepublik. Siehst Du Chancen diese menschenfeindlichen Vorhaben noch zu kippen? Wie kann der Widerstand dagegen mobilisiert werden?

    Die einfachste Lösung: So wenig Geld wie möglich ausgeben und einnehmen! Und das ganz bewusst und mit Würde!

    "Wir sind die Drückeberger", das ist ein bekanntes Kriegsdienstverweigerer-Lied von Dir aus den 70er Jahren. Du hast Dich auch an den Protesten z.B. gegen die Angriffskriege gegen Jugoslawien 1999, Afghanistan 2001 und Irak 2003 beteiligt. Wie siehst Du die Chancen der transnationalen Anti-Kriegs-Bewegung die bereits geplanten Kriege etwa gegen Syrien und den Iran zu verhindern?

    Die Anti-Kriegs-Bewegung war ja wohl fulminant und wird mit jedem imperialistischen Krieg stärker. Ich kann nur sagen: Brüder und Schwestern, seien wir wachsam und googeln kräftig durch unsere Internetseiten!

    Dein Musiker-Kollege Pit Budde (Ex-Cochise) hat in der Graswurzelrevolution Nr. 278 (April 2003) die Machenschaften der Industrie in Sachen "alternativer Musik" beschrieben. Hast Du ähnliche Erfahrungen gemacht?

    Ich hab wenig zu tun mit der Musikindustrie, Gott sei Dank! So wenig wie nur irgend möglich.

    Viele "politische Musiker" haben sich entpolitisiert, wurden kommerziell oder sind verschwunden. Du versprühst dagegen immer noch Hoffnung und "Lust auch auf die Anarchie". Wie erklärst Du Dir das?

    Wegen der Lust und der Anarchie! Ganz egoistisch!

    Danke für das Gespräch.

    Interview: Bernd Drücke, Juni 2003

    Perverse Führer (World Trade Center)

    Perverse Führer in Allahs Namen: im Kopf nur die Hölle, in Ewigkeit Amen. Verherrlicht den Tod, seid blind für das Leben: Das kann euch Allah nicht Vergeben!

    Perverse Führer, in Christi Namen: dealt auch mit der Hölle, ohne Erbarmen. Verwurstet die Menschheit, am liebsten global; Hauptsach' reich und Erfolg: das ist eure Moral.

    Und wir? Da häng'n wir im Dornengestrüpp von Höllenmoral oder Monsterglück, was den einen beglückt, weil's den andern erstickt, und wer'n selber langsam pervers und verrückt.

    Und träumen doch alle vom Paradies. Und wissen alle, was das ist. Ham's alle schon mal erlebt und gesehn. Es ist ja da. Man kann hingehn.

    Doch nicht mit Krieg und Haß und Rache. Denn Leben ist eine heilige Sache. Das zu erkennen, sind wir vielleicht hier. Und wenn wir kämpfen, dann nur dafür. Dann nur dafür.

    Klaus der Geiger (Live 2002)


    10.) DGB-Gewerkschafter von ver.di kritisiert Polizeigewalt
    Offener Brief zu den Nürnberger Vorfällen vom 06.09.03

    Bitte diesen Brief weiterleiten an den stellv. Vorsitzenden der
    Gewerkschaft der Polizei, GLBV Bayern Kollege Heinz Kiefer

    Dem Bundesvorstand der GdP und dem Verteiler zur Information

    Lieber Kollege Kiefer,

    am Samstag, den 6. September fand in Nürnberg eine Kundgebung rechtsextremistischer Wirrköpfe statt. Das Verbot der Stadt Nürnberg wurde, nachdem es von Verwaltungsgericht Anbach und bayerischen Verwaltungsgerichtshof bestätigt wurde, vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben. Du weisst die näheren Umstände, denn du hast deutlich dazu Stellung genommen. Dies möchte ich an dieser Stelle auch hervorheben, denn du hast deutlich gemacht, dass dieses Urteil nicht nachzuvollziehen war. Auch teile ich deine Einschätzung, dass der Aufmarsch der Ewiggestrigen eine Provokation der Hinterbliebenen der Opfer des Naziregimes war, wie du in der Presse zitiert wurdest.

    Leider kann ich nicht mehr mit dir einhergehen, wenn es um deine Einschätzung geht, als du deine Mitglieder verteidigen wolltest (musstest?). Keinesfalls wurden hier die Polizistinnen und Polizisten in einen Gewissenskonflikt (mit deinen Worten "Dilemma") gebracht. Zumindest empfanden das diejenigen Menschen so, die auf dem Platz und in der Demonstration live dabei waren, als Kundegebungsteilnehmer brutal misshandelt wurden. Nein, Kollege Kiefer, damit wir uns richtig verstehen, nicht etwa die angeblich auch von deinen Kollegen so verabscheuten Neofaschisten, sondern die Gegendemonstranten wurden mit gemeinen Methoden festgenommen und getreten. Auch mich hat einer dieser sauberen "Kollegen" mit einem Ellbogenschlag in die Magengrube ausser Gefecht gesetzt, weil ich ihm "im Weg stand". Live, sozusagen hautnah war ich dabei, als 34 Polizisten einen (!) Gegendemonstranten festnahmen und zur Vernehmung in ein Polizeifahrzeug verluden. Ich muss ehrlich sagen, meine Wut lies mich in diesem Augenblick nicht mehr differenzieren, zwischen den vielleicht wenigen netten Seelen in den Reihen dieser brutalen Schlägertruppe. Ich weiss nicht, wie sich die Hinterbliebenen der Opfer des Naziregimes angesichts der Tatsache gefühlt haben, auf der einen Seite feixende, grinsende Nazis zu sehen und auf der anderen Seite Polizisten, die gewaltsam gegen Nazigegner vorgehen...

