Schwarze Katze Rundbrief 10.11.02
Bunte Häuser, buntes Leben, sollte es viel öfter geben!

1.) Schwarze Katze Aktivitäten
2.) Solidarität mit Zapatistas
3.) Brauner Aufmarsch in der Iserlohnerheide

1.) Schwarze Katze Aktivitäten und neues aus dem Märkischen Kreis

Im Oktober 02 wurde damit begonnen alte Radiosendungen, O-Töne und Musikkassetten von uns zu sortieren und zu katalogisieren. Das dient dazu Sendungen von uns im mp3-Format ins Internet zu stellen. In der Vergangenheit haben wir ja Sendungen zu allen Themen der ausserparlamentarischen Opposition (Friedensbewegung, Castor-Transporte, Antifa, Antira, Anarchismus, Autonome, Schutz von Grund- und Freiheitsrechten, Protestaktionen gegen Gentechnik, Feminismus, Vorstellen von APO-Gruppen usw.) erstellt. Wenn diese Sendungen in mp3-Datenformat übertragen werden, sind sie einem grösseren Kreis von Menschen als bisher zugänglich. Kostenlos natürlich. Da das ganze ziemlich arbeitsaufwendig ist, kann das noch dauern. Kommt aber. Uns fehlt allerdings noch Technik, um das ganze in akzeptabler Qualität zu erstellen. Weil das ganze ziemlich kostenintensiv ist (werbefreier Webspeicherplatz, PC-Ausrüstung, leistungsfähiger PC, Datenträger, CD-Brenner, Mikros, Mischpult usw.), freuen wir uns über Spenden für diesen Zweck. Radio

Nazis marschierten am 14.09.02 in Iserlohn anlässlich einer NPD-Demo auf. Wir waren zusammen mit der Antifa Hemer, dem Friedensplenum und anderen an den Vorbereitungen und der Organisation der Gegenaktivitäten beteiligt. Jemand von uns hielt auf der mit 250 Teilnehmern gutbesuchten Gegendemo eine Rede. Dort klärte er über die gefährlichen nationalistischen Strukturen im Märkischen Kreis auf. Der CDU-Landtagsabgeordnete Hubert Schulte wurde während seiner Rede ausgepfiffen und ausgebuht, weil er Antifas mit Faschos gleichsetzte.

Ein längeres Interview mit Aktivisten der Antifa Hagen wurde von der Schwarzen Katze im Radio ausgestrahlt. Dort ging es u.a. um die von Gerichten als ungerechtfertigt eingestufte Einkesselung der antifaschistischen Demonstranten durch die Polizei. In der Sendung sprachen die Antifas von ihrer Kritik an Kameraüberwachung, Konsumwahn, Rasterfahndung, Kapitalismus und über überflüssige Dienste, wie den Verfassungsschutz. Die Hagener Antifas lasen ihren Aufruf zur antikapitalistischen Demo und zum Konzert am 21.09.02 in Hagen vor.

Bei dem Hagener Antifa-Fest war die Schwarze Katze mit einem Büchertisch vertreten. Das hat uns ausgesprochen gut gefallen. Coole Musik, nette Leute, eine bunte Demo gegen Kapitalismus vorher, gutes Essen und Trinken und noch einige andere interessante Infostände. Sowas sollte es öfter geben. Über 400 Menschen aller Altersgruppen besuchten das antikapitalistische Strassenfest und das Konzert, was umsonst und draussen stattfand. Bei der Demo wurden auch Redebeiträge zur Ausgrenzungspolitik der ReGIERenden und (passend vor einer Zeitarbeitsfirma) was kritisches zu Leiharbeit gehalten. Unser Fazit zu Demo und Fest: Eine runde Sache.

Wir haben Antifas aus Süddeutschland geholfen ihre Antifa-Gruppe aufzubauen. Wir gaben ihnen aufgrund unserer langjährigen Erfahrungen ausführliche Infos über Gruppendynamik, Finanzierungsmöglichkeiten, Förderung, Bündnisarbeit, Kontakt zu lokalen anarchistischen Gruppen, mögliche Aktivitäten und Tipps um in die Medien zu kommen.

