Gedenken an Reichspogromnacht am 09.11.11 in Menden, Iserlohn und Hagen

Etwa 80 TeilnehmerInnen beteiligten sich am Gedenken an die Reichspogromnacht am 09.11.11 in Menden/Sauerland. Zuerst wurde in der Bücherei im Alten Ratssaal Musik von der Musikschule Menden vorgetragen. Nach einem kurzen Einleitungsstatement vom Bürgermeister Volker Fleige berichteten Schülerinnen des Placida-Viel-Berufskollegs von ihrem Besuch in Auschwitz. Anschliessend ging es gemeinsam zum „Ort des Erinnerns“ an die Hochstrasse zur Kranzniederlegung und der Verlesung der Namen der Opfer. Mit Interesse wurden die Schwarze Katze Flugblätter zum 9. November angenommen und gelesen. In diesem Flugblatt wurden die Mendener darüber informiert, was die Sauerländer Nazis in Mendens Nachbarstadt Iserlohn den Juden angetan haben:

http://schwarze.katze.dk/download/pdf/sk091111.pdf
Kundgebung zur Reichspogromnacht in Menden. Foto: Schwarze Katze, 09.11.11

In Iserlohn gab es auch eine Mahnveranstaltung zur Erinnerung an die Reichpogromnