Schwarze Katze Rundbrief 17.04.03
Vielfach reichen schon die Katzen
für den Angriff auf die Spatzen
und man könnte die Kanonen
hin und wieder etwas schonen.

fauch
1.) Schwarze Katze Aktivitäten
2.) Freispruch für schiesswütige Cops
3.) No law, no war!
4.) Mendener Anti-Kriegsrede
5.) Fünf Finger sind noch keine Faust
6.) Was ist Krieg?
7.) Information? Illusion!
8.) Heraus zum 1. Mai!
9.) Hier könnte der Staat sparen...
10.) Medien, Manipulation und Militanz
11.) Stasi-West schnüffelt in NRW

1.) Schwarze Katze Aktivitäten

Krieg dem Krieg!

Am 15.02.03 fand ein europaweiter Aktionstag gegen den Irak-Krieg statt. Wir haben uns in Iserlohn und Menden an den Protesten beteiligt. Leute von uns verteilten dort verschiedene Flugblätter, darunter auch das Flugi der FAU Koblenz Gegen den Krieg im Irak und überall. Im Märkischen Kreis und Hagen nahmen am Aktionstag 1.900 Menschen an den Friedensdemos teil. Wir haben auch mitgeholfen Plakate für diesen Tag zu kleben. In diesen Zeiten ist Antimilitarismus ein wichtiger Schwerpunkt. Es ist gerade heute wichtig offensiv, kämpferisch und kreativ Militarismus und den dahinterstehenden patriarchalen hierarchischen und obrigkeitsstaatlichen Denkstrukturen entgegenzutreten.


Bilder der Antikriegsdemo am 15.02.03 in Iserlohn

schwarz-rote Fahne vor dem Alten Rathausplatz Iserlohn

Eine antirassistische Gruppe hat vor einen gemeinnützigen Verein zu gründen um ihre Arbeit besser zu finanzieren. Flüchtlinge aus verschiedenen Bundesländern kamen zu einem extra für sie ausgearbeiteten mehrstündigen Schwarze Katze Vortrag nach Iserlohn, in dem es um Vereinsrecht, Satzungen, Finanzierungsmöglichkeiten und Steuersparmöglichkeiten ging. Ist zwar alles ein trockenes Thema bringt aber Geld für die antirassistische Arbeit rein. Die Flüchtlinge und ihre deutschen Unterstützer waren mit den Ausführungen der beiden Referenten zufrieden.

Dankenswerterweise spendeten uns Sympies alte Bücher, die wir zur Deckung unserer Kosten verkaufen. Wir freuen uns über weitere Bücherspenden. Unsere politische Arbeit (Archivaufbau, Kosten unserer Internetseite, Vertrieb, Fahrtkosten, Radiosendungen, Videobänder, Bildungsarbeit, Porto, Veranstaltungen usw.) ist teuer, deswegen greifen wir zu dieser ungewöhnlichen Massnahme.

Wir besuchten eine Infoveranstaltung des Iserlohner Friedensplenums über Globalisierung. Die Referentin Jutta Sundermann aus Verden machte ihre Sache gut. Sie erläuterte den 30 ZuhörerInnen einfach, kompakt und prägnant die Funktionsweise und die negativen Auswirkungen kapitalistischer Globalisierung. Dabei gab sie auf Nachfrage zu, dass Attac keine antikapitalistische Organisation ist. Wenn sie den Attac-Werbeteil am Ende weggelassen hätte, wäre die Veranstaltung besser geworden. Weniger ist manchmal mehr.

Fronttranspie bei der Antimili-Demo am 15.03.03 in Münster
Wir beteiligten uns an der antimilitaristischen Demo am 15.03.03 in Münster


No war between nations!
No peace between classes!

Kein Krieg zwischen Staaten!
Kein Friede zwischen Klassen!

Kein Krieg! Klassenkampf!


2.) Schiesswütige rassistische Cops erhalten Freispruch
Klassenkampf # 26

Mit 41 Schüssen brachten vier schiesswütige Cops in New York den unbewaffneten schwarzen Amadou Diallo im Februar letzten Jahres um. Vor Gericht wurden die vier nun freigesprochen, weil sie - so das Argument des Richters - in Notwehr handelten. Die Geschworenen, vier Schwarze und acht Weiße, hatten auf unschuldig plädiert. Empört über den Freispruch versammelten sich nach der Verhandlung einige Tausend Demonstranten und forderten, dass den Polizisten erneut der Prozess gemacht wird. Sprechchöre wie "Amadou could be you" ("Du könnstest Amadou sein") rufend zogen sie durch die Straßen New Yorks.

Der New Yorker Bügermeister Giuliani, der vorletztes Jahr damit angefangen hatte, die Bürgerrechte massiv zu beschneiden und die Rechte der Polizeigewalt extrem auszudehnen, musste den Freispruch geradezu verteidigen, wenn er seine eigene Politik, den Krieg der Reichen gegen die Armen zu schützen, nicht untergraben wollte. Dem entsprechend sagte er, das Urteil sei nach einem "besonders gerechten Prozess unter sehr, sehr schwierigen Bedingungen" gefällt worden. Unter Bürgermeister Giuliani ist New York zu einer Art Vorzeigestadt in den USA geworden. Die Kriminalitäts- und Gewaltrate hat abgenommen - auf Kosten der Armen, die in Schnellverfahren massenweise im Knast landeten. Durch verstärkten Einsatz von Fußpolizisten als Ansprechpartner in den Stadtteilen, konnte den Bürgern eine scheinbare Sicherheit vorgegaukelt werden. Denn der Eindruck der Statistiken täuscht. New York ist immer noch eine tief von Klassenunterschieden zerissene Stadt, nur wurden potentielle Kriminelle an die Außenbezirke der Stadt gedrängt usw.

Auch die New Yorker Polizisten sind nicht die freundlichen Cops an der Straßenecke, sondern ein sehr gewaltbereiter und rassistischer Haufen. Schon im vergangenen Jahr wurde ein Einwanderer aus Haiti auf schwerste Weise misshandelt und erniedrigt. Aus "Spaß" führte man ihm sogar eine Klobürste anal ein, was schwerwiegende innere Verletzunge zur Folge hatte - einer der wenigen Fälle, in denen bekannt geworden ist, was hinter den geschlossenen Türen der Police Departements geschieht.

Auch der tragische Fall von Amadou Diallo zeigt, daß es nicht gelungen ist, New York zu einer lebenswerten Stadt zu machen. Der Rassismus der Polizei bedroht potentiell jeden Schwarzen, der sich auf den Straßen von New York aufhält. Der Kapitalismus benötigt die rassistische Hetze, um die Arbeiter zu spalten. So lange es Kapitalismus gibt, wird es auch schiesswütige, rassistische Bullen geben. Der Kapitalismus kann ohne Rassismus nicht auskommen.


3.) No law, no war!
Nicht das Recht verteidigen, sondern das Recht brechen!
Für eine Welt der freien Menschen in freien Vereinbarungen!

Doku der Erklärung zum Prozeß gegen jb, angeklagt wegen der Aktionen gegen die NATO-Sicherheitskonferenz 2002

Ort: Amtsgericht München, Nymphenburger Str. 16, Raum A 232/II Zeit: Donnerstag, 6.2.2003, 14 Uhr (also am Tag für der Sicherheitskonferenz 2003!!!)

Ein Gerichtsprozeß gegen den Protest zur NATO-Sicherheitskonferenz ist nur konsequent: Was Kampfjets, Generalstäbe, Kommandozentralen und Sicherheitsräte auf internationaler Ebene darstellen, sind Gerichte, Polizeiknüppel und Knäste im nationalen Rahmen. Sie dienen der Durchsetzung und Aufrechterhaltung von Ordnung. Diese Ordnung dient nicht den Menschen, sondern den Interessen derer, die diese Ordnung schaffen, verteidigen und ausbauen - oftmals selbst gefangen in den bereits lange bestehenden Sachzwängen einer herrschaftsförmigen, konkurrierend organisierten Gesellschaft. Gerichtsprozesse dienen wie der Einsatz von Militär, Polizei, Abschiebebehörden, Psychiatrie, Bau-, Jugend- und Finanzämtern, Schulen usw. der Durchsetzung von Normalität. Abweichendes Verhalten soll als falsch, illegal, schädlich oder krank denunziert und ausradiert werden. Es ist ein Irrtum, der auch in vielen Friedens- und "linken" Gruppen verbreitet ist, dass Rechtsstaat, Gesetz usw. die Menschen vor Verfolgung schützen können. Nein: Rechtsstaat und die durch ihn festgesetzte Normalität sind die Grundlage, um davon abweichendes Verhalten verfolgen, ausgrenzen, abschieben oder diffamieren zu können.

Darum ist Recht und Gesetz die Grundlage von innerer und äußerer Kriegsführung, von Polizei und Justiz sowie von Krieg! Wer nach mehr Rechtsstaat, mehr Gesetzen, einer stärkeren UNO oder einem internationalen Staatsgerichtshof schreit, fordert mehr Unterdrückung, mehr Ordnung und mehr Krieg - wenn auch dessen modern mordende Variante, den humanitären Einsatz für die Menschenrechte.

Widerstand ist notwendig. Die Spielregeln der Herrschenden zu beachten oder gar hochzuloben als zu rettendes Gut ist absurd, denn diese Spielregeln sind ja gerade dafür gemacht, die herrschende Ordnung zu sichern und selbst den Protest gegen die Herrschenden in geordnete Bahnen zu lenken. Das Demonstrationsrecht ist keine Errungenschaft, sondern der Kanal, in den Protest kontrollierbar geleitet wird. Widerständigkeit entsteht dann, wenn diese Bahnen verlassen oder subversiv genutzt werden - wenn also das Ziel ist, neue Freiräume, Handlungsmöglichkeiten und buntes Leben zu erobern. In ihnen kann kreativer Protest wachsen, aber auch utopische Elemente einer freien Gesellschaft, die den Glauben an die bessere Herrschaft, die noch demokratischere Demokratie oder die dem Menschenrecht verpflichteten KapitalbesitzerInnen abschütteln zugunsten der Idee von Selbstbestimmung und autonom-kooperativem Handeln.