Junge Leute aus Menden, Iserlohn und Hemer - auch aus dem Punk-Spektrum - haben Interesse bekommen was zu machen. Mit einigen von ihnen haben wir zusammen eine punkige Radiosendung produziert, in der es unter anderem um Kritik an christlichen Fundamentalisten ging. Weiterhin wurde den an politischer Arbeit Interessierten ein Film über die Chaostage Hannover gezeigt, wo zu sehen war, wie Polizisten selber Steine geschmissen haben. Jemand von der Schwarzen Katze berichtete von eigenen Erfahrungen mit den Hütern von Recht und Ordnung bei den Hannoveraner Chaostagen 1996, was interessiert aufgenommen wurde. Während wir den Film gesehen haben, haben wir gemeinsam Spaghetti gegessen. Zusammen essen und trinken ist auch ´ne nette Sache...

Am 05.10.02 sollte in Iserlohn die 2. "Soya Wohl nicht Demo" stattfinden. Von der Tierrechtsgruppe Iserlohn angemeldet, sollte es um das Aufzeigen von Tierquälereien gehen. Allerdings ist die Demo im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser gefallen. Durch den starken Regen fand das ganze nicht statt. Tierrechtler und Polizisten wurden klitschnass wie ´ne nasse Katze.

Am 26.10.02, dem weltweiten Aktionstag gegen den Irak-Krieg, gab es auch in Hemer eine mit ca. 30 Leuten gut besuchte Mahnwache. Dort wurde das Schwarze Katze Flugblatt Kein Blut für Öl verteilt. Der ehemalige Hemeraner Bürgermeister nahm auch eins und meinte dazu: "Der Irak-Krieg kommt!" und "Die Amis machen doch sowieso was sie wollen". Womit er leider recht hat...

Künstler und Literaten aus dem Märkischen Kreis haben sich Gedanken zum 11. September 2001 gemacht und ein Buch dazu herausgegeben. Dieses wird in unserer nächsten Radiosendung vorgestellt und Interviews mit den AutorInnen sind in der Sendung auch drin. In dem Buch wird sich kritisch mit der US-Kriegspolitik auseinandergesetzt.

Im Märkischen Friedenskreis, wo wir uns als antimilitaristische Gruppe beteiligen, wird geplant, einen offenen Brief an George Bush zu schreiben. Dort soll die unsägliche US-Kriegspolitik und die Terrorhysterie kritisiert werden. Ein Seminar zu Globalisierung wird in Kooperation mit den Gewerkschaften im Märkischen Kreis durchgeführt. Wenn der US-Angriffskrieg gegen die Menschen im Irak beginnt, sollen im Märkischen Kreis zeitgleich Protestaktionen stattfinden. Unser Slogan lautet genau wie schon beim Golfkrieg 1991: Kein Blut für Öl! Auch in Iserlohn beteiligten sich 1991 Anarchisten und Friedensbewegte an Anti-Kriegs-Aktivitäten und besetzen die Strassenkreuzung am Wichelhovenhaus. Krankenwagen wurden natürlich durchgelassen. Anfang 91 nahm die Friedensbewegung einen grossen Aufschwung und das Iserlohner Friedensplenum entstand und veranstaltete seitdem neben vielen Aktivitäten jährlich die beliebten Friedensfeste als Alternative zum militärgeprägten Schützenfest.

nazis "noch nichts gehört".


2.) Solidarität mit den Zapatistas
Bundesweite Demonstration am Sa., 16.11.2002 in Berlin