    Zwölf Festnahmen gab es an diesem Tag. Nicht eine auf der Seite der Neofaschisten. Natürlich waren es auf Seiten der Gegendemonstranten wie immer "provozierende Autonome". Klar, wie immer, wenn man Rechtfertigungen für die Öffentlichkeit sucht. Wer wirklich dabei war weiß, dass dies schwachsinniges Gerede ist. Einfach gelogen. Deine von dir verteidigten Kolleginnen und Kollegen mit dem Gewissenkonflikt, gepanzert, als ginge es zur Schlacht gegen einen übermächtigen Gegener, als wäre Robocop Realität, bereits bei der Kundgebung mit dem Oberbürgermeister aufmarschiert, haben geschlagen, getreten und geprügelt. Eine Sprecherin (wirklich keine Autonome) des Nürnberger Friedensforums wurde grün und blau geschlagen. Die Neofaschisten haben sich bestimmt über diese Art des Umgehens deiner Kolleginnen und Kollegen mit den Demokraten gefreut.

    Abschliessend möchte ich dir, Kollege Kiefer sagen, dass ich sicher bin, dass es nicht immer einfach ist, einen Gewerkschafter bei der Polizei zu spielen. Ich bin auch der Meinung, dass Polizistinnen und Polizisten einen gewerkschaftlichen Schutz brauchen (wobei ich nicht weiss, wozu sie eine eigene Gewerkschaft brauchen). Aber ich bin auch der Meinung, sogar der festen Überzeugung, dass es nicht Sache der Gewerkschaft sein kann, und mit Ausnahme deiner Gewerkschaft auch von keiner so passiert, Sachlagen in diesem Fall so zu verdrehen, als wären die Beamtinnen und Beamte in der Polizei die größten Opfer der Justizentscheidung. Opfer sind wir alle, die gegen Rechtsradikalismus und Neofaschismus stehen (auch die, die nicht dafür auf die Straße gehen). Aber ich habe es satt, von verrohten Polizisten, USK oder SEK getreten zu werden und anderen beim getreten werden zusehen zu müssen, wenn wir unser Recht als Gewerkschafter und Demokraten wahrnehmen, Neonazis die rote Karte zu zeigen. Und noch mehr reicht es mir, dass Gewerkschafter der GdP das mit einem "Dilemma" oder anderen abwegigen Ausreden zu entschuldigen versuchen.

    Vielleicht nimmst du dir das zu Herzen und hörst dir auch unsere Version der Geschichte an.

    Mit kollegialen Grüßen

    Jürgen Gechter
    Betriebsratsvorsitzender Mitglied des BFBV Mittelfranken der Gewerkschaft VERDI

    Kommentare zum Offenen Brief

    sehr schön
    anti 07.09.2003 20:10


    mensch mag ja von verdi halten was mensch will, aber dieser brief spricht doch eine deutliche sprache.

    Liebe AntifaschistInnen
    Antifa 07.09.2003 20:16


    Egal ob Sie aus der Gewerkschaft kommen, oder aus einer sozialen Initiative, oder aus einer linken Partei. Aus Protest gegen einzelne brutale Polizeischläger kommen Sie bitte zur nächsten Demonstration gegen Nazis als Autonome "verkleidet". Das ist ganz einfach:
    - schwarzen Kapuzenpulli von der Tochter/dem Sohn ausleihen oder selber kaufen.
    - Mütze aufsetzen, Kapuze drüber ziehen.
    - Eine große Sonnenbrille aufsetzen.

    Wenn ein Polizist sich an sie wendet, nie "Ja, Herr Wachtmeister" antworten.
    Wenn Sie zum gehen aufgefordert werden, stehenbleiben.

    Haken sie sich bei anderen "Autonomen" unter (geht wie beim Schunkeln im Bierzelt, nur ohne zu wackeln). Skandieren Sie Sprechchöre.

    erfahrungswerte
    weist 07.09.2003 21:05

    Meist ist es so, daß derlei Aufbegehren einzelner Gewerkschafts-VIPs sehr schnell versandet, zumal es auch für gewöhnlich nicht zur Basis durchdringt.

    Hier nun haben wir die Möglichkeit, dieses einzigartige Dokument an befreundete oder bekannte GewerkschaftlerInnen weiterzuleiten, bzw. an Gewerkschaftsbüros in der näheren Umgebung (Umschlag drum & einfach in den Briefkasten, spart Porto). Es ist dies ein Dokument, das eine gewerkschaftliche Position repräsentiert, die trotz allem Hickhack wegen des lauen Taktierens der DGB-Spitzen in puncto Sozialabbau unsere Unterstützung verdient- und damit automatisch auch weitere Verbreitung, auf daß der Informationslücke auf Basisebene entgegengewirkt werde! Ich glaube nämlich kaum, daß z.B. ein norddeutscher ver.di-Bezirksverband über diese Ereignisse in Kenntnis ist. Also obliegt es uns, diese Wissenslücke zu füllen.


    11.) Gegen den Krieg der Herrschenden
    Keine Wahl - Berliner Anti-Wahlzeitung
    Zeitung zu den Abgeordnetenhauswahlen 2001 in Berlin

    Wenn es um den Krieg geht, wenn ein äußerer Feind präsentiert und die Gemeinschaft geschmiedet wird, dann werden schon traditionell keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche (Interessen) gekannt. Die unterschiedlichen Konzepte der politischen Parteien, uns den wirtschaftlichen Sachzwängen entsprechend zu verwalten, machen der Einmütigkeit Platz, wenn es um die vermeintlichen Schicksalsfragen geht. Da können dann auch schon einmal die Scheingefechte des Wahlkampfes ausgesetzt werden. Und nach den (medial überall präsenten) Terroranschlägen in New York, war diese Einmütigkeit auch in aller Breite herzustellen. Egal ob Regierungs- oder Oppositionsparteien, alle treten für mehr staatliche Kontrolle im Innern und militärische Einsätze gegen die „Schuldigen“ im Außland ein. Auch die demokratisch gewendeten Sozialisten verschließen sich da nicht ihrer staatsbürgerlichen Pflicht und lassen ihren Vortänzer Gysi für (natürlich nur zielgenaue) militärische Schläge plädieren. Wer auf der Grundlage dieses Systems agiert, der muß auch seine Konsequenz, den Krieg mittragen.