Laßt Euch nicht durch die Herrschenden und ihre Spielregeln steuern. Und lasst Euch ebenso wenig durch die eigenen, herrschende Bedingungen, interne Ordnungen und Spielregeln durchsetzenden Eliten, Bündnisse, Organisationen usw. einengen oder gar benutzen. Wir wollen nicht länger die bunte Masse auf der Straße sein, die schöne Bilder fürs Fernsehen produziert, über deren Köpfe hinweg aber die Eliten politischer Bewegung und die Ausführenden der herrschenden Ordnung in Medien, Parteien usw. darum streiten, warum der Protest stattfindet. Der Protest gegen die NATO und gegen jeden Krieg ist richtig und nötig. Jeder Akt von Unterdrückung und Herrschaft ist falsch. Deutschland, jedes Finanzamt, die NATO, alle Knäste und Schulen, Polizei und Justiz, das Regime von Saddam Hussein - diese und alle anderen Herrschaftsgebilde müssen verschwinden. Jeder kleine Schritt ist wertvoll, wenn er Herrschaft verdrängt und Freiräume bzw. neue Handlungsmöglichkeiten schafft. Damit dem Widerstand eine emanzipatorische Perspektive folgt, müssen es die Menschen selbst sein in einem kreativen, gleichberechtigten Prozeß, die die Herrschaftssysteme hinwegfegen. Weder die NATO, noch die UNO noch ein internationaler Staatsgerichtshof und keine Elite politischer Bewegung ist dafür geeignet, sondern nur der selbstbestimmte Organisierungsprozeß der Menschen selbst, die Grenzen, Behörden, Gremien, Gesetze usw. als Ordnung erkennen und überwinden.

Für eine herrschaftsfreie Gesellschaft!
Gegen jede Form von Ordnung!
No law, no war!


4.) Rede vom 15.02.03 bei der Antikriegs-Demo in Menden
weitere Texte zum europaweiten Antikriegstag gibts auf unserer Sonderseite:
http://schwarze.katze.dk/termine/150203.html

Damit eins klar ist: Dies ist keine Parteiveranstaltung! Und doch! Wir ergreifen Partei!

Wir zeigen keinerlei Sympathie mit dem diktatorischen, menschenverachtenden Regime Saddam Husseins!
Und wir wollen den Menschen im Irak nicht noch größeres Elend bringen.
Den "sauberen" Krieg gibt es nicht, in dem nur Industrie und Militärs ausgeschaltet werden!
Ein Krieg würde nicht einfach nur eventuelle, womöglich gar nicht existente Massenvernichtungswaffen beseitigen!

Die Geschichten von Mr. Bush in den Medien sind einfach nur lächerlich! Die Verlierer des Krieges wären letzten Endes wieder die einfachen Männer, Frauen und Kinder im Irak. Die weiteren Folgen eines Krieges am Golf sind nicht abzusehen.

Aber wir gehen für mehr auf die Straße!
Der Krieg gegen den Irak ist nicht ein einmaliges, von anderen Faktoren losgelöstes Ereignis. In ihm kommt nicht zuletzt wieder unsere verkehrte Welt zum Ausdruck!
Eine Welt, in der man mit militärischer Gewalt Probleme lösen zu können meint!
Eine Welt, in der Interessen bestimmter Staaten oder Gruppen mehr zählen als Menschenleben.
Eine Welt, in der soziale Ungerechtigkeit und Ausbeutung an der Tagesordnung sind und schon als globale oder globalisierte Ordnung akzeptiert werden!

Wir werden mit dieser Demonstration den Krieg vielleicht nicht verhindern. Wir werden George Bush und die anderen Kriegsherren dieser Welt auch nicht sofort und mit einem Male zur Umkehr bewegen.

Aber wir werden Aufmerksamkeit erregen! Wir werden auf das große Unrecht hinweisen, das in Planung oder vielleicht schon im Gange ist. Oder genauer gesagt: Auf die Vergrößerung des Unrechts, das schon seit Jahren durch Embargos im Irak geschieht.
Wir werden dazu beitragen, die Öffentlichkeit zum Nachdenken zu bewegen, und ebenso kritisch auf den geplanten Krieg zu schauen!

Wir werden endlich etwas tun!
Wir werden aufhören, ständig nur darüber zu reden, wie schlimm Kriege doch sind.
Wir gehen auf die Straße und schreien das Problem heraus - bis es auch der Letzte hört und kapiert.

Wir wollen Ihren Krieg nicht, Mr. Bush! Auch wenn Sie mich und uns jetzt nicht direkt hören - irgendwann schon kommt Ihnen zu Ohren, was wir hier in Menden zu sagen haben, und wir haben etwas zu sagen: wir wollen Ihren Krieg nicht, Herr Präsident!

Das sagen gerade wir Jugendlichen!
Wir sind nicht die Null-Bock-Generation, an der politische Fragen undiskutiert vorbeiziehen!
Wir haben Null-Bock auf Krieg!
Wir haben Null Bock darauf, dass wieder unschuldige Menschen sterben sollen!
Wir haben Null Bock darauf, dass sich ein Mr. Bush als Befehlshaber einer Weltpolizei aufspielt, die sich das Recht nimmt, zerstörte Menschenleben als "Kollateralschäden" billigend in Kauf zu nehmen.
Wir haben Null Bock darauf, dass Deutschland diese Vorgehensweise unterstützt.

Wir machen nicht mit, Mr. President.
Wir machen nicht mit, Herr Bundeskanzler. Das "NEIN" zum Irak-Krieg muss bleiben, muss ein "NEIN" zu allen Kriegen werden. Der plötzliche Pazifismus der Regierung wirft schon einige Fragen auf. Im Kosovo und in Afghanistan war die BRD nun auch immer gut dabei.

Krieg wird niemals wahren Frieden schaffen.
Krieg kann kurzfristigen Waffenstillstand schaffen, mehr aber auch nicht.
Krieg ist Terror!

Wir machen unserem Ärger Luft.

Die Bundeswehr darf keinen Krieg führen.
Wir lassen unseren Protest nicht unterdrücken.
Wir sind in Menden, nicht in München oder Genua.

Aus vielen kleinen Feuern wird ein großes! In ganz Europa und in den USA laufen heute Proteste gegen den geplanten Irak-Krieg! Daher ist es wichtig, dass auch wir hier, im Sauerland, in Menden aufstehen!

Eine bessere Welt ist möglich!
Wir stehen endlich auf dafür und fangen an! Gegen soziale Ungerechtigkeit, gegen Unterdrückung.
Niemals akzeptieren wir Krieg als Mittel politischer Konfliktlösung!
Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren! Wir fangen gerade erst an!


5.) Fünf Finger sind noch keine Faust
Anarchistische Föderation Luxemburg

Am 15. Februar 2003 findet in Luxemburg-Stadt eine Protestdemo gegen den bevorstehenden Krieg im Irak statt.

Treffpunkt: 15 Uhr vor dem Hauptbahnhof in Luxemburg-Stadt

Aufgerufen zu dieser Demo hat ein Bündnis aus links-liberalen Gruppierungen, Parteien, Einzelpersonen, Initiativen usw. Da wir uns aber gegen eine Vereinnahmung durch die politischen Parteien, sowie deren heuchlerische Doppelmoral hinsichtlich der Themen Armee und Krieg wehren, werden wir als Anarchistische Föderation nachfolgenden Text auf der Demo verteilen.

Fünf Finger sind noch keine Faust

Es ist schön, dass alle gegen den Krieg sind. Sind wir auch. Aber Krieg, Frieden, Recht und Gerechtigkeit, das sind dehnbare grosse Worte die an den Zähnen kleben bleiben. Warum demonstrieren hier heute im Namen des Friedens dieselben Sozialdemokraten, die erst vor wenigen Jahren enthusiastisch Belgrad bombardieren liessen? Warum wird hier die Einhaltung dieses und jenes Rechts gefordert, wo das herrschende Recht doch vor allem das Recht der Herrschenden ist?

Fünf Finger sind noch keine Faust, und schlagkräftige Vielfalt sollte nicht mit Diffusität verwechselt werden. Nein zum Krieg? Und was dann? Ewiges Weihnachten, Fest der Liebe? Oder Friedenssicherung dank unserer so überaus kompetenten und friedliebenden Politiker?

Krieg ist - egal ob wir das gut oder schlecht finden - die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Die Frage nach Krieg und Frieden ist also eine fundamental politische - nicht nur moralische. Wir wollen hier zwei Aspekte nur kurz anreissen:

Einmal ist jeder Staat unserer Meinung nach eine ,,gewaltförmige« Organisation. Der moderne Staat lässt sich als Institutionalisierung und Formalisierung von Herrschaft qualifizieren, und allen Staaten , gleich welcher sonstigen Ausgestaltung, ist immer eins gemeinsam: das Gewaltmonopol, die letzte soziale Sanktionsgewalt. Ein Staat ist immer auch ein Zwangsinstrument, ein Repressionsgebilde zur Aufrechterhaltung der Verhältnisse - Verhältnisse, und damit sind nicht nur die Produktionsverhältnisse gemeint, die qür durch die Geschichte immer einen unegalitären und unfreien Charakter aufweisen. Von einem Staat einen Verzicht auf Gewalt zu fordern, wie es manche in der Friedensbewegung tun, ist unsinnig, denn Gewalt und Herrschaft ist der Urstoff, aus dem jeder Staat geformt ist. Wollt ihr Frieden, baut nicht auf den Staat - sondern reisst ihn ab! Appelliert nicht an die Politiker - werft sie raus!

Die USA bringen die Demokratie in den Irak und bekommen im Gegenzug das Oel. Zum zweiten die Frage nach internationaler Politik. Auf internationaler Ebene gibt es keine wirksame letzte Sanktionsgewalt, und keine verbindliche Zentralisierung politischer Macht. Daraus leiten verschiedene Strategen (Stichwort offensiver Realismus) die Annahme ab, dass die Machtakkumulation für einen einzelnen Staat die beste Möglichkeit bietet, seine Interessen zu wahren: Je grösser die Machtasymetrie, um so besser. Mensch darf die aktuelle US-Regierung getrost dieser Denkweise zurechnen. Nichts viel anderes beschreibt etwa auch Michael Moore in ,,Bowling for Colombine«, wenn er die Gewalttätigkeit der Amerikaner auf ihre Sicherheitsbewahrungs-Paranoia zurückführt.

Es geht dabei auch im internationalen Kontext nicht immer nur um Öl, auch wenn Ressourcen sicherlich eine grosse Rolle spielen. Andere - darunter so manche Friedensbewegte - wollen angesichts dieser Situation das Primat der Verrechtlichung internationaler Beziehung durchsetzen, und beten uns immer wieder Völkerrechte und andere Verträge vor. Wir denken aber nicht nur, dass Recht und Gerechtigkeit zwei verschiedene Paar Schuhe sind; wir wollen auch nicht die Führer der Nationen endlich zur ,,Vernunft« bringen - was auch immer das sein soll - sondern wir wollen weder Führer noch Nationen. Die vorherrschenden Ideen über Internationale Politik basieren letztlich auch nur auf dem halluzinierten Konstrukt der ,,Nation«, behandeln auf der internationalen Ebene Staaten oder ,,Völker« wie Einheiten, wie Menschen. In Wirklichkeit geht es aber doch immer nur um die individuellen und wirklichen Menschen. Was wir wollen ist nicht diese oder jenes internationale Regime, sondern eine Perspektive die die Lösung politischer und sozialer Probleme überhaupt nicht mehr in Abhängigkeit vom Nationenkonstrukt definiert - oder nur noch insofern als sie eben zwecks Problemlösung diese Nation zu überwinden sucht!