Land und Freiheit! Am 1. Januar 1994 erhoben sich weite Teile der indigenen Bevölkerung im mexikanischen Bundesstaat Chiapas gegen ihre jahrhundertelange Unterdrückung und Ausbeutung und gegen die drohende Auslöschung ihrer Kultur durch die neoliberale Politik. Organisiert in der "Zapatistischen Befreiungsarmee" EZLN nahmen sie in einem Überraschungscoup fast ein Drittel des chiapanekischen Staatsgebietes ein, besetzten Rathäuser und vertrieben Großgundbesitzer, die diesen Landstrich in alter kolonialer Tradition beherrschten. Ihr Aufschrei "Ya basta!" (dt.: "Es reicht") ging in einer Zeit um die Welt, als all zu viele schon das Märchen vom "Ende der Geschichte" geglaubt hatten und kaum jemand noch an die Möglichkeit gesellschaftlicher Veränderung glaubte. Vieles von dem, was sich heute gegen die Gestaltung der Welt durch die Reichen für die Reichen regt, findet einen Ursprung im Aufstand und den Initiativen der Zapatistas. Heute, fast neun Jahre danach, leben und kämpfen die Zapatistas politisch weiter und sehen sich aktuell einer neuen Welle paramilitärischen Terrors und militärischer Bedrohung ausgesetzt. Für uns ist es jetzt an der Zeit, unsere Unterstützung und Solidarität für ihren gerechten Kampf auszudrücken.

Für die Unterstützung der autonomen indigenen Gemeinden

Seit 1994 hält die EZLN einen einseitigen Waffenstillstand aufrecht. Seitdem versuchen die Zapatistas, mit zivilen Initiativen und politischen Aktionen eine friedliche Lösung ihrer Probleme zu erreichen. Gleichzeitig arbeiten sie am Ausbau ihrer Selbstverwaltung. Dabei verbinden sich basisdemokratische Traditionen mit linken Utopien zu etwas, das sich in unseren westlichen Begrifflichkeiten am Ehesten als eine Art Rätedemokratie beschreiben lässt. Mehrere Hundert Dörfer, organisiert in 38 autonomen Landkreisen, haben auf diese Weise gemeinschaftliche Strukturen in den Bereichen Produktion, Bildung, Gesundheit, Gleichberechtigung und politische Entscheidungsfindung entwickelt und bauen diese mit minimalen Ressourcen und unter großem persönlichen und kollektiven Einsatz weiter aus. Dabei lehnen diese "Gemeinden im Widerstand" jede staatliche Hilfe konsequent ab, arbeiten aber mit Gruppen der Zivilgesellschaft inner- und außerhalb Mexikos zusammen.

Für die sofortige Entwaffnung der paramilitärischen Gruppen

Seit 1994 sehen sich die Gemeinden im Widerstand einem brutalen Aufstandsbekämpfungsprogramm ausgesetzt. Gezielte Morde und Entführungen, willkürliche Festnahmen und Vertreibungen ganzer Dörfer gehören für die organisierten Indígenas zum bitteren Alltag. In diesem Krieg niederer Intensität spielen ein gutes Dutzend paramilitärischer Gruppen eine tragende Rolle. Häufig direkt von staatlichen Kräften aufgestellt und ausgerüstet, ist es ihre Aufgabe, die Zivilbevölkerung einzuschüchtern und zur Aufgabe ihres Kampfes zu bewegen. Nach einer relativen Entspannung im ersten Amtsjahr des neuen mexikanischen Präsidenten Vicente Fox kam es im Juli und August diesen Jahres zu einer neuen Welle von Morden und Übergriffen. Zehn Morde und die Vertreibung von mehreren tausend Menschen aus ihren Dörfern sind die traurige Bilanz der letzten Monate. Häufig sind die Namen der Mörder bekannt, sie genießen jedoch bis heute völlige Straflosigkeit.

Für die Entmilitarisierung von Chiapas

Bis heute ist Chiapas die am stärksten militarisierte Region Mexikos. Ein Drittel der gesamten Armee, über 60.000 Soldaten, ist hier in über 250 Stützpunkten stationiert, zudem starke Einheiten der Bundespolizei. Immer wieder kommt es zu Übergriffen und Menschenrechtsverletzungen. So stellen diese Kräfte eine ständige Bedrohung für die rebellischen Gemeinden dar. Im Frühjahr 2001 kam es auf Forderung der Zapatistas und durch starken Druck der Zivilgesellschaft zwar zur Räumung von sechs Militärstützpunkten, die Einheiten wurden jedoch nur in der Region umgruppiert. Im Mai und zuletzt im August und September dieses Jahres wurden jedoch wieder Verstärkungen und große Mobilisierungen von Truppen gemeldet.