    Es geht nicht um die Frage von Terrorismus oder Demokratie. Blindwütiges Vernichten menschlicher Existenzen und kaltblütiges Durchsetzen von Machtinteressen entsprechen dem Wesen des Systems. Es sind oftmals die gleichen nüchternen ökonomischen Überlegungen, die tausende Menschen ins soziale Elend oder direkt in Massengrab schicken. Die unmittelbaren Akteure des Terrors sind austauschbar und nicht selten ist der Verbündete von gestern der Feind von Morgen. Dass der aktuelle Verbündete der westlichen Demokratien natürlich immer der „Freiheitskämpfer“ ist, ist genauso selbstverständlich, wie die Tatsache, dass die zivilen Opfer der NATO-Bomben als Kolateralschäden hinzunehmen sind. Der Krieg dient immer den Herrschenden. Sie führen ihn, um ihre Macht zu behalten und auszubauen. Die Begründungen, mit denen sie für diese Kriege mobilisieren, sind dabei zweitrangig.

    Es ist egal, ob ein Bauunternehmer und Börsenspekulant wie Bin Laden oder die reaktionären Taleban sich religiöser Ideologien bedienen, um die soziale Unzufriedenheit mit einem Glaubenskrieg gegen die westliche Welt zu kanalisieren, oder ob amerikanische und europäische Politker ihre Soldaten zum Kampf für Freiheit und Demokratie in den Krieg ziehen lasse. Auch hier geht es nur um Machtinteressen.

    Es geht um die geostrategischen Machtinteressen der Staaten. Es geht um die Kontrolle von Rohstoffen und Absatzmärkten, es geht um bessere Ausgangspositionen gegenüber den Konkurrenten. Hinter ihrer lautstark vorgetragenen Gemeinsamkeit im Kampf gegen den Terrorismus, vertreten die Staaten ihre durchaus gegensätzlichen Interessen. Die wirtschaftlich schwächelnde USA will ihre Rolle als Weltpolizist behalten, in welche die EU und vor allem die BRD gerade hineinwachsen. Während Bush den wilden Cowboy spielt, nimmt z.B. dass Gewicht der taktvoll von Fischer durchgeführten Diplomatie im Nahen Osten zu. Rußland versteht unter internationaler Terrorismusbekämpfung freie für Hand für seine Militärs in Tschetschenien und hält natürlich wenig von den geostrategischen Ambitionen der USA im Kaukasus. Ein kommender Krieg wird nicht zu einem Zusammenwachsen einer vorgeblich zivilisierten Welt führen, sondern die innerimperialistischen Spannungen zunehmen lassen.

    Es geht um die Macht über die ArbeiterInnen, den ersten Opfern der kommenden Wirtschaftskrise. Rückgang der Industrieproduktion, Absturz der Börsenwerte, Zunahme der Arbeitslosigkeit, Anwachsen der Staatsverschuldung, Kürzung der Sozialleistungen... Schon vor den Terroranschlägen in den USA ging es mit der Weltwirtschaft abwärts. Damit nicht der Widerstand gegen die sozialen Angriffe, der Kampf für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, ja für ein besseres Leben überhaupt auf der Tagesordnung stehen, soll jetzt die Gemeinschaft gegen den äußeren Feind geschmiedet werden. Nicht die innere Logik der kapitalistischen Wirtschaft, sondern der „Versuch der Terroristen, die wirtschaftlichen Kräfte der freie Welt zu lämen“ (Bundeskanzler Schröder) sollen zur Ursache der Krise verklärt werden. Die Macht der Staaten soll ausgebaut werden. Die USA hofft mit einer Welle von Patriotismus, das Vietnam-Trauma wegspülen und ihre Staatsbürger auf neue umfangreiche Kriege einstimmen zu können. Die EU-Staaten stellen u.a. angeblich fehlende Möglichkeiten im Kampf gegen den Terrorismus fest und verschärfen ihre gesetzlichen Möglichkeiten. Ausländer sollen bei ihrer Einreise besser durchleuchtet werden. Doch nicht nur die Aktivität von MigratInnen wird aufs Korn genommen, damit diese neben den Kriterien der wirtschaftlichen Verwertbarkeit auch entsprechend politischer Willfährigkeit besser selektiert werden können.

    Die für manchen liberalen Geist überholt wirkenden Terrorgesetze der 70er Jahre werden frisch frisiert, Geheimdienste ausgebaut und polizeiliche Befugnisse erweitert. Es ist dabei weniger die Angst vor internationalem Terror als vor sozialer Bewegung, antikapitalistischen Engagement und kommenden Klassenkämpfen. Der Krieg ist ein Krieg der Herrschenden gegen das Proletariat, egal ob in der Form des „individuellen“ oder staatlichen Terrors. Wir sind für sie nur als Objekt der Verwertung interessant, als Arbeitskräfte und Konsumenten. Und oftmals eben nicht mal mehr als das. Wir werden auf die Straße geworfen, wenn sie mit uns nicht mehr genug Profit machen können, wir werden in Kriege geschickt, wenn wir für unsere Interessen kämpfen, wir verhungern, wenn wir für ihren kapitalistischen Weltmarkt nicht von Interesse sind.

    Bekämpfen wir ihren Krieg, indem wir uns ihrer Wahl-Kriegs-Propaganda verweigern, für unsere sozialen Interessen eintreten, uns selbst organisieren!


    12.) Polemik gegen die Antideutschen Kommunisten
    Thomas Meyer-Falk, derzeit eingeknastet

    Innerhalb des breit gefächerten Spektrums der Linken in Deutschland gibt es eine antideutsche Fraktion, die mitunter auch als antideutsche Kommunisten auftritt.

    Nun ist prinzipiell nichts gegen eine „antideutsche" Haltung einzuwenden, wenn diese sich zum Beispiel gegen die „doitsch-nationale" Großmannssucht a la Joseph Fischer, Gerhard Schröder oder Edmund Stoiber wendet.

    Auch ein Plädoyer für die Abschaffung aller Staaten und Staatsgrenzen ist durchaus nachvollziehbar; aber was die antideutsche Fraktion mitunter präsentiert, geht gelegentlich nur knapp an Realsatire vorbei und ist schädlich für die gesamte Linke.

    Ich greife hier exemplarisch den palästinensisch-israelischen Konflikt heraus. Ja, wir sitzen alle im wohlgenährten Mitteleuropa und es ist bequem, mit vollen Bäuchen die KritikerInnen der israelischen Politik, welche eine Vernichtung der PalästinenserInnen anstrebt, als Antisemiten zu beschimpfen und in eine Reihe mit den Nazis zu stellen. Die Überfüllung ihrer Bäuche kompensieren die Damen und Herren der antideutschen Fraktion durch entsprechende Leere in den oberen Körperregionen, und damit meine ich nicht etwa nur den Kopf, sondern auch und gerade das Herz!

    Seit zwei, drei, bald vier Generationen, leben PalästinenserInnen in Lagern, die jeder Beschreibung spotten und die VertreterInnen der antideutschen Fraktion schreiend an Muttis und Vatis Rockschöße rennen ließen, müssten sie dort auch nur wenige Tage leben.

    Kein Tag vergeht, ohne dass Gewehrfeuer und Granateneinschläge zu hören sind. Der Tod ist allgegenwärtig. Es herrschen Hunger, Krankheit und Wasserknappheit. Aber all das ficht die antideutsche Fraktion nicht an. Wer diese menschenunwürdigen Zustände, verursacht durch Israel, anprangert, der wird sofort und vehement des Antisemitismus beschuldigt. (...)

    Und zweitens liegt der Verdacht nahe, dass zumindest einige der Vertreter der antideutschen Fraktion selber ein „antisemitisches Problem" mit sich herumtragen. Schon Freud machte auf das Phänomen der „Projektion" aufmerksam, einen Abwehrmechanismus, bei dem wir uns einen Vorgang vorzustellen haben, in dem einem anderen Menschen EIGENE Fehler (oder Wünsche) zugeschrieben werden.

    Selbstverständlich kann, darf, ja muss die Politik der PalästinenserInnen im Rahmen ihrer Intifada und Selbstmordattentaten kritisch hinterfragt werden. Das ändert aber nichts daran, dass es in Israel Strömungen gibt (und Sharon ist einer ihrer Vertreter), die auf eine Vernichtung der PalästinenserInnnnen abzielen und darauf hinarbeiten.

    Dies zu kritisieren und anzuprangern, ist nicht nur das Recht eines/r jeden Linken, sondern auch Pflicht!

    Thomas Meyer-Falk, z.Zt. JVA-Z 3117, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal, Germany


    13.) Linke Politsekten im Netz
    Saul, 20.05.03


    Im www kann man gut auf Zeitreise gehen und man bekommt was geboten. Da tauchen auf einmal die längst vergessenen Splittergruppen und Parteisekten aus der Versenkung auf. Namenskürzel die niemand mehr kennt und keinen mehr was bedeuten und die selbst die Beteiligten fast vergessen haben. Wer steckt dahinter?

    Wer produziert Webseiten, denen man zwar nicht ansieht ob eine große Organisation oder nur ne handvoll Spinner dahintersteckt, aber auf denen die Zeit stehengeblieben scheint? Parteisekten wie KPD/ML oder MLPD die aus der realen Welt längst verschwunden sind, aber im Web quicklebendig erscheinen. Geht man auf diese Seiten, da ist echt die Zeit stehengeblieben und man meint, wir schreiben immer noch 75 oder 85.

    Unbeeindruckt von jeder realen Entwicklung in der Welt oder in den Köpfen der ehemals Beteiligten, hämmern sie ihre museal gewordenen Parolen in die Welt und man ist versucht aus dem Fenster zu schauen, ob da nicht grad eine Demo mit roten Fahnen und gereckten Fäusten vorbeizieht. Nein, es ist nur die Müllabfuhr.
    Man kann Witze drüber machen oder Cartoons zeichnen. Etwa über den letzten Aufrechten, der in seiner Dachkammer hockt und den Ausgang aus der Parteiwelt nicht mehr gefunden hat. Dafür studiert er immer noch seine heiligen Schriften und verkündet die der Netzwelt. Wer dabei war, konnte schon ende der 70iger erleben, wie diese Sekten immer unsichtbarer wurden und es Anfangs der 80iger nicht mal schafften ihre Zeitung zu verbreiten. Da gibts doch ein freudiges Wiedersehen im Netz. Solche Seiten darf man als ernstgemeinte Politsatire betrachten und zur persönlichen Erheiterung besuchen.