Wir sind keine weltfremden Utopisten. Aber wir wollen dass den Menschen klar wird, in was für einer Gesellschaft sie leben, und was Freiheit ausmacht. Was wir an dieser Stelle deutlich zu machen versuchen, ist, dass alles Gerede von Friede, Freiheit und Gerechtigkeit solange für uns sinnlos bleibt, wie es innerhalb nationaler und staatlicher Begriffe und Parameter geschieht. Dass wir dies hier schreiben, kommt nicht etwa daher weil wir blöd rumindoktrinieren wollen, sondern weil es uns zutiefst anekelt wenn heute Chirac, Schröder oder ihre luxemburgischen Sprösslinge sich als Pazifisten profilieren. Weil es uns besorgt, wenn emanzipatorische Inhalte verschwinden zugunsten eines unerkennbaren Brei von schwammigem Legalismus und pseudokantianischem Vernunftappell, manchmal mit reaktionären und platten antiamerikanischen Ressentiments im Windschatten.

Und: die Irakkrise wird gehypt. Da gibt's einen waffengeilen Despoten und einen Cowboy mit lockerem Colt, die beide nicht so gerne miteinander spielen. So what? Es ist nicht der erste und wohl auch nicht der letzte Krieg dieser Art. Und auch wenn diesmal die ,,Diplomatie« siegen würde, es würde sich kein Deut ändern an der alltäglichen Herrschaft und Ausbeutung. Und auch nicht an den restlichen zahlreichen brutalen Kriegen in aller Welt, gegen die hier noch nie eine Demonstration stattgefunden hat und gegen die noch kein Sozialdemokrat sich profiliert hat.

Gegen den faulen Frieden der Politiker setzen wir die allgemeine Idee einer herrschaftsfreien Gesellschaft jenseits der autoritären staatlichen Struktur und des ökonomischen Warenverhältnisses. Wir zeichnen hier nicht das Bild einer idealen Utopie, sondern nur das Leitmotiv, nach dem wir den alltäglichen Kampf bestimmen. Denn - frei nach Ulrike Meinhof: Freiheit ist letztlich nur im Kampf um Befreiung möglich!

Fédération Anarchiste (Lux)


6.) Was ist Krieg?
Redebeitrag auf der Giessener Friedensdemo am 03.04.03

Was ist Krieg?
Wer führt ihn an, wer stachelt ihn an, wer hat welche Interessen am Krieg?

Ich möchte etwas sagen dazu, was hinter dem Morden, hinter den Zerstörungen und den vielen Lügen steht, die damit verbunden sind. Denn Krieg kommt nicht von irgendwo, ist kein Naturereignis und erst recht keine plötzliche Katastrophe, die über die Menschen hereinschwappt. Sondern Krieg braucht Bedingungen - und die werden systematisch hergestellt.

Krieg findet nicht zwischen Menschen statt, sondern immer zwischen Nationen oder Völkern. Die bestehen zwar aus Menschen, aber das Typische an ihnen ist gerade, dass der Mensch als Individuum untergeht in der kollektiven Einheitlichkeit der Nation oder des Volkes. Nation und Volk aber brauchen der Herrschaft, um sich überhaupt zu konstituieren. Niemals käme der Mensch aus Konstanz von selbst auf die Idee, ein Volk oder eine Nation mit den Menschen aus Flensburg zu sein, während seine Nachbarin in Bregenz ein anderes Volk, eines anderen Fleisch und Blut ist. Volk und Nation sind die Folge von gleichschaltender Identitätsbildung. Mensch ist nicht Deutscher, Amerikaner oder Iraker, sondern er wird dazu gemacht. Volk und Nation entstehen durch die, die für das Volk sprechen - und durch die Diskurse, die ständig überall reproduzierte Meinung, dass es ein Volk, eine Nation, eben eine kollektive Einheit gäbe. Es ist nicht möglich, dass sich die Menschen aus Flensburg und Konstanz, aus Aachen und Cottbus selbstorganisiert zu einer Einheit zusammentun - das bedarf der Steuerung, der Erzeugung des Gefühls von Zugehörigkeit und Einheitlichkeit.

Volk und Nation entstehen in den Medien, in den Schulbüchern, in der Erziehung, in den Gesetzen und der Realität von Kontrolle und Repression, in alltäglichen Handlungen und Gesprächen. Ohne Herrschaft, sei die personale der Regierungen und Institutionen oder die informelle der Diskurse, Werte und Normen, gäbe es Volk und Nation nicht.

Kriege bedürfen des Volkes bzw. der Nation. Wer Menschen auf Zugehörigkeit, auf Identität zu einem grossen Ganzen trimmt, grenzt andere wiederum aus. Wir und Ihr sind die Pole des Denkens von Nation und Volk. Daraus entstehen die Konflikte, die Interessen derer, die im Namen von Volk und Nation reden - und die dann jeden Konflikt um Interessen zu einem zwischen Völkern und Nationen machen. Insofern handeln Volk und Führung kollektiv. Sie sind identisch, weil es ein Volk ohne Führer nicht gibt. Und Führer ohne Volk ebenso nicht. Nur die Menschen werden nicht gefragt, sind aber Teil des Ganzen, weil sie nicht begreifen, dass sie eingefügt sind in das System von Volk und Nation - und das sie selbst zum Bestandteil desssen geworden sind, was Volk und Nation bildet. Sie haben das verloren, was Menschen auszeichnen - ihre Autonomie.

Der Blick auf den Irak-Krieg zeigt das alles sehr deutlich. Vor wenigen Tagen hat das US-Repräsentantenhaus den Aufruf zu einem Gebetstag verabschiedet. Darin soll das amerikanische Volk beten für die Krieger in der Wüste, die zum Wohle eben des Volkes dort kämpfen. So entsteht Identität, Bushs Reden und die vieler amerikanischer PolitikerInnen, Medien, religiöser FührerInnen organisieren das Volk, das sie als ihren Legitimation wiederum brauchen.

Kein Stück anders auf der anderen Seite: Husseins Parolen triefen vor völkischem und nationalem Stolz. Und selbst wo ein solch widerliches Regime wie das im Irak die Bevölkerung knechtet und schikaniert, gelingt es ihr, den Diskurs des einen Volkes aufrechtzuerhalten. Die Amerikaner und Briten spüren es in der Wüste, wie gut auch auf der anderen Seite die geistige Gleichschaltung funktioniert.

Wer den Blick abwendet vom aktuell wahrgenommenen Konflikt im Irak, bemerkt die Übereinstimmungen mit den Konflikten überall in der Welt. Da kämpfen Menschen gegen Menschen, aber die einen fühlen sich als Russen, die anderen als Tscheschenen. Was eigentlich der Unterschied ist, wird keiner genau sagen können, aber es reicht, um das Wir und Ihr so stark zu konstruieren, dass aufeinander geschossen wird.

Wenn Nord- und Südkorea aufeinander treffen oder Israel und Palästina, so sind es immer Menschen, die handeln. Aber sie handeln eben nicht als Menschen, sondern als Teil des Kollektivs, ihrer Nation, ihres Volkes. Dabei stört es nicht, dass die Herrschenden immer wieder Menschen, die eben noch zum Volk gehörten, selbst abschlachten, einsperren, vertreiben, verfolgen. Die Ausmerzung des Abtrünnigen gehört zu Logik des Völkischen und des Nationalen.

Ganz bemerkenswert ist die Debatte in Europa und vor allem in Deutschland. Nein - mitgeschossen wird direkt nicht. Aber die Logik der Debatte ist dieselbe. Wo Bush, Hussein und Co. das Volk erst mit konstruieren und dann lenken mit ihren Wir- und Ihr-Bildungen, handeln Deutsche und Europafans ebenso. Im Schatten der völkischen Krieg entsteht das Gespenst der Nation Europa - ein durchaus meist von Rechten besetzter Begriff, der sich herauswagt, der geformt wird und zum kollektiven Gedankengut wird einer immer mehr gleichgeschalteten Masse von Menschen. Ich zitiere: "Heute ... erleben wir die Entstehung einer europäischen Nation.

Auf ein und demselben Kontinent, an ein und demselben Tag und für ein und dieselbe Sache haben sich die Völker gegen den Krieg erhoben." Das schreibt nicht die NPD, sondern der als linker Sozialdemokrat geltende und bei den sogenannten GlobalisierungsgegnerInnen hochgejubelte französische Ex-Minister Strauss-Kahn - und zwar in der Frankfurter Rundschau. Das Blatt ist ohnehin zur Speerspitze europa-nationalistischer Propaganda geworden. Die offensive Sympathie für die staatstreue bis völkische überwiegende Mehrheit der Friedensbewegung und ihrer gleichgeschalteten Aktionen wird seit einigen Tagen sogar gekoppelt mit offen militaristischen Positionen, dem Wahn eines hochgerüsteten und damit den USA Paroli bietenden Europa. Noch ein Zitat aus dem euro-nationalistisch-militaristischen Kampfblatt FR, in dem deutlich wird, dass es tatsächlich um eine Nation Europa geht, in dem die anderen den Krieg kritisierenden Nationen als das Ihr, das Fremde definiert werden:

"Es gibt keine euro-asiatische Wertegemeinschaft von Paris bis Peking. Infolgedessen gibt es keine Alternative zu den Bemühungen, die EU zu einer politischen Union auszubauen, mit einer eigenen Sicherheits- und Verteidigungspolitik".

Doch es geht noch weiter. Die Muster der Einheitsbildung, des Kollektiven, des "Wir" sowie die daraus abgeleitete Ausgrenzung des Anderen, Fremden und eben dann oft Feindlichen findet sich nicht nur zwischen Völker und Nationen, sondern auch auf allen anderen Ebenen der Gesellschaft. Wo sich Clans, Gruppen, Vereine, Parteien, Familien usw. streiten bis bekämpfen, da sind es meist nicht die Menschen, sondern die Kollektive die handeln. Sie handeln gegen das Andere, ohne die Menschen dort zu kennen. Die Muster interner gesellschaftlicher Herrschaft sind so ähnlich der der internationalen Konflikte.

(abwertende Äusserungen und Gesten aus Teilen des Publikums)

Und darum will ich auch bei dem, was ich an Veränderungen und Forderungen für nötig halte, nicht zwischen den verschiedenen Ebenen trennen.

- Weder Bush noch Hussein, sondern überhaupt keine Führer!
- Weder USA noch EU, sondern überhaupt keine Weltmächte!
- Weder Nationen noch UNO, sondern eine Welt ohne Institutionen der Macht!
- Weder die eine noch die andere Partei an der Regierung, sondern keine Regierung!

(Raunen und abwertende Äusserungen im Publikum, Aufforderung des Moderators, zum Schluss zu kommen)

- Weder den einen noch den anderen Bürgermeister für Giessen, sondern keinen!