Für die Umsetzung der Verträge von San Andrés

1996 kam es zu Verhandlungen zwischen der EZLN und der Regierung und beide Seiten unterzeichneten einen ersten Teilvertrag, die "Abkommen von San Andrés", die der indigenen Bevölkerung die Rechte über ihre Ländereien und eine Selbstverwaltung zugestanden. Wenn die Regierung dieses Abkommen umsetzen würde, wäre die EZLN zu weiteren Verhandlungen zu den Themen Demokratie, Wirtschaft und Frauenfrage bereit. Doch im Gegensatz zur EZLN, die in ihren autonomen Gemeinden die Verträge zu realisieren versucht, setzte die mexikanische Regierung diese niemals um. Als der neue Präsident Vicente Fox 2000 den entsprechenden Gesetzesvorschlag ins Parlament einbrachte, wurde dieser dermaßen "verwässert", dass sich viele soziale Organisationen und Menschenrechtsgruppen empörten, das Gesetz sei eine Beleidigung für die Indígenas und die gesamte Gesellschaft. Daraufhin klagten über 300 Gemeinden beim Obersten Gerichtshof Mexikos gegen dieses arrogante Gesetz - doch das Verfassungsgericht erklärte sich im September 2002 für "nicht zuständig". Jetzt sprechen das progressive Mexiko und internationale BeobachterInnen davon, dass die letzte Tür für eine friedliche Lösung des Konflikts zwischen mexikanischer Elite einerseits und der indigenen und linken Opposition andererseits zugeschlagen worden sei.

Gegen den Plan-Puebla-Panama

Der Plan-Puebla-Panama (PPP) bezeichnet ein Bündel von Projekten, mit denen die komplette Erschließung des Südostens Mexikos und Zentralamerikas für den Weltmarkt vorangetrieben werden soll. Dabei wird auf die Ausbeutung der reichen Ressourcen dieser Region abgezielt: Trinkwasser, Wasserkraft, billige Arbeitskräfte, Bodenschätze (z.B. Erdöl, Uran), die Erschließung der genetischen Vielfalt der Regenwälder für die Biotech-Industrie sowie Monokulturen und exportorientierte industrielle Landwirtschaft. Für die über Jahrhunderte gewachsenen sozialen Strukturen in den betroffenen Gebieten würde die Umsetzung dieses Plans eine totale Katastrophe bedeuten. Die Mehrheit der betroffenen Bevölkerung, v.a. die indigenen Gemeinden, werden entgegen der Verlautbarungen des Präsidenten Fox dabei von der Regierung völlig übergangen und sprechen daher von einer neuen Kolonisierung. Zudem soll im Rahmen des PPP in der Landenge von Tehuantepec (Oaxaca) eine neue, militärisch stark überwachte Grenze entstehen, um die Migration aus dem Süden in Richtung USA/Nordmexiko noch stärker zu verhindern. Viele Basisorganisationen in Mexiko, Guatemala und den benachbarten Ländern haben sich bereits gegen den PPP ausgesprochen und organisieren sich, um Widerstand zu leisten. Doch auch hier ist es wichtig, ein Auge auf diese Entwicklungen zu halten, da es nicht zuletzt europäische und deutsche Konzerne sind, die an diesen Entwicklungen teilhaben wollen.

Wir protestieren energisch gegen die Politik der mexikanischen Regierung !

* Schluss mit Rassismus, Ausbeutung, Gewalt und Mord!
* Schluss mit der neoliberalen Wirtschaftspolitik auf Kosten von Mensch und Natur!
* Solidarität mit der zapatistischen Befreiungsbewegung EZLN!