    Man kann auch Spitzwegs Bücherwurm nehmen. Ein großer Teil linker Politik basierte auf Buchstabengläubigkeit. Man glaubte, wenn man nur die richtigen Werke gelesen hat, weiß man bescheid wie die Revo läuft. Diejenigen, die sich der augenschädigenden Arbeit unterzogen, nannte jemand mal treffend, linke Bibelforscher. Die blauen Bände wurden wie die Bibel gehandelt und wer daraus zitieren konnte hatte recht. Die Uniherkunft machte sich bemerkbar, mit Fußnote und was dazu gehört. Mit der Zeit lernte man seinen eigenen Verstand zu benutzen, ebenso die eigene Erfahrung auch wenn sie dem Bücherwissen widersprach.
    verstaubte Ideologien gehören in den Mülleimer der Geschichte
    Lenin im Mülleimer der Geschichte

    Die Ersatzreligion Kommunismus erhob die Texte von Marx über Lenin bis Mao, zu Dogmen und ewigen Wahrheiten. Was man dagegen in der Welt draußen lernte (nicht in dunklen ungelüfteten Kammern), "die" Wahrheit gibt es nicht und ewige Wahrheiten schon gar nicht. Es gibt nur Wahrheiten und jeder muß seine eigene herausfinden. Heilige Schriften werden oft dazu benutzt, das Denken überhaupt abzuschaffen. Was willst du denn? Da steht doch schon alles drin, jede Frage ist beantwortet. Hier stehts wie man eine Partei aufbaut. Kein Erfolg? Dann machen wir was falsch. Nach 5 Jahren immer noch ne kleine Sekte? Wir müssen unsere Linie überarbeiten und einige Abweichler rauswerfen. 10 Jahre, nur noch der harte Kern dabei? Es ist eben ein langfristiges Projekt und wer nicht durchhält und zweifelt, den brauchen wir nicht. 20 Jahre, wir haben zwar keine Zeitung mehr dafür ne HP. Entscheidend ist das wir recht haben und die Geschichte wird uns recht geben. 30 Jahre? Die Wohnung wird aufgelöst, der gesammelte Papierberg landet im Müll.

    In eigener Sache.
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    Persönlich betrachtet ist die ML Zeit der 70iger Teil meiner eigenen Geschichte, war auch mal dabei. Nicht ungewöhnlich als politisch interessierter aber unerfahrener Schüler in sowas reinzugeraten. Es war in der Zeit eh Zufall wo man landete, ja nachdem, wen man grad traf. 73 war so eine Zeit, in der viele was tun wollten aber noch nicht wissen wohin und da hätte ich bei vielen Gruppen landen können. Niemand findet ein Flugblatt und rennt zur Parteizentrale um noch am gleichen Tag einzutreten.

    Als linker Schüler stand man eh recht allein in einer Umwelt, die desinteressiert oder meist ablehnenend war und da traf man erstmal Leute die scheinbar dasselbe wollten. Also landete ich bei der KPD, na nicht ganz, das war ein elitärer Verein der nicht jeden nahm. Dafür hatten sie ihre Untervereine wie etwa Liga gegen den Imperialismus und was tun mit Schülern? Na da sind sie erstmal gut aufgehoben. In so nen Verein gabs Aktionen, Demos und man kam in andere Orte. Ehe man sichs versieht gewöhnt man sich die Denkweise der Parteipresse an und das heißt, sich von der Außenwelt abschotten. Zum Job in solchen Vereinen gehört natürlich auch, die Parteiprese unters Volk zu bringen und das ist der Punkt, wo man mit der Außenwelt konfrontiert wird. Keiner will das Zeig haben, man stößt auf Desinteresse oder offene Ablehnung. Was tun damit? Weitermachen mit der Disziplin und Verdrängung die man bereits in der Gesellschaft eingetrichtert bekam. Man macht weiter weil man weiß, den anderen gehts genauso und die willst ja nicht alleistehen lassen. So konnten diese Vereine von einer Einstellung leben mit der man hier für die Arbeitswelt abgerichtet wird. Arbeit ist mühsam, macht keinen Spaß und unergiebig, Politik genauso. Also denk nicht drüber nach.

    Was Schüler und Studenten betraf, konnte die Partei (die selbst aus Studenten bestand) eine weitere Form der Abwertung ausnutzen. Das schlechte Gewissen das dir eingeredet wurde, geh erstmal arbeiten, du hast doch noch garnix zu sagen und lebst selbst auf Kosten der Arbeiter. In so nen Verein ließ sich das gut verdrängen. Aber sobald man die Parteiwelt verlassen hat, steht man wieder allein da, nicht nur in der Gesellschaft, sogar innerhalb der Linken ist man nur eine Minderheit. Noch kann man den Frust wegstecken und das ist auch der Sinn der Sache. Die Demos und Veranstaltungen schaffen eine eigene Realität die einen vergessen lässt, wie isoliert man dasteht, man liest die Parteipresse, versucht damit klarzukommen, wenn nur die Realität da draußen nicht dauernd stören würde. Dafür darf man sich einer Sache zugehörig fühlen, selbst wenn man nix zu melden hat und die meisten der Beteiligten gar nicht kennt. Man entwickelt eine Form von Lagerdenken, das nützt nur dem Gegner, also hält man die Klappe und verdrängt offensichtliche Widersprüche. Etwa das unsere Zielgruppe, die Arbeiter nix mit zu tun haben wollen, oder das wir gegen Verbote und für Meinungsfreiheit (der Parteipresse) kämpfen, aber eine Gesellschaft wollen, die keine Meinungsfreiheit vorsieht. Es gab Knackpunkte die einen schon auffielen, man konnte ja nicht den Verstand abschalten. Jedenfalls weiß ich aus dieser Zeit, was Sektierertum im Denken anrichtet.

    Andererseits tat sich noch mehr in Frankfurt und wenn es um Hausbesetzung oder Fahrpreiserhöhung ging, verlor der Verein zeitweilig die Kontrolle. Statt uns im Treff die neusten Parteitexte reinzupfeifen waren wir auf der Gass wo es nach Tränengas roch.

    Widersprüche gabs genug, oft genug sah man das die Parteiideologie wenig mit der realen Welt zu tun hatte, aber statt drüber zu reden, hielt man die Klappe. Dann folgte ne Lehre im Betrieb und diese Realität hatte wenig mit der Parteipresse und dem Proletenkult zu tun. In der Folge stellte ich meine Mitarbeit langsam ein, andere traten mit einer langen Bleiwüste aus die sie oft bei Konkurenzvereinen veröffentlichten, die aber wenig über die tatsächlichen Gründe aussagten.

    Wie kommt man da wieder raus? 75 gefiel mir der Verein nicht mehr, die aktionistische Politik der KPD wurde beendet und mit der Kopie der Supermächtetheorie der VR China wurde die Parteipolitik ungenießbar. Nun wurd von uns verlangt, Sachen zu vertreten, an die wir selbst nicht mehr glaubten.

    War ich bereits im Betrieb in ner anderen Welt, so wurds Zeit sich auch in der Politlandschaft nach anderen Welten umzusehen, zB AKW Demos und nach Brockdorf mitzufahren. Der nächste Schritt war die vorurteilslose Beschäftigung mit den eigenen Parolen und da stellst fest, das du an dieses Zeug geglaubt hast wie der Christ an die heilige Schrift. Tatsächlich fällts auf, schon der Sprachgebrauch, wo es von Renegaten, Abweichlern, Ketzern und Sektierern wimmelt, stammt original aus der Theologie. 77 im Zusammenhang mit der Schleyerentführung erlebte ich live, was die Arbeiter dachten, spätestens da war der Proletenkult für mich erledigt. Es wurde Zeit, das woran man geglaubt hatte, weil mans glauben wollte, ohne Rücksicht zu hinterfragen. Schau dir die Welt an wie sie ist und hör auf in unlesbaren Bleiwüsten nach der Wahrheit und Patentlösung für alle Probleme zu suchen. Trotzdem war der Draht nicht ganz abgerissen, man kannte sich ja noch. Der einzige Grund nochmal mitzumachen, Ende der 70iger fanden tatsächlich Diskussionen statt, die diesen Namen verdienten.Wärs drum gegangen, die übliche Parteiarbeit weiterzumachen, mit mir sicher nicht mehr. Dafür wars auf einmal möglich Sachen auszusprechen, für die man früher achtkantig rausgeflogen wär. Es war auch die Zeit, in der "Naturgesetze" gebrochen wurden. Soll heißen, der Krieg zwischen Vietnam, Kambodscha und China, sozialistische Staaten prügeln sich doch nicht. Wir hatten genug davon uns das Hirn zu verbiegen und Sachen gegen unsere Überzeugung zu rechtfertigen. Es ließ sich nicht mehr in die Ideologie pressen und wir hatten kein Interesse mehr, etwas zu rechtfertigen was nicht zu rechtdertigen ist. Die Entwicklungen in der 3. Welt zeigten eh, das wir früher einiges in den falschen Hals bekommen hatten. Es war der Bruch mit einer sektiererischen und dogmatischen Denkweise, die das Denken selbst zur Karikatur macht.

    Die Aüflösung der Partei war für mich nur ein Abschluß, kein Zusammenbruch einer Welt, ebensowenig zogs mich zu den Grünen wo sich etliche rüberretteten. Dafür gabs noch andere Parteisekten und in der Konfrontation mit denen, deren Welt noch intakt war, stellte ich Bemerkenswertes fest. Andere mit Worten erschlagen, vollquatschen, nicht zuhören können und unaustehlich wirken. War ich auch mal so drauf gewesen? Dann ists kein Wunder wenn wir nichts erreicht haben, aber das merkt man erst wenn man draußen ist.

    Ist es damit vorbei? Leider nicht,denn da die gesellschaftlichen Bedingungen weiterbestehen, die das Entstehen von hierarchischen und sektiererischen Gruppen fördern, erlebt man das sich neue bilden und traurigerweise sogar Deppen finden, die nichts von der alten Geschichte wissen und nicht merken, das sie eine Politikform nachäffen, die schon vor 20 Jahren gescheitert ist. Ob Linksruck oder Trotzkistensekte, es gibt sie noch, die altgedienten Parteiführer. Immer auf der Suche nach jungen Deppen die sie für ihre Schrottpolitik verheizen können und im Uniumfeld scheints zu klappen. Aber nur solang bis sie gefrustet abhauen.

    Hier wiederholt sich die Geschichtsblindheit die es schon in den 70igern gab, als man die Geschichte der Arbeiterbewegung wiederentdeckte, diese aber von Mythen zugestellt wurde. Denn das hieß auch Verdrängung des Stalinismus und Verschweigen des Versagens der KPD von 33. Ohne eine KP könne es keine Revolution geben, dies wurde regelrecht gepredigt. Tatsächlich erwiesen sich Kommunistische Parteien meist als Revolutionsverhinderer und nach 33 sagten deren Mitglieder selbst, die Partei hat sie verraten und den Nazis ausgeliefert. Die Kopie dieser stalinistischen Partei mit allem was dazugehört, den Fahnen, Symbolen, Zeitungstitel plus Sprachgebrauch, mußte jeden Arbeiter der diese Zeit noch kannte, wie Hohn erscheinen, oder wie ein schlechter Witz.

    Und wie ein schlechter Witz kommen mir heute die jungen Träger der Linksruckplakate vor, nur was soll man denen sagen? Erst wenn sie selbst zu zweifeln anfangen kannst mit denen reden, vorher ist das sinnlos. Kann ich beurteilen. Online versuchen kann mans ja und das hab ich auf Indymedia getan. Es muß möglich sein, zu sagen wie es nicht geht ohnen eine Patentlösung anbieten zu können, denn die hat niemand.


    14.) Im Gespräch mit dem Anarchisten Abel Paz
    lotta # 13, antifaschistische Zeitung für NRW, Sommer 03

    Interview lesen.