- Weder Schulleiter noch Vorsitzende noch Knastaufseher noch Polizei noch Familienoberhäupter, sondern eine Welt ohne Herrschaft, der freien Menschen in freien Vereinbarungen!


7.) Information? Illusion!
Imun Bochum

Keiner von uns würde sich gerne als leichtgläubig, naiv oder blauäugig bezeichnen lassen. Wir sind freie Menschen in einem freien Land mit freier Meinungsbildung und freier Presse. Jeder darf seine Meinung äußern und veröffentlichen, es gibt ein Versammlungsrecht und wir dürfen die Leute, die unsere Geschicke lenken, selber wählen.
Demokratie lautet das Zauberwort und Demokratie dient der Freiheit, der Wahrheit und den Menschenrechten - sie ist die Herrschaft aller. Leider ist davon in der Realität nichts zu sehen. In einer Demokratie sollte unsere Stimme einen direkten Einfluss auf die wichtigen Entscheidungen haben, die die Gemeinschaft betreffen. Wichtige Entscheidungen werden aber in der heutigen Zeit maßgeblich auf wirtschaftlicher Ebene getroffen. Auf die Wirtschaft haben wir mit unserer Stimme allerdings keinerlei Einfluss. Keiner von uns hat Einfluss auf das, was in den eleganten Räumen der Macht besprochen wird und die Politiker, die wir wählen, gehören nach erfolgreicher Wahl zu der Elite der eleganten Räume dazu - und werden sich somit nie wieder darum kümmern, der Wirtschaft zugunsten der Menschen auf die Finger zu klopfen. Im heutigen Turbokapitalismus nimmt sich jeder, was er kriegen kann und hat er einmal ein Stückchen der Macht, wird er es nie wieder abgeben. Wie können wir so naiv sein, Politiker für asketische Idealisten zu halten, die sich nicht von den Vorteilen verführen lassen? Sie alle reden der Wirtschaft nach dem Mund und handeln genauso nach privaten Profit- und Machtinteressen.

Das ist alles nichts Neues? Nun, warum glauben die Menschen dann noch ernsthaft, in einer freien, demokratischen Welt zu leben? Warum glauben sie noch daran, dass die Demokratie noch funktioniert? Denn sie tun es, andernfalls müsste es doch schon längst große Aufstände gegen die Zerstörung der Demokratie und gegen Konzernherrschaft und Profit-Diktatur geben.

Weil der Glauben an die Demokratie durch das aufgehalten wird, was man den "Konsens" nennt. Und dieser Konsens ist nicht natürlich, er wird gemacht. Er ist ein Produkt der Medien, der Zeitung auf ihrem Frühstückstisch, den Nachrichten vor ihrem Sessel und den ganzen bunten Bildern und Slogans um uns herum. Wirkliche Meinungsfreiheit gibt es nicht, denn die Konstruktion von Konsens fängt bei dem an, was nicht gesagt wird.
Jede politische Glosse, jedes Politmagazin und jeder noch so hochbrisante Politthriller haben alle einen Grundkonsens - Kapitalismus als selbstverständliches, gutes Prinzip und die westlichen Mächte als Hüter von Moral und Humanität.
In der Realität leben wir in einer Welt der Konzernherrschaft, in der Profit an oberster Stelle steht, die Politiker vor der Wirtschaft den Bückling machen und jede fundamentale Kritik am System unterdrückt und kriminalisiert wird. Dabei ist es doch logisch, dass eine Gesellschaft, in der Profit und Wettbewerb schon von der Schule an jedem als oberste Ziele eingeprägt und in der Moral, Solidarität oder gegenseitige Hilfe als weinerliche Träumerei verlacht werden - dass eine solche Gesellschaft niemals etwas wirklich freies oder menschliches hervorbringen kann, weil sie gar nicht darauf angelegt ist.

Damit wir diese profitgeile, turbokapitalistische Gesellschaft dennoch als freie Welt der glücklichen Individuen betrachten, erschaffen die Medien und Meinungsmacher jeder Richtung und Qualität einen Konsens, der zwar pluralistisch und vielfältig erscheint, aber jede fundamentale Kritik an der Systematik ausgrenzt, totschweigt oder kriminalisiert.

- Die Spendenaffäre wurde als Skandal verkauft. Die einen forderten harte Sanktionen, die anderen stellten die Töter als Opfer dar. In jedem Fall blieb sie ein Skandal, was ja impliziert, dass das System an sich gut ist und die Affäre nur eine Ausnahme. Dabei war sie doch wohl eher ein kleiner Einblick in das, was das System erschafft und nicht, was eine Ausnahme ist.

- Kriege werden als humanitäre Einsätze verkauft. Zivile Opfer sind Kolateralschäden und keiner darf die elementaren Fragen nach den Ursachen stellen, als wäre nach Beginn eines Krieges die Frage nach den Kausalitäten ein heiliger Gral. Wer sich aber näher mit Vietnam, Golfkrieg oder Kosovo beschäftigt, wird sehen, dass die Nachrichten besser als jedes Kino-Drehbuch sind. Die zivilen Opfer, abgewiesenen Flüchtlinge oder Krebsopfer Hiroshimas können von ihren Rollen in diesem Drehbuch kaum noch erzählen. Das bleibt den weltmächtigen Regisseuren überlassen, die wohl kaum einen Film ohne hohe Gewinnspanne drehen.

- Nazi-Aufmärsche sind in diesem Land immer noch erlaubt. Antifaschistische Demos dagegen werden regelmäßig verboten. In der Nachrichtensprache sind das Ganze dann "Zusammenstöße zwischen Rechts- und Linksextremen", beide Gruppen werden als Außenseiter, als wilde Horden präsentiert. Wie pervers muß eigentlich ein Konsens sein, indem es als "extrem" betrachtet wird, gegen Neonazis auf die Straße zu gehen, die einen Völkermord feiern?

- Die großen transnationalen Konzerne begehen tagtäglich offensichtliche Verbrechen an Mensch, Tier und Natur. Sie treiben die Ausbeutung von ArbeiterInnen in den sogenannten Entwicklungsländern voran, zerstören Lebensgrundlagen und Existenzen, fördern Niedriglohnsektoren und Lohnsklaverei und trotzdem gelingt es ihnen immer wieder, sich als die vernünftigen, weisen Lenker einer freien Welt zu präsentieren. Sie sind die Speerspitze eines Kapitalismus, den immer noch jeder für richtig hält, selbst wenn noch soviele Firmen fusioniert, noch soviele Leute abhängig und arbeitslos, noch so viele Lebensgrundlagen von uns allen zerstört wurden.

Jeder, der sich gegen all das auflehnt - theoretisch wie praktisch- gilt als Chaot, als Träumer, als Wilder oder als Terrorist. Jeder, der sich dagegen auflehnt, gilt als extrem. Dabei bleibt die Frage - ist es wirklich extrem, Menschenrechte oder Naturschutz über den Profit zu stellen? Ist es extrem, Wohnraum und Versorgung für alle anstatt weiterer Einkaufszentren und astronomischer Gewinne für wenige zu fordern? Ist es extrem, Mitsprache aller zu fordern, wie es eigentlich unsere Verfassung gewähren sollte? Ist es extrem, für nachfolgende Generationen wenigstens noch den Rest der Welt zu retten, der noch nicht vernichtet wurde? Und ist es extrem zu behaupten, dass bei genauem Hinsehen all das nur funktionieren kann, wenn Profit NICHT die treibende Kraft einer Gesellschaft ist?

Für den Konsens - erschaffen durch Medien, Politik und Teile des Bildungssystems - ist das extrem. Wer ihn schluckt, hat's leicht. Wer ihn hinterfragt, sieht ein Netz aus Lügen und Unvernunft, Gier und Egoismus.

Geistige Selbstverteidigung.
Fragen stellen.
Gegenentwürfe aufzeigen.
Anders leben.

Wir tun's.
Machen sie mit?


8.) Aufruf zum "Vorabend der Revolution"

Es gibt nur eine Lösung: Kapitalismus abschaffen!
Jede Revolution hat ihren Vorabend.
"Du musst raus - Du musst die Welt retten!" [Die Sterne]

Heraus zum revolutionären 1. Mai! - Auch in diesem Jahr werden wieder Millionen von Menschen auf die Straße gehen, um ihre Ablehnung der herrschenden Verhältnisse kund zu tun. Dabei reicht die Bandbreite dessen, was als Alternative propagiert wird, von "Arbeit für alle!" über "Umverteilen!" bis hin zur "Revolution!" Wir werden uns in Düsseldorf am Vorabend des 1. Mai mit einer linksradikalen Demonstration in die Debatte einschalten. Denn es gibt nur eine Lösung: Kapitalismus abschaffen!

Die verschärften politischen und ökonomischen Bedingungen bestimmen derzeit den Alltag: Zunehmender Stress auf der Arbeit, Kürzungen im Sozialbereich, Unternehmenspleiten und massenhafte Kündigungen oder die Einführung von Studiengebühren. Gesellschaftliche Gruppen, die nicht in den Mainstream passen erfahren zunehmende Repression, Überwachung und Kontrolle. Zur Not schiebt man sie einfach ab: Die einen werden aus den Innenstädten vertrieben, die anderen brutal außer Landes verbracht.

Die offensichtlichsten Symptome dieser Entwicklung gelten als hinzunehmende Nebeneffekte "notwendiger Reformen des Sozialstaates" um Deutschland auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu machen. Dafür sollen alle "den Gürtel enger schnallen"!?

"Das ist soziale Marktwirtschaft langweilig wird sie nie..."[Blumfeld]

Die herrschende kapitalistische Ordnung beruht auf der Aneignung fremder Arbeitskraft zur Herstellung von Waren. Welche Waren wie und warum erzeugt werden, ist zunächst einmal gleichgültig. Für diejenigen, die das zur Produktion notwendige Kapital zur Verfügung stellen, ist lediglich interessant, dass sich die erzeugten Waren mit Gewinn verkaufen lassen. Dass dazu permanent neue Absatzmärkte erschlossen werden müssen, liegt auf der Hand. Diese Absatzmärkte können sowohl durch friedliche oder militärische Expansion erobert werden - aber auch durch künstlich geweckte Bedürfnisse geschaffen werden. Ob dabei die realen Bedürfnisse aller Menschen gedeckt werden, spielt innerhalb der kapitalistischen Logik keine Rolle. Kapitalistische Produktion ist ohne Ausbeutung und Unterdrückung nicht zu machen, und auch nicht ohne die daraus resultierenden Folgen wie Armut und Not. Im Kapitalismus reicht die Freiheit des Einzelnen nur so weit, wie er seine Bedürfnisse in Nachfrage und Kaufkraft übersetzen kann. Dieser Logik des Marktes entsprechend sind derzeit immer mehr gesellschaftliche Bereiche einer Umstrukturierung unterworfen. Soziale Leistungen, Gesundheitsfürsorge oder freie Bildung werden als ‚Markthemmnisse' angesehen und radikal zusammengestrichen: Wer Arbeitslosengeld bekommt, soll zukünftig zu Arbeitseinsätzen bei Niedrigstlöhnen gezwungen werden können, Krankenversicherungen werden in absehbarer Zeit nur noch für jene erschwinglich sein, die nachweisen können, dass sie bestimmte Leistungen zum Erhalt ihrer Gesundheit erbringen, und die schrittweise Einführung von Studiengebühren zeigt deutlich, dass auch Bildung schon immer eine Ware war, die zukünftig nur noch für jene zugänglich sein wird, die sie sich leisten können.