Wir rufen auf zur aktiven Teilnahme an der
bundesweiten DEMONSTRATION "Solidarität mit den Zapatistas"
am 16. November 2002 in Berlin

13 Uhr Beginn vor der Mexikanischen Botschaft, Klingelhöferstr. 3, Nähe U-Bhf Nollendorfplatz, Abschlusskundgebung am Breidscheidplatz

19 Uhr Vokü, Filme, Schlafplätze: Yorckstr. 59

21 Uhr Soli-Konzert und Party in der SFE, Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, Berlin
mit Wahre Schule (Hip Hop, Dub, spoken poetry), Tiefenrausch (Ska)
anschließend DJ Schnur (SkaHipHopLatino)
im 2.Raum: elektronische Tanzmusik DJaneS Troy, Kol-jah, temporäres projekt playmobilguerilla, Cocktaillounge

ErstunterzeichnerInnen: Gruppe B.A.S.T.A., Chiapas-Koordination-Nordwest, Gruppe Behubelni, Red Europea de Comités Oscar A. Romero (Berlin & Biberach), Lucha Amada, Fachschaft Lateinamerikanistik Uni Münster, AZ Marburg... u.v.a.

Informationen im Internet: www.gruppe-basta.de * www.chiapas.ch * www.zapapres.de * www.cafe-libertad.de *
Menschenrechtsinformationen: www.buko.info/carea


3.) Brauner Aufmarsch in der Iserlohnerheide
Schwarze Katze, 14.09.02


Für den 21.09.02 meldete die NPD MK eine Demo in Iserlohn an. Ebenfalls für den denselben Tag gab es eine antikapitalistische Demo in Hagen, angemeldet von der Antifa Hagen. Nun liegen Iserlohn und Hagen relativ nah beieinander und so wäre es ohne Probleme möglich gewesen sich von den Antifas gegenseitig zu unterstützen. Dieses lag aber nicht im Interesse vom Staatsschutz Hagen. Deswegen wurde, der Vermutung einiger Antifas zufolge, vom Staatsschutz die NPD unter Druck gesetzt, die Demo um eine Woche vorzuverlegen. Für den 14.09.02 gab es nämlich unter anderem eine grosse Attac-Demonstration in Köln, an der viele Menschen teilnahmen und so nicht nach Iserlohn kommen konnten. Für diese Vermutung spricht der offene Brief des führenden Nazis Christian Worch, der bei anderer Gelegenheit dem Iserlohner Timo Pradel vom Deutschen Kulturwerk vorwarf mit dem Staatsschutz Hagen zu kooperieren und dafür im Gegenzug vom Staatsschutz angeboten bekam, seine nationalistischen "Bildungs"-Veranstaltungen im Märkischen Kreis organisiert zu bekommen. Zusätzlich Verwirrung stiftete der Verfasssungsschutz NRW, der in seinem Zwischenbericht 2002 noch bis kurz vor der Demo den alten Demotermin und das alte Motto nannte. Nun denn, egal was wirklich hinter den Kulissen zwischen Staatsschutz/Verfasssungsschutz und NPD abgelaufen ist, für uns gab das erstmal ein Problem für die Antifa-Demo am 14.09.02 genug Leute zusammenzukriegen, was wir dennoch zusammen mit anderen schafften.

Da für uns klar war, dass von anderen Städten aufgrund des Datums kaum Unterstützung zu erwarten war (Red Community mobilisierte nach Köln), versuchten wir das beste aus der Situation zu machen und beteiligten uns an einem lokalen Bündnis und versuchten möglichst viele Sauerländer mit ins Boot zu holen. Was uns auch gelang. Gewerkschaften, Friedensplenum, Friedensgruppe Lüdenscheid, Anna - AG Antinationalismus Sauerland, Antifa Hemer, Grüne, SPD, CDU, Schwarze Katze, Iserlohn sagt Nein zu Rassismus und Gewalt und auch einige auswärtige Antifas unterstützen die Demo gegen den braunen Mob, der am 14.09. durch Iserlohnerheide marschierte. Neben den Organisationen kamen auch viele organisationsunabhängige Menschen aus unterschiedlichen Spektren nach Iserlohn (Demokraten, Alternative, Globalisierungskritiker, Autonome, Marxisten, Anarchisten).

In einigen Vorbereitungstreffen wurde erfolgreich versucht gute Redner zu besorgen, ein passendes Flugblatt/Plakat zu erstellen und möglichst viele Menschen auf die Beine zu bringen. 250 kamen schliesslich zu unserer Kundgebung, gegen die die braune äusserst mickrig wirkte. Wir haben alle zusammen ein Zeichen gesetzt, dass Toleranz und Mitmenschlichkeit mehr bedeuten als rechte Ausgrenzungsparolen.

Die Antifa-Demo fing um 11.30 Uhr am Iserlohner Platz an der Bauernkirche an. Der eindeutig beste Redebeitrag war der vom Vertreter der Antifa Hagen, der sich in seiner freien Rede vehement gegen jedes rechtes Gedankengut aussprach. Hubert Schulte von der CDU Menden-Lendringsen, ein lokaler Landtagsabgeordneter, machte sich bei den Zuhörern durch die Gleichsetzung von "Rechts- und Linksextremisten" unbeliebt. Dadurch setzte er die mordenden brandschatzenden Nazis mit den Verteidigern des friedlichen Zusammenlebens, den Antifas, gleich. Als Quittung wurde er ausgebuht und ausgepfiffen. Vielleicht auch deswegen bekam er am Wahltag sein Bundestagsdirektmandat nicht. Die andere Möglichkeit, warum er von seinen Wählern abgestraft wurde, könnte sein, dass er mit dem Nazi-Problem in seinem Wohnort Lendringsen nicht klarkommt.

Der Vertreter der Schwarzen Katze schilderte in seiner Rede die Geschichte nationalistischer Ausschreitungen in Iserlohn und rief dazu auf, sich aktiv dagegen zu stellen. Dankenswerterweise stellte die Antifa Hemer der Schwarzen Katze für diesen Redebeitrag Infos über Nazi-Aktivitäten in Iserlohn zur Verfügung. Da ein möglichst breites Antifa-Bündnis gewünscht war, hatte auch ein Vertreter der Iserlohner SPD das Wort.

Bunt und mit einigen Transparenten und schwarz-roten Fahnen ging es dann zum jüdischen Gedenkstein wo es den Abschlussredebeitrag gab. In dem Redebeitrag des Grün-Alternativen aus Menden wurde der Kampf gegen Ausgrenzung und Rassismus mit dem Kampf gegen die neoliberale kapitalistische Globalisierung verknüpft. Was auf allgemeine Zustimmung stiess. Eine andere Welt ist möglich! rief er den 250 Teilnehmern der Antifa-Demo zu.

An dem Tag gab es in Iserlohn ein Riesen-Polizeiaufgebot um die Nazi-Demo vor uns zu schützen. 400 Polizisten, auch aus dem Ruhrgebiet, schirmten den Nazi-Aufmarsch in der Iserlohnerheide vor uns ab und 50 standen bei uns rum. Warum so wenige bei uns waren, stellte sich später heraus. In Kooperation mit der Polizei änderte die NPD ihr Demokonzept: Die Nazis marschierten nicht wie ursprünglich vorgesehen vom Bahnhof Iserlohn zur Iserlohnerheide, sondern wurden unter Polizeischutz direkt mit dem Zug dahin verfrachtet. Antifas wurden von der Polizei daran gehindert mit dem Zug oder dem Bus auch dahin zu fahren. Trotzdem schafften es einige trotz Polizeischikanen ihr grundgesetzlich verbrieftes Demonstrationsrecht nahe dem Naziaufmarsch wahrzunehmen. Durch die grosse Polizeipräsens und die Polizeitaktik des Verschweigens war dies leider nur wenigen möglich. Die Informationspolitik der Polizei war im übrigen miserabel: Sie verheimlichten der Öffentlichkeit die Nazi-Route, so dass wir nur über Umwege davon erfuhren.