    15.) Demo ohne Nationalfahnen
    Aufruf einer anderen Gruppe zur anderen Demo in Berlin

    Kampf (nicht nur) den deutschen Zuständen

    Am 3. Oktober werden sich die herrschenden Eliten dieses Landes in einem sich seit nunmehr 13 Jahren wiederholenden Ritual selber abfeiern. Wieder einmal werden stolz geschwellte VertreterInnen der verschiedenen herrschenden Parteien, Verbände und Vereine nicht müde werden, die - trotz kleinerer Schwierigkeiten - "unübersehbaren Erfolge" dieser deutschen Einheit vor einer gelangweilten Öffentlichkeit breit zu labern.

    Endlich ist man wieder mehr als nur "Reiseweltmeister".
    Deutsche Soldaten verteidigen die Menschenrechte auf dem Balkan und die Freiheit am Hindukusch. Und jetzt ist es sogar richtig exotisch: Seit dem EU-Einsatz im Kongo und in Uganda, denn, so Kriegsminister Struck, es ist notwendig, dass Deutschland nach langer Zeit wieder Verantwortung in Afrika übernimmt.

    Und über den Irak - freilich ein heikles Thema - kann man ja noch nachdenken. Die ersten Gedankenexperimente über ein wie auch immer geartetes - und durch UNO-Mandat abgesichertes - deutsches Engagement sind schon gemacht. Ziemlich wahrscheinlich, dass dann ein Stück von dem großen Kuchen auch für deutsche Konzerne abfiele. Und dass die Ärmsten es bitter nötig hätten wissen wir ja alle.

    Nicht zu vergessen, dass man die engsten Verbündeten, so sie denn in Schwierigkeiten stecken - und das tun sie - trotz mancher Differenzen nicht im Stich lassen darf.

    Diese ganzen humanitären Interventionen und Exkursionen und die vielen friedenserhaltenden und friedenschaffenden Maßnahmen haben natürlich ihren Preis. Einen ziemlich hohen sogar. Wer das bezahlen soll? Der mickrige Bundeswehretat reicht dafür jedenfalls nicht. Aus dem müssen schließlich auch noch diverse Neuanschaffungen getätigt werden, damit man vor den anderen Friedenstruppen nicht wie der Trottel vom Dorfe da steht. Ein paar neue Panzer und Transport-Airbusse, das Stück zu schlappen ..... Millionen Euro müssen schon sein.

    Aber - wo soll das Geld herkommen? Die Staatsverschuldung steigt auch ohne Extraausgaben ständig an. Dieses Schicksal teilt die BRD mit ihrem größten Verbündeten, den USA.

    Die großen Konzerne kann man kaum um Unterstützung bitten, denn jammern sie nicht so wieso schon ständig herum, dass es ihnen so schlecht geht wegen der hohen Lohnnebenkosten und dem vielen Urlaub, den es hierzulande gibt?

    Aber - liegen hier nicht ein paar Millionen in der sozialen Hängematte herum? Millionen, die ständig nur abkassieren, aber nie selber irgendwelche Leistungen erbringen? Kanzler Schröder hat das Problem bereits vor einigen Jahren erkannt, als er erklärte, ein Recht auf Faulheit könne es nicht geben. Und so wurden zügig einige erfolgreiche Sanierer und Umstrukturierer nebst einigen mutigen VordenkerInnen neoliberaler Ideale engagiert, um das größte je dagewesene "Reformprogramm" in der Geschichte der BRD zu entwickeln.

    Unter rot-grün werden die kühnsten Unternehmerträume wahr: Arbeit auf Zeit, Arbeit auf Abruf, Arbeit weit unterhalb jeglicher Tarife, und wem das nicht passt, wer sich da verweigert, fliegt raus, knallhart, dem werden die Leistungen gestrichen, der soll sehen, wo er bleibt.

    Und außerdem - dies hier ist ja ein Sozialstaat, in dem Niemand erfrieren und verhungern muß - gibt es ja Notunterkünfte und Suppenküchen. Zwei Branchen, die spätestens ab dem nächsten Jahr den totalen Boom erleben dürften, wenn nämlich von einem Tag zum anderen (und bei dem niedrigen Informationsstand vieler hier lebender Menschen wird es sie wie aus heiterem Himmel treffen) Millionen von Leuten, die länger als zwölf Monate ohne Job sind, nur noch 340 Euro "Arbeitslosengeld 2" bekommen werden. Ganz gleichgültig, ob sie sich vielleicht 25 Jahre kaputt geschuftet haben und nicht mehr konnten, oder Opfer einer Massenentlassung geworden sind oder ob sie mit 55 Jahren sowieso niemand mehr regulär einstellt.

    Diese gloriose Reformwerk (und ach ja, für jeden Arztbesuch soll man dann auch noch Eintritt bezahlen) wird am 3. Oktober auf den diversen Partys bei Häppchen und Champagner bestimmt gefeiert werden.

    Wir beglückwünschen die Regierung und die Wirtschaft zu diesem gloriosen Reformwerk denn nächstes Jahr werden die dann persönlich Betroffenen - die Gesetze treten am 1. April 2004 in Kraft - gemeinsam nicht nur in Kreuzberg den 1. Mai feiern!

    Deutschland 2003 - ein Land, in dem sich neokoloniale Expansionsgelüste mit sozialen "Visionen" paaren, die sogar die New-Labour-Politik eines Tony Blair alt aussehen lassen, wohin gegen sogar die konservativ neoliberale Politik einer Maggie Thatcher noch älter aussieht.....