"War - what is it good for?"[Frankie goes to Hollywood]

Um einen möglichst reibungslosen Ablauf dieser Prozesse zu gewährleisten, den Einhalt der Geschäftsordnung' zu garantieren, ist der Einsatz von Gewalt das Mittel zum Zweck. Nach außen ist Gewalt erforderlich, um die Expansion des Marktes und den Zugang zu Ressourcen zu gewährleisten. Die Aggression nach außen findet ihren extremsten Ausdruck im Krieg. Bei dem derzeitigen "Krieg gegen den Terror" geht es allen Beteiligten, ganz gleich, ob sie mitmischen oder sich zeitweise in Zurückhaltung üben, einerseits um die Sicherung des Zugriffs auf die Ressourcen des Weltmarkts, vor allem so sensibler Ressourcen wie Energie (Erdöl).

Andererseits aber geht es um die Kontrolle der Märkte und die Durchsetzung politischer Hegemonie. Da sich aber Kriege zur Durchsetzung reiner Kapitalinteressen der Zivilgesellschaft schlecht verkaufen lassen, wird unter der Flagge des Humanismus in die Schlacht gezogen: Man interveniert für die Erhaltung, wahlweise für die Durchsetzung von Demokratie und Menschenrechten, und um diese zu garantieren, werden gleich halbe Armeen dauerhaft stationiert. Innerhalb des kapitalistischen Systems dienen Kriege einerseits der Modernisierung der Produktion, andererseits dazu, durch Expansion die kapitalistische Produktionsweise und die dazugehörige politische Ordnung in "neuen" Regionen der Welt durchzusetzen. Dabei erreicht der Krieg als politisches Mittel derzeit neue Qualität: Seit den Neunzigern wird diese Funktion auch offen diskutiert: Lokal in den verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundeswehr, die als Ziel " die Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Rohstoffen und Märkten in aller Welt" formulieren. Und global durch eine Neudefinition von Präventivkriegen unter dem Label "Kampf gegen den Terror". Alles deutet darauf hin, dass Kriege zum Dauerzustand werden, zur allerorts präsenten Kontrollmethode.

"Zivicops, Kameras und Lauschangriff das macht Ihr sicher nicht für mich, denn ich brauch das nicht!"[ Fettes Brot]

Auch im Inneren findet eine Aufrüstung von Überwachungs- und Kontrollmethoden statt. Da die derzeitige ökonomische Entwicklung die sozialen Gegensätze immer mehr verschärft, müssen Wege gefunden werden, vorhandenes Konfliktpotenzial unter Kontrolle zu halten. Dies geschieht zum einen durch Repression gegenüber sozial marginalisierten Gruppen wie Armen/Wohnungslosen und MigrantInnen, zum anderen durch die Durchsetzung einer kulturellen Hegemonie der Anpassung an die Norm. Marginalisierte werden als "Sozial-" wahlweise als "Asylschmarotzer" diskriminiert und damit zu einer Bedrohung ‚der Gesellschaft' stilisiert, die durch den Ausbau des Überwachungs- und Kontrollinstrumentariums bekämpft werden müsse: Videoüberwachung und Sicherheitsdienste in den Bahnhöfen und Innenstädten, die die Vertreibung der Armen garantieren, Aufrüstung an den Außengrenzen, repressive Ausländergesetzgebung und rigide Abschiebepraxis, die dafür sorgen, dass sich nur diejenigen MigrantInnen hier aufhalten, aus deren Anwesenheit man einen ökonomischen Nutzen ziehen kann. Auch in Schilys Sicherheitspaketen geht es in erster Linie um MigrantInnen, die man als BotschafterInnen des Terrors identifiziert haben will. Darüber hinaus aber sollen die dort festgelegten Maßnahmen die Überwachung aller ermöglichen, die in irgendeiner Form von der gesellschaftlichen Norm abweichen, die Möglichkeit zum Widerstand soll so weit es geht unterbunden werden. Das Wesentliche des Innere-Sicherheits-Diskurses ist jedoch, das er von breiten Schichten der Bevölkerung getragen und damit die Durchsetzung der Norm garantiert wird: Wer meint, nichts zu verbergen zu haben, braucht auch die Kontrolle nicht zu fürchten.

"Get up, stand up. Stand up for your rights"[Bob Marley]

Grund genug dagegen zu sein, gibt es allemal! Eben drum stellt sich die Frage, warum die herrschende ökonomische und politische Ordnung auf einem breiten Konsens ruhen kann. Die vermeintliche Alternativlosigkeit zum Bestehenden ist so weit verinnerlicht, dass Widerstand gegen die Verhältnisse nicht nur sinnlos, sondern gar undenkbar erscheint. Die Existenz des kapitalistischen Systems wird mit seiner gesellschaftlichen Ausformung als quasi natürlich angenommen. So findet eine der zentralen Forderungen am 1. Mai stets in der Parole "Arbeit für alle" ihren Ausdruck, weil ein Leben ohne den Zwang, seine Arbeitskraft auch noch zu den miesesten Bedingungen verkaufen zu müssen, nur schwer vorstellbar ist.

Solange man innerhalb dieses Systems, das beständig mehr und mehr Elend produziert, wenigstens noch zu denen gehört, die ökonomisch verwertbar sind, wird darum gekämpft, diese Position zu halten. Da der Spielraum hierfür jedoch immer enger wird, ist Anpassung an die kontinuierlich sich verschlechternden Gegebenheiten das Gebot der Stunde. Die Identifikation mit ‚dem Standort', der sich gegen andere durchsetzen muss, mit ‚den Deutschen', die sich gegen die ‚Wirtschaftsflüchtlinge' behaupten müssen, mit den ‚Fleißigen', denen die Schmarotzer auf der Tasche liegen, ist ein Reflex, der davor bewahrt, sich die grundsätzliche Frage nach der Funktionsweise des bestehenden Systems und der eigenen Rolle stellen zu müssen.

"Ich hab Flugzeuge in meinem Bauch" [Herbert Grönemeyer]

- Kapitalismuskritik verkehrt

Dennoch wäre es falsch zu behaupten, dass sich keinerlei Widerstand formiert. Jedoch arbeitet sich dieser oftmals allein an Symptomen ab, ohne nach der Wurzel des Übels zu suchen. Der sinnvolle Protest gegen die Erhebung von Studiengebühren greift beispielsweise zu kurz, wenn er sich mit einem Teilerfolg zufrieden gibt, der an dem grundsätzlichen Problem, dass Bildung zur Ware wird, nichts ändern will. Auch wenn im größeren Rahmen die ökonomischen Verhältnisse im Weltmaßstab thematisiert werden, bewegt sich Kapitalismuskritik häufig nur an der Oberfläche. Die Auswirkungen des ‚entfesselten globalen Kapitalismus' durch Tobinsteuer und Rückbesinnung auf die Errungenschaften des Wohlfahrtsstaats der siebziger Jahre bändigen zu wollen, geht auf die irrige Annahme zurück, so etwas wie ein gerechter Kapitalismus sei möglich. Den vorhandenen Reichtum durch Umverteilung gerechter verteilen zu wollen, blendet all jene Barbarei aus, die für sein Zustandekommen notwendig ist.

Der zum Teil positive Bezug auf den Nationalstaat, der den Einzelnen vor den Folgen der ‚Globalisierung' beschützen soll, verkennt zudem, dass es historisch betrachtet die zentrale Funktion des bürgerlichen Nationalstaates war und ist, die politischen Voraussetzungen für die kapitalistische Produktion zu schaffen und die Instrumentarien zu ihrer Aufrechterhaltung bereitzustellen. Sich mit der Forderung um Abhilfe an den Staat und seine jeweiligen Repräsentanten zu wenden, ist der Versuch den Teufel mit dem Belzebub austreiben zu wollen.

"Hin und her und hin und her gerissen, zwischen Verstehen wollen und Handeln müssen"[Blumfeld]

Es ist nach wie vor richtig, die Widerwärtigkeiten, die die bestehende Ordnung hervorbringt, konkret zu benennen und zu kritisieren. Dabei zu verharren macht jedoch keinen Sinn, birgt sogar im Zweifelsfalle die Gefahr, durch Vereinfachung komplexer Sachverhalte reaktionären und faschistischen Erklärungsmustern die Tür zu öffnen.

Punktsiege in einzelnen Bereichen zu erzielen, zum Beispiel eine Abschiebung zu blockieren oder gemeinsam den Rauswurf einer Kollegin zu verhindern ist gut und richtig. Die Abschaffung der kapitalistischen Gesellschaftsform bleibt aber nach wie vor die Voraussetzung für ein Leben jenseits der Verwertungslogik, des Profitdenkens und der Herrschaft des Menschen über den Menschen. Aufgabe linksradikaler Kritik ist es darum, stets das Abstrakte im Konkreten zu benennen, die konkreten Übel in Bezug zu setzen zu der Funktionsweise des Systems, das sie hervorbringt. Und weiterhin auf der Notwendigkeit der Umwälzung der herrschenden Verhältnisse zu beharren!

In der Frage "Sozialismus oder Barbarei" sind nach wie vor beide Optionen offen - entscheiden wir uns für die Richtige! Deshalb: Den Widerstand organisieren! Kapitalismus abschaffen! Kommt zur linksradikalen Demonstration am 30. April 18 Uhr Oberbilker-Markt in Düsseldorf. Jede Revolution hat ihren Vorabend!