Wie lief nun die NPD-Demo ab? Timo Pradel forderte die Anwohner erfolglos auf, es den Polizisten gleichzutun: "Liebe Anwohnerinnen und Anwohner. Macht es wie die deutschen Polizisten - schliesst euch unserer Kundgebung an!" Dieses wurde von den Ordnungshütern, die neben den Nazis hertrotteten, nicht so gerne gehört. Pradel weiter: "Wir haben keine Kosten und Mühen gescheut, heute in Iserlohn zu marschieren". Die Polizei liess bestimmte Leute nicht zu nah an die NPD-Kundgebung ran. Dabei gabs eine interessante Begründung der Polizei: "Sie haben Gesichter, die dem linken Spektrum zugehörig sind".

Die anderen Reden gaben auch einen tiefen Aufschluss über das nationalistische Denken: "Ihr müsst deutsche Kinder zeugen!" wurden den etwa 12-16jährigen Jungnazis zugerufen. Fragt sich nur ob die älteren NPD-Kader das deutsche Frischfleisch gerne nehmen oder ob die stolzen deutschen Kiddies es untereinander treiben sollen? Wird die NPD einen "Tag der kollektiven Samenspende" ausrufen oder machen sie untereinander Gruppensex um "deutsche Kinder" zu zeugen? Wir konnten noch den Sprechchor "Blond und blöd und national" vernehmen, was zu einem Heiterkeitserfolg bei Polizei, Antifas und Anwohnern führte. Als ein NPD-Demagoge brüllte "Macht am 22. September. euer Kreuz bei der NPD!" wurde ihm entgegengerufen "Eure Kinder sind noch gar nicht wahlberechtigt!". Kinder aus der Iserlohnerheide und andere Anwohner lachten die NPDler daraufhin aus.

Braune Parolen gabs natürlich auch: "Ausländerrückführung statt Fremdeneinführung" und "Ausländer raus - Freude rein". Die Polizei schritt nicht ein. Auf einer Pappe wurde der guten alten deutschen Mark hinterhergetrauert: "DM statt Teuro". Ordentlich preussisch-deutsch marschierten die vor allem jungen NPD-Anhänger in 21 Dreierreihen. Also insgesamt nur 63 Nationalisten, die aus ganz NRW herangekarrt werden mussten. 2 von denen wurden festgenommen unter anderem wegen einem volksverhetzendem "T-Hemd" (so deutscht die NPD T-Shirts ein). Die Reaktion auf die Festnahme war folgende: "Wir bleiben solange hier stehen, bis die Kameraden freigelassen sind!". Aber nachher gings dann doch los und zwar mit folgenden bezeichnenden Worten: "Wir gehen los und laden die Polizei ein, mit uns zu marschieren". Antifas erhielten von der Polizei Platzverweise und wurden am Bahnhof Iserlohnerheide festgehalten, damit die Nationalisten ungestört marschieren konnten. Da dies in Sichtweite der Braunen geschah, konnte mensch sehen, wie sie sich über die Unterstützung durch die Polizei freuten. Bundesgrenzschutz war auf den Gleisen um ein Übertreten in "feindliches Gebiet" zu verhindern. Am heftigsten waren die Polizisten aus Erfurt: Während die Iserlohner Polizeikräfte noch freundlich zu uns waren, kam von den Erfurtern nur folgendes knappes Statement an die Antifas: "Nix sagen - nix zeigen - sonst Platzverweis!" Von diesen Polizeisprüchen liess sich aber niemand einschüchtern.

Interessant beim rechten Aufmarsch war, dass er zum grössten Teil aus ziemlich jungen Teilnehmern, vor allem Kindern und Jugendlichen bestand. Braune Hetzparolen fallen offenbar bei vielen jungen Menschen auf fruchtbaren Boden. Das zeigt uns aber auch: WIR müssen verstärkt auf jüngere Menschen zugehen und ihnen eine Alternative zu den braunen Rattenfängern bieten. Kinder und Jugendliche werden in dieser Gesellschaft meist nicht ernstgenommen. Das ist ein Fehler. Deswegen ist es für Nazis auch relativ leicht Kinder und Jugendliche zu braunen Kadern und Schlägern zu schulen. Wir sollten verstärkt auf Kiddies zugehen und mit ihnen zusammen aktiv werden, damit sie nicht Nazis in die Hände fallen. Dabei ist es auch wichtig das politische und private miteinander zu verbinden.