    Regierung und parlamentarische Opposition ergänzen sich in seltener Einmütigkeit: Es war schließlich in Deutschland schon immer so, dass historische Projekte die Solidarität aller Demokraten erfordern. Die große Einheitsgewerkschaft hält die Klappe und mault höchstens an den Rändern ein wenig herum, "Nachbesserungsbedarf" ist das viel strapazierte Wort. Und schließlich sind die Führungsriegen von DGB und SPD durch jahrzehntelange Personalunion verbunden.

    Den wachsenden "Auslandsverpflichtungen" stehen wachsende "Inlandsverpflichtungen" gegenüber: Die Abschiebeknäste sind überfüllt, die berüchtigte "Deportationclass" boomt. Und die langstrapazierte Betroffenheit grün-alternativer "FlüchtlingsfreundInnen" reichte exakt bis zum Eintritt in die rot-grüne Bundesregierung im Herbst 1998.

    Wenn auch die "Menschenrechte" weiter hin strapaziert wurden, wie beim Krieg gegen Jugoslawien, nur wenige Monate nach dem Amtsantritt der rot-grünen Regierung.
    Im August 1983 sprang der Asylbewerber Kemal Altun aus Furcht vor Abschiebung in den Folterstaat Türkei aus dem sechsten Stock des Berliner Verwaltungsgerichtes in den Tod. Die damals noch "Alternative Liste" pflegte öffentlichkeitswirksam ihre Betroffenheit.

    Heute sitzen sie mit ihren grünen ParteifreunInnen mit einem Innenminister Schilly in einem Kabinett beieinander, der sich selbst als "Wächter" über die illegale Zuwanderung und Propagator immer neuer Fahndungs- und Observationsmethoden sieht. So wächst zusammen was zusammen gehört.

    Der groß gefeierte "Aufstand der Anständigen", den man ausrufen mußte, um das durch Neonazi-Überfälle auf Nichtdeutsche, Behinderte, Linke, durch Brandanschläge auf Flüchtlichsheime, sowie durch die Schändung jüdischer Mahnmale und Friedhöfe getrübte Deutschlandbild zu reparieren, erschöpfte sich schnell, nachdem Kanzler Schröder am 9. November 2000 eine Massendemonstration in Berlin, wie BBC weltweit berichtete, "anführen" durfte.

    Das lang diskutierte, angeblich sorgfältig vorbereitete NPD-Verbotsverfahren verlief nach diversen V-Mann-Affären und offensichtlich langjährigen Doppelmitgliedschaften sang- und klanglos im Sande. Neonazi-Gruppen können nach wie vor ihre Aufmärsche und Hetzkundgebungen durchführen. Die Aktivitäten der deutschen Polizei beschränken sich nach wie vor auf die Abwehr der Aktivitäten in "linker Störer".

    Auf die rechtsterroristische "Kameradschaft Süd" stieß die Polizei - zumindest wenn man diesen Angaben glauben darf - rein zufällig, als sie eine Fehdeaktion gegen einen angeblichen Aussteiger mit bekam. In den geraideten Wohnungen fanden sie große Mengen Sprengstoff. Verhaftete Nazis haben ausgesagt, dass ein Anschlag auf die Grundsteinlegungsfeier des jüdischen Gemeindezentrums verübt werden sollte. Im Zusammenhang mit den 9. November...

    Bezeichnend für die deutschen Zustände 2003 ist auch die Polizeiaktion gegen das antirassistische Grenzcamp in Köln im August diesen Jahres. Mehr als 2000 Polizeibeamte (und kein terroristischer Anschlag wurde befürchtet) umstellten das Camp, nachdem sie zuvor eine rassistische Hetzdemonstration Rechtsradikaler geschützt hatten. Den CampbewohnerInnen wurden Wasser- und Lebensmittelversorgung gekappt. Polizeiboote fischten Flüchtlinge aus dem Wasser, die schwimmend versuchten, ihrer Festnahme zu entgehen: Schließlich hatten sie gegen die ihnen aufgezwungene "Residenzpflicht" verstoßen. Ohne Rücksicht auf die im Camp anwesenden Kinder wurde Tränengas eingesetzt. Die Festgenommenen mußten sich fesseln und abfotografieren lassen. Leider gingen diese Bilder nicht wie der von Kanzler Schröder "angeführte Aufstand der Anständigen" um die Welt, sie hätten ein wesentlich zutreffenderes Bild der deutschen Zustände geboten.

    Deutsche Zustände - das heißt heutzutage im Gegensatz zu 1914 und 1939 auch, dass Expansionsgelüste und die Ausplünderung armer Länder im Bündnis mit den anderen reichen und mächtigen Staaten statt finden.

    Kampf den deutschen Zuständen kann für uns deshalb nicht heißen, aus Ablehnung deutscher Politik sich mit den Verbündeten Deutschlands zu solidarisieren oder deren Nationalfahnen auf linken Demos mit zu schleppen. Diesen Verbündeten der BRD geht es um dasselbe wie der deutschen Regierung: Durchsetzung von Profit- und Kapitalinteressen weltweit, und notfalls eben auch militärisch.

    Wir lehnen diese Art von Politik und das zu Grunde liegende Wirtschaftssystem - Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus - ab. Sowohl hier als auch weltweit.

    In diesem Sinne:
    Deutschland halt´s Maul!
    Viva la Revolution!


    Demo:
    ohne Nationalfahnen!
    Freitag, 3.10.2003
    15 Uhr Ex- BOLLE
    U1,U15 Görlitzer Bhf.
    Autonome Republik Kreuzberg

    Abschlußkundgebung am Heinrichplatz
    mit Bands und Vokü bis 22 Uhr

    ErstaufruferInnen: SternBurgBrigade, Berliner Anti- NATO- Gruppe (B.A.N.G.), BesetzerInnen der Paech- Brotfabrik (Moabit), Autonome Republik Kreuzberg, Kreuzberger Proletarische Brigade (kpb), Revolutionäre Kiffer\Rauchende KommunstInnen [rk]²