AufruferInnen: Antifa-KOK Düsseldorf, Café Bunte Bilder (Düsseldorf), MSB (Düsseldorf), Freie ArbeiterInnen Union Düsseldorf/AnarchosyndikalistInnen, Antifa Hemer


Aufruf der FAU Düsseldorf:
Heraus zum Vorabend der Revolution
und zum revolutionären 1. Mai in Düsseldorf:

Der 1. Mai ist für uns nach wie vor der internationale Kampftag der
Arbeiterinnen und Arbeiter gegen das globale Regime des Kapitals. Dieser Tag
eignet sich nicht, wie vom DGB zelebriert als sozialpartnerschaftliche
Schmusefeier mit der herrschenden Klasse. Denn es gibt nichts zu feiern! Die
DGB-Führung kungelte mit der Bundesregierung und den Kapitalisten die massivsten
Angriffe auf erkämpfte Arbeiterrechte seit Jahrzehnten aus - die "Hartz"-
Gesetze:

Staatliche Zwangsarbeit - Dank DGB! Die sogenannten "Hartz"-Gesetze und das, was
nach der Schröder-Rede noch folgte: - Massive Reduzierung der Anrechnung von
(Familien)-Einkommen bei der Arbeitslosenhilfe mit der Folge, dass zehntausende
Frauen ihren Anspruch verlieren und ohne staatliche Hilfen dastehen. -
Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe: arbeitsunfähige Sozialhilfe-
Bezieher und nicht mehr vermittelbare Langzeitarbeitslose (über 18 Monate)
kriegen ab dem 1.1.2004 nur noch Sozialgeld in Höhe des durchschnittlichen
Sozialhilfe-Ecksatzes (alle Zulagen werden inkl. der Miete pauschaliert) von ca.
586 Euro (oder auch 642 Euro); arbeitsfähige Erwerbslose bekommen das neue ALG
II, das ebenfalls auf Sozialhilfeniveau liegen soll. - Einführung der
kommunalen Zwangsarbeit für jugendliche Erwachsene unter 25 Jahren, wenn sie
eine Arbeit ablehnen oder Fortbildungsmaßnahmen verweigern. - Drastische
Kürzungen bei Ablehnung einer "zumutbaren" Arbeit. Umkehr der Beweispflicht! -
Einführung staatlicher Zwangsarbeit über die neugeschaffenen Personal-Service-
Agenturen (PSA) - der Arbeitsämter in Zusammenarbeit mit Sklavenarbeitsfirmen
("Zeitarbeits"-firmen wie Randstad, in Hamburg aber auch die Arbeiterwohlfahrt
und die "Hamburger Arbeit" - HAB!) zu Stundenlöhnen von unter 6,85 Euro, die der
DGB bereits per Tarifvertrag festgelegt hat. - Aufweichung des
Kündigungsschutzes - speziell für über 50jährige KollegInnen. - Krankengeld
zukünftig nur noch bei privater Krankenversicherung (á la Riester-Rente).

Statt auf die zentralistische und undemokratische Gewerkschaftsbürokratie zu
hoffen, setzen wir auf Selbstorganisation und kämpferische direkte Aktionen der
Basis. Alle tatsächlichen Verbesserungen wurden immer von der Arbeiterklasse
erkämpft und nicht erbettelt. Darum halten wir nichts von der Kuschelpolitik der
DGB-Führung mit Bundesregierung und Kapitalisten.

Krieg dem Krieg: No War but Class War In den USA, Europa und den drei
Kontinenten formiert sich Widerstand gegen den Krieg der USA gegen den Irak.
Denn dieser Krieg wird nicht gegen einen einzelnen Diktator geführt, sondern
gegen die gesamte Bevölkerung der Region. Es wurden zehntausende Todesopfer
unter den Zivilisten als "Kollateralschäden" eingeplant. Die Bundeswehr
beteiligt sich nur deshalb nicht an diesem Krieg, weil die US-Regierung
eindeutig klargestellt hat, daß einzig US-Interessen bei diesem Krieg
durchgesetzt werden sollen. Die deutsche Wirtschaft braucht jedoch diesen Krieg
nicht, da ihre Handelsbeziehungen zum mörderischen Baath-Regime ausgezeichnet
waren und die Konkurrenz durch die USA in dieser Weltregion unwillkommen ist.
Der Streit zwischen dem deutsch-französischen und dem amerikanisch-britischen
Block in dieser Sache resultiert aus den gegensätzlichen Interessen der
Imperialisten.

Die deutsche Regierung ist keine Friedensmacht. Die Beteiligung Deutschlands an
der Bombardierung Jugoslawiens und der Besetzung Afghanistans sprechen für sich.
Ebenso der Aufbau der EU-Armee als weltweit einsetzbare Interventionsstreitkaft.
Derzeit sind bereits 10.000 deutsche Soldaten im Ausland stationiert um den
Zugang zu Rohstoffen und Märkten für die deutsche Wirtschaft zu sichern. Der
weltweit durchgesetzte Kapitalismus funktioniert nicht ohne Militarismus und
Krieg. Wir sind gegen die kapitalistische Weltordnung, egal wer sich als
"Weltpolizist" aufspielt - die USA im Alleingang, die UNO, die NATO, oder
sonstwer.

Gegen die Festung Europa! Die globale Marktwirtschaft verursacht in der "dritten
Welt" durch imperialistische Kriege, die Absenkung der Löhne und die Zerstörung
der Existenzgrundlagen der Bevölkerung immer mehr Elend. Gegen die daraus
resultierenden Flüchtlingsströme hat sich die EU durch verstärkte Abschottung
der Grenzen und eine verschärfte Einwanderungsgesetzgebung in eine Festung
verwandelt. Flüchtlinge, die es trotzdem bis ins Eurouro-Land geschafft haben,
stellen als "Illegale" ein Millionenheer von rechtlosen Menschen, die von Groß-
und Kleinkapitalisten besonders skrupellos ausgebeutet werden. Der DGB ignoriert
bis heute die Lage dieser Menschen. Er zementiert damit eine Spaltung der
Arbeiterklasse in Rechtlose und "Privilegierte".

Staatliche Gewaltexzesse und Überwachung Aber auch wer als EU-Bürger innerhalb
Europas seinen "sicheren Aufenthalt" genießt, sieht sich zunehmend mit massiven
Angriffen auf seine Bürgerrechte konfrontiert. Telefongespräche und das Internet
werden verstärkt überwacht, Geheimdienste und Polizei tauschen verstärkt auch
international Daten aus. Die Repression gegen politische Aktivisten geht bis zum
Schußwaffengebrauch wie in Göteborg und Genua. Sozialpolitik? - Regierung
stürzen! Überall im öffentlichen Bereich wird gekürzt, werden neue Gebühren
eingeführt, Steuern und Abgaben erhöht. Immerzu hört Mensch die PolitikerInnen
aller Coleur jammern daß die Staatskassen in Bund, Land und Stadt leer sind.
Prestigeobjekte wie die Olympia-Bewerbung 2012 oder der Neubau der RheinArena
(Kosten mindestens Euro218 Millionen ) zeigen, daß die Kassen keineswegs leer
sind. Diese Standortpolitik und die Steuergeschenke an die Unternehmen sind
nichts weiter als eine Umverteilung von unten nach oben.

"Unser Leben ist der Mord durch Arbeit" Laut International Labour Organisation
(ILO) sind im Jahr 2001 mehr als 2 Millionen Menschen an den direkten folgen der
ARBEIT gestorben. Im Schnitt alle 15 Sekunden eine Arbeiterin oder ein Arbeiter.
Das sind dreimal mehr Menschen als im gleichen Zeitraum Weltweit an den direkten
folgen von KRIEGEN gestorben sind! Täglich werden tausende Hektar Wald zerstört,
Wasser, Böden und Luft verpesstet, Tier- und Pflanzenarten ausgerottet oder als
"Gen-Patent" der Menschheit entzogen. Stoppen wir den Mord an uns und den
Raubbau an der Natur. EINE ANDERE WELT IST MÖGLICH!

Wir kämpfen international für ein selbstbestimmtes Leben in allen Bereichen. Es
geht darum, den Kapitalismus zu überwinden und eine klassenlose und
herrschaftsfreie Gesellschaft mit Wohlstand für alle zu schaffen! Wir wollen
nicht bloß ein Stück vom Kuchen, wir wollen die ganze Bäckerei!

Beteiligt Euch am 30.April & 1.Mai in Düsseldorf!


Am 30. April auf der freien Demonstration um 18.oo Uhr am Oberbilker Markt Am 1.
Mai um 9.00 Uhr - sozialrevolutionärer Block in der DGB-Demonstration am
Hauptbahnhof

Es ruft auf: Freie ArbeiterInnen Union Düsseldorf / AnarchosyndikalistInnen -
Internationale ArbeiterInnen Assoziation FAUD/AS-IAA

Der Aufruf der FAU Düsseldorf wird von der Schwarzen Katze mitgetragen.


9.) Hier könnte der Staat sparen
Einsparmöglichkeiten für die Bundesregierung
IBKA Pressemitteilung vom 30.09.02

Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten möchte Hans Eichel einige Vorschläge für Einsparmöglichkeiten nennen. Die Streichungen dieser staatlichen Subventionen sind ohne Zustimmung des Bundesrates als Sparmaßnahme des Bundes umsetzbar (Punkte 2+3+4 in der Tabelle).

Zuwendungen des Staates an die Kirchen sind nicht mehr zeitgemäß, da ein Drittel aller Staatsbürger keiner Konfession mehr angehört. Staatsbürger, die in keiner Kirche mehr Mitglied sind, müssen aber nach wie vor über die aus allgemeinen Steuern aufgewendeten Zuschüsse innerkirchliche Aufgaben wie Mission und Anstaltsseelsorge bezahlen. IBKA - Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten

Die steuerlichen Privilegien der Kirchen stammen z.T. noch aus dem vorletzten Jahrhundert, als 98% der Deutschen Kirchenmitglieder waren. Aufgrund der Veränderungen der letzten 50 Jahre gehören diese steuerlichen Vorteile, die dem Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3(3) widersprechen, der heutigen Realität angepasst. Die derzeitige Entwicklung geht hingegen in eine ganz andere Richtung: Aufgrund sinkender Kirchensteuereinnahmen ergibt sich die Situation, dass die Kirchen ihren Druck auf die öffentlichen Haushalte erhöhen, um die Subventionsquote weiter zu steigern.

Ferner bestehen auf der Länderebene noch weitergehende Einsparmöglichkeiten (Punkt 1 in der Tabelle). Dafür müssten die öffentlichen Haushalte durchforstet werden. Allein auf der Gemeindeebene dürfte nach Schätzungen das Einsparpotential 2,5 Mrd. Euro betragen.

Dragan Pavlovic (Pressesprecher)

Einsparmöglichkeiten als Tabelle aufgelistet:

Einsparungsmöglichkeit staatlicher Zahlungen an die Kirchen bzw. Minderung der staatlichen Steuereinnahmen zu Gunsten der Kirchen und ihrer Mitglieder.

1. Steuermindereinnahmen des Bundes und der Länder:
a. Abzugsfähigkeit der gezahlten Kirchensteuer von dem zu versteuerndem Einkommen:

Verzicht auf Steuereinnahmen
(Quelle: 17 Subventionsbericht der Bundesregierung)
DM 6,8 Milliarden (3,47 Mrd. €)
b. Generelle Steuerbefreiung der Kirchen DM 5,3 Milliarden (2,69 Mrd. €)

2. Zuschüsse der Bundesregierung zur kirchlichen Missionsarbeit im Ausland:

a. Konfessionelle Hilfs- und Missionswerke:
(Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)
DM 367 Millionen (188 Mio. €)
b. Auslandssekretariate und Missionswerke der Kirchen:
(Etat des Auswärtigen Amtes)
DM 6,1 Millionen (3,1 Mio. €)

3. Seelsorge, die nach dem GG nur zuzulassen, aber nicht zu bezahlen ist.

a. Militärseelsorge DM 54 Millionen (28 Mio. €)
b. Anstaltsseelsorge DM 17,1 Millionen (8,7 Mio. €)
c. Polizeiseelsorge DM 700.000 (360.000 €)

4. Staatliche Zahlungen an die Kirchen, die auf älteren Rechtstiteln beruhen und nach Art 140 GG (in Verbindung mit Art 138,1 WRV) abzulösen, d.h. zu beenden sind:

a. Staatsdotationen an die Kirchen und Bischöflichen Stühle DM 812 Millionen (415 Mio. €)
b. Kommunale Dotationen DM 98 Millionen (50 Mio. €)
c. Baulasten DM 43 Millionen (22 Mio. €)
Summa Summarum DM 13.497.900.000 (6.897.427.000 €)

Quelle: Carsten Frerk, Finanzen und Vermögen der Kirchen in Deutschland, Alibri Verlag 2002


10.) Medien, Manipulation und Militanz gegen den Krieg
Gruppe Landfriedensbruch, 11.04.03

WETZLAR. Knapp zwei Wochen nach dem Brandanschlag auf das Kreiswehrersatzamt in Wetzlar ist ein Bekennerschreiben einer bisher unbekannten Gruppe eingegangen. Nach Mitteilung der Polizei vom Mittwoch handelt es sich um eine Gruppierung mit dem Namen "feministisch-antimilitaristische Zelle", die sich gegen Militarismus und die patriarchale Ordnung richte. Einen Tag nach Beginn des Irak-Kriegs hatte die Polizei in der Behörde zwei so genannte Molotow-Cocktails gefunden, von denen sich nur einer entzündet hatte.
(Quelle: Giessener Anzeiger, 3.4.03)

Meldungen wie die obige stellten während des Irak-Kriegs immer nur Randnotizen dar - oder wurden komplett verschwiegen. Weil es nicht ins Bilder der "nationalpazifistische Volksgemeinschaft" passte, die von Friedensbewegten bis zu Rot-grün reichte, deren Re-Militarisierung der BRD einfach "vergessen" wurde. Nicht nur die Medien, auch die Friedensbewegung mitsamt den dominanten Kreisen dort, haben Teil daran, dass Protest gegen den Irak-Krieg in Doitschland umgehend kanalisiert wurde und Abweichendes ausgegrenzt und verdrängt wurde - emanzipatorische Positionen in weiter Ferne.

Daher beschäftigt sich dieser Artikel etwas intensiver mit den Strukturen der Friedensbewegung und der Rolle der Medien und Diskurse ...

Friedensproteste - staatstreu, kanalisiert und "von oben" organisiert

Deutlich wird immer wieder, dass "die" Friedensbewegung (die natürlich keine geschlossene Einheit bildet) selbst von Dominanzen und elitären Zirkeln durchzogen ist, die den Unmut der Menschen kanalisieren - und diese Führungsebenen werden nicht einmal verleugnet, wie einige Zitate zum Thema belegen. Ein besonderes Beispiel bildet die Kampagne "resist"

- eine weitere "Retorte", neben dem Netzwerk Friedenskooperative maßgeblich von den NGO-ManagerInnen initiert, welche auch schon im Anti-Atom-Bereich mit X-tausendmalquer und am erfolgreichsten mit Attac für die Kanalisierung von Protest sorgten. Die militanten Proteste in Göteborg und Genua hatten Globalisierungs- bzw. weitergehende Kapitalismuskritik einige Öffentlichkeit verschafft. Das öffentliche Interesse wurde in Deutschland von der bis dahin unbedeutenden NGO Attac genutzt, um Bewegung zu assimilieren mit einer widerlichen Mischung aus Vereinnahmung, Instrumentalisierung und gleichzeitiger Hetze gegen militante Aktionsformen.

Auf ganz ähnliche Weise, mit verbalradikalem Gestus, den nötigen Presse-Kontakte und dem wohlwollende Hypen durch FR, junge welt usw. wurde in wenigen Wochen "resist" zur wichtigsten Aktion und quasi-Dachverband der deutschen Friedensbewegung konstruiert.

Jedes zweite Interview wird mit den selbsternannten SprecherInnen (voll basisdemokratisch ...) der Kampagne geführt. Wenig bekannt ist, dass z.B. bei den ersten Aktionen die "besetzen" Flächen vor der Frankfurter Airbase durch die "resist"-Führung angemietet und mit der Gegenseite abgesprochen waren. Trotzdem werden die Sitzblockaden als die Spitze von Widerständigkeit inszeniert - andere Protestformen werden so verdrängt und "undenkbar" gemacht .. ein Diskurs wird verschoben.

Kanalisierung hat in Deutschland Tradition - von linksliberaler Presse bis hin zu den Eliten in sozialer Bewegung ist mensch hier besonders modern, was die frühzeitige Integration bzw. komplette Assimilierung von Protest anbelangt. Leider gibt es dagegen wenig Gegenwehr oder Versuche, Gegenmodelle eines vielfältigen, hierarchiefreien Widerstands zu organisieren - ohne SprecherInnen, Wichtig-Gremien und informellen Dominanzen. Statt dem Abfeiern der eigen Aktion als "Erfolg" a la resist wäre daher kritische Analyse und der Streit um weniger dominanzgeprägte, offene und herrschaftskritische Strukturen angesagt. Denn solange wird Widerstand "von unten" in Doitschland eh nur eine leere Phrase sein ...

Diskurse als Helfer kanalisierten Ungehorsams

Diskurs meint ein Geflecht von Medien, wissenschaftlichen und öffentlichen Debatten, die ständige Wiederholung von Argumentationsmustern, welche zu bestimmten Denkweisen und Erwartungshaltungen bei Menschen führen: Der Glaube, dass Kinder minderwertig seien und unfähig zur Selbstbestimmung, ist so ein Diskurs, der Tag für Tag aufs Neue reproduziert wird. Diskurse als Form subtiler Beherrschung werden nicht zentral gelenkt - aber sie ist verschränkt mit institutioneller Herrschaft ...

Regierungen, Medien und Presse können aus ihrer Stellung z.B. ganz anders auf Diskurse zugreifen und diese organisieren - da wird nichts dem Zufall überlassen. Diskurse sorgen in modernen Herrschaftssystemen dafür, dass Menschen ohne offensichtliche Gewalt oder Herrschaftsdurchgriff funktionieren, arbeiten gehen oder gegen Krieg demonstrieren, wenn es der Regierung passt.

Diskurse die erste: Bei den letzten Kriegen mit offizieller deutscher Beteiligung (Kosovo, Afghanistan) wurden Meldungen von sog. "Kollateralschäden" usw. in deutschen Medien wenig hochgehalten ... Antikriegsproteste waren absolut marginal. Während des aktuellen Irak-Kriegs wurde mit Bildern verwüsteter Häuser, ziviler Einrichtungen usw. nicht gespart

- es passt halt zu den Interessen von FR bis zum Schröder-Fischer Gespann, die sich darin einig sind, dass Europa in der Welt den Ton angeben soll. Ohne Genaueres zu wissen darf davon ausgegangen werden, dass die Berichterstattung in den offiziell kriegsführenden Ländern etwas anders aussah. Die Meinung der Menschen scheint beliebig manipulierbar.

Diskurse die zweite: Als Legitimation für UN-Inspektionen wie den Krieg wurden im Vorfeld des Gemetzels immer wieder angebliche Massenvernichtungswaffen im Irak benannt, um bei den Menschen Akzeptanz für unzählige Tote und ein zerstörtes Land zu beschaffen. Weder wurden solche Waffen gefunden, noch von Saddam eingesetzt ... vielleicht wurde auch gar nicht danach gesucht. Sehr wahrscheinlich ist, dass es sich also um Kriegs-Propaganda handelte (ohne das widerliche Baath-Regime beschönigen oder entlasten zu wollen). In der Berichterstattung spielte die zentrale Kriegslegitimation jedenfalls plötzlich kein Rolle mehr.

Nachdem der Diskurs seinen Dienst erfüllt hat, wird er halt weg geworfen - und es scheint niemanden zu interessieren oder die Glaubwürdigkeit der KriegstreiberInnen darunter zu leiden.

Diskurse die dritte: Zur Berichterstattung über Proteste gehört immer ein Diskurs darüber, welche Aktionsformen legitim, legal oder illegal sind, was friedliche Proteste sind und wo Gewalt beginnt. Dieser Diskurs dient dazu, Widerstand zu spalten, in systemgerechte Bahnen zu lenken, aber auch einfach, Sympathien oder Solidarisierungen mit direkten Aktionen zu verhindern: Während Mahnwachen, Lichterketten usw., die Herrschaft nicht angreifen und sich dem Demonstrationsrecht unterwerfen, gelobt werden, werden Ausschreitungen oder militante Aktionen diffamiert oder verschwiegen. Das ist nicht neu - dazu kommt, dass in der aktuellen Berichten über die Friedensbewegung dieser Diskurs um einiges verschoben wurde: Die Blockade von US-Militärfahrzeugen oder das versuchte Durchbrechen von Absperrungen wird in der FR plötzlich unter dem Begriff "Zwischenfall" einsortiert. Auch die Führungskreise der Friedensbewegung selbst betonen immer wieder, Gewalt in den eigenen Reihen verhindern zu wollen.

Gleichzeitig wird z.B. die "resist" Sitzblockade als Höhepunkt von entschlossenem Widerstand konstruiert und dadurch vieles verdrängt, was darüber hinaus gehen könnte. In Italien, wo sich in den letzten Jahren eine andere Kultur der Widerständigkeit entwickelt hat (da wird schon mal ein Abschiebeknast von hunderten AktivistInnen tagsüber zerstört), würden solche Berichte vermutlich eher Verwunderung und schmunzelnde Gesichter hervorrufen.

Formen des Widerstands, die den demokratischen Rahmen von Latschdemos, Lichterketten oder Mahnwachen verlassen, nicht an die Mächtigen appellieren und vom europa-patriotistischen Mainstream abweichende Positionen beziehen und sich daher nicht vereinnahmen lassen, sind nur als Randnotiz zu lesen oder werden totgeschwiegen. Gewerkschaften, Bewegungseliten und Mainstream-Presse haben die öffentliche Wahrnehmung fast völlig im Griff - all das führt dazu, dass unabhängige Aktionsgruppen, abweichende Positionen und radikale Aktionsformen diskursiv nahezu ausgelöscht sind.

Beispiel eins: Anlässlich des vierten Jahrestages des NATO-Kriegs gegen Jugoslawien hatte eine Autonome Gruppe auf einem Berliner Garnisonsfriedhof mehre Kriegerdenkmäler beschädigt. In die jw schaffte es die Aktion immerhin als Randnotiz mit zwei Sätzen - während ansonsten resist und Co. abgefeiert werden.

Beispiel zwei: Ein Tag nach Beginn des Irak-Kriegs verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf das Kreiswehrersatzamt in Wetzlar. Nach Polizeiangaben entstand 3000 Euro Sachschaden, ein politischer Hintergrund sei nicht erkennbar. Während der Anschlag in lokalen Medien nur als Randnotiz vorkam und in überregionalen Medien nicht einmal erwähnt wurde, berichteten EinwohnerInnen in Wetzlar von einen großem Polizeiaufgebot inklusive Hubschraubereinsatz in der Anschlagsnacht.

Was Ziel und Zeitpunkt allen nahe legte, die eins und eins zusammen zählen können, bestätigte die Polizei zwei Wochen später: "Nach dem Brandanschlag auf das Kreiswehrersatzamt in der Spilburgstraße bei dem ein Sachschaden von ca. 3.000 Euro entstand, ging mittlerweile ein Bekennerschreiben bei einer Frankfurter Zeitung von einer Gruppierung ein, die sich "feministisch-antimilitaristische Zelle" nennt und sich u.a. gegen Militarismus, Nationen und Grenzen und die patriarchale Ordnung richtet. Die Gruppierung war bisher nicht bekannt." (Quelle: Polizeipräsidium Mittelhessen, 02.04.03)

Recherchen bei verschiedenen Frankfurter Zeitungen ergaben, dass nie Bekennerschreiben eingegangen waren. Das wirft neue Fragen auf, die wohl nie zu klären sind. Sicher aber dürfte sein, dass solche Aktionen nicht in die herrschende Berichterstattung und die Konstruktion einer nationalen Einheit gegen diesen Krieg mit europa-patriotistischer Ausrichtung.

Infos rund um Militarisierung in Doitschland & Europa: www.imi-online.de


11.) Verfassungsschutz bespitzelt Antifa-Bewegung in NRW
15 Anwerbeversuche im Ruhrgebiet

Antifaschistische Gruppen aus NRW, Pressemitteilung vom 23.03.03

Während die Verfassungsschutzbehörden noch dabei sind, ihren selbst produzierten Skandal im NPD-Verbotsverfahren zu verdauen, sich aber
die öffentliche Empörung über das Agieren der Geheimdienstler schon wieder etwas gelegt hat, bastelt das nordrhein-westfälische Landesamt
des VS bereits an den nächsten Abgründen.

Innerhalb von wenigen Tagen bekamen kürzlich zehn AntifaschistInnen aus diversen Ruhrgebietsstädten "Besuch" von Damen und Herren, die sich als Mitarbeiter/innen des Innenministeriums NRW vorstellten und eine "Zusammenarbeit" suchten, denen aber allesamt eine Kooperation verweigert wurde. Bei weiteren VS-Einsätzen wurden in Abwesenheit der "Zielpersonen" Mitbewohner/innen, teilweise auch Eltern, angesprochen und befragt. Wiederum weitere endeten vor verschlossenen Türen von zu diesem Zeitpunkt nicht anwesenden Antifaschist/inn/en. Insgesamt sind uns bisher 15 "Besuche" in dieser Angelegenheit bekannt geworden, eine höchst ungewöhnlich hohe Anzahl innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes. Das vordergründig bekundete Begehr des VS: Informationen zum Thema RechtsRock, also zu rechen Musik-Strukturen in NRW. Zweck der ungewöhnlich zahlreichen "Besuche" dürften aber vielmehr Bemühungen der Berufsschnüffler/innen gewesen sein, Informant/inn/en innerhalb der Antifa in NRW zu gewinnen.

Offensichtlich ist dem Landesamt die Kampagne antifaschistischer Gruppen aus NRW "kein raum der nazi-musik! we will rock you - tour 2003" (www.antifa-nrw.de/rero) ein Dorn im Auge. Innerhalb dieser Anfang Februar gestarteten Kampagne gegen die in NRW stark zunehmenden neonazistischen Aktivitäten im Kulturbereich (Konzerte etc.) werden über einen längeren Zeitraum hinweg Öffentlichkeit- und Informationsarbeit, Kulturveranstaltungen sowie demonstrative Aktionen gegen die boomende rechte Musik-Szene in diversen NRW-Städten und -Regionen durchgeführt. Die erste Phase der Kampagne - insbesondere (aber nicht ausschliesslich) die Aktivitäten gegen die Dortmunder RechtsRock-Band "Oidoxie" - kann als sehr erfolgreich bezeichnet werden. Weitere Interventionen werden folgen.

Genau diese erfolgreichen Interventionen scheinen nicht nur einzelne örtliche Abteilungen der Polizeilichen Staatschutzes zu stören, zumindest aber zu irritieren, sondern jetzt sogar zur "Chef-"Sache auf der Ebene des Landesinnenministeriums erklärt worden zu sein. Vertreter der Polizei und des Innenministeriums haben bereits mehrfach in Zusammenhang mit neonazistischen Aktivitäten, beispielsweise anläßlich der vielen Neonazi-Demonstrationen in NRW, darauf verwiesen, daß nicht etwa Neonazis das "eigentliche Problem für Sicherheit und Ordnung" darstellen würden, sondern antifaschistische Gegenaktivitäten. Folgerichtig liegt die Zahl der Fest- und Ingewahrsamnahmen während antifaschistischer Proteste in den letzten vier Jahren in NRW bei mehreren tausend Personen, darunter auch viele Jugendliche, ja sogar Kinder. Von den vielen Strafprozessen und Verurteilungen einmal ganz zu schweigen.

Und auch bei der gravierend zunehmenden Anzahl von Neonazi-Konzerten in NRW (alleine 17 im Jahre 2002, vgl. LOTTA, Nr. 11, Winter 2002/2003, S. 15) ist es vielerorts kein Deut anders: Nicht das Stattfinden neonazistischer Großkonzertveranstaltungen treibt staatliche Stellen zu eifriger Betriebsamkeit, sondern potentieller oder realer antifaschistischer Protest, der für ein Großaufgebot der Polizei und amtsübergreifende Durchführung eines "reibungslosen Ablaufes" sorgt. "Ordnung" wird eben auch in NRW gross geschrieben ...

Um Informationsgewinnung über die Neonazi-Szene geht es dem Innenministerium bei seinen "Besuchen" mit Sicherheit nicht, schließlich verfügt eine personell und technisch hervorragend ausgestattete Landesbehörde wie der VS NRW über unvergleichbar mehr Kapazitäten und Möglichkeiten, sich ein Bild von der Neonazi-Szene zu machen, als sie unabhängige Antifa-Gruppen ohne jedwede finanzielle Unterstützung jemals haben werden. Zudem stehen auch dem VS die diversen öffentlich zugänglichen antifaschistischen Publikationen(1) zur Verfügung, um sich ein Bild über die Lage zu machen. Dass diese Schriften seitens des VS sehr wohl zu Rate gezogen werden, zeigen die alljährlichen Publikationen der Behörden, in denen nicht selten sogar die eine oder andere "Erkenntnis" wörtlich abgeschrieben wurde.

Es geht dem Innenministerium also wohl eher um ein Durchleuchten antifaschistischer Strukturen. Eigenverantwortliches Agieren von AntifaschistInnen, die staatlichen Verlautbarungen und Lageeinschätzungen kritisch gegenüberstehen, sich lieber selbst einen Eindruck verschaffen und auf dieser Grundlage eigene politische Aktivitäten entfalten, gerät damit in das Fadenkreuz der staatlichen Berufsschnüffler/innen und wird letztendlich staatlicher Repressionspolitik ausgesetzt. Wer weiss, eventuell geht es dem VS ja auch einmal mehr darum, einen ihrer V-Männer oder -Frauen zu schützen, dieses mal vielleicht in den nordrhein-westfälischen RechtsRock-Strukturen. Grossartig verwundern würde es gewiß niemanden, wenn sich diese Spekulation als Realität heraus stellen sollte. Schliesslich kann gerade bei der Beantwortung der Frage, ob sich auch in Deutschland ein militanter Arm der neonazistischen Terrororganisation "Combat 18" (C 18) herausbildet, ein nicht unerhebliches staatliches Interesse unterstellt werden. Und sowohl "Oidoxie", als auch die in teilweiser Personalunion betriebene Sauerländer Band "Weisse Wölfe" sowie die Formation "Weaponed Hate" stehen C18 sehr nahe, wenn sie nicht gar als Teil von C18 und damit als deren nordrhein-westfälischer kulturpolitischer Arm bezeichnet werden können.

Wir werten den großangelegten Durchleuchtungs- und Anwerbeversuch des VS NRW auch als massiven Einschüchterungsversuch gegenüber antifaschistischen Strukturen!

Wir als unabhängige antifaschistische Gruppen aus NRW teilen hiermit in aller Deutlichkeit öffentlich mit:

- Für uns wird es auch weiterhin KEINERLEI Zusammenarbeit mit den Damen und Herren Schlapphüten geben! Eine Zusammenarbeit mit denjenigen, deren (Informations)politik in Sachen extreme Rechte gegenüber der Öffentlichkeit von Verschleierung und Bagatellisierung geprägt ist (es wird zudem nur das veröffentlicht, was ohnehin schon bekannt ist), die sogar durch ihre V-Mann-Praxis Neonazi-Strukturen stärken, ist für uns ausgeschlossen. Und den genannten Gründen für eine völlige Unvereinbarkeit könnten reihenweise weitere hinzugefügt werden. Für die Verfassungsschutzbehörden sind AntifaschistInnen und "Rechtsextremisten" ohnehin nur zwei Seiten ein und der selben "Extremismus"-Medaille, also im Prinzip ein und das selbe.

- Wir fordern alle vom VS "angesprochenen" Personen auf, jedwedes "Gespräch" konsequent zu verweigern und derartige Kontaktaufnahmen sofort öffentlich zu machen!

- Wir werden auch weiterhin nicht davon ablassen, uns gegen die erstarkende extreme Rechte zur Wehr zu setzen und rufen dazu auf, sich vermehrt an Aktionen der Kampagne "we will rock you" zu beteiligen! Kein Raum der Nazi-Musik!

Verfassungsschutz auflösen!
Nazistrukturen zerschlagen!

23.3.2003
antifaschistische Gruppen aus NRW

Fussnote:

(1) Zum Beispiel LOTTA - antifaschistische Zeitschrift aus NRW (https://www.lotta-magazin.de/), Antifaschistisches Infoblatt (http://www.antifainfoblatt.de/), Der Rechte Rand (www.der-rechte-rand.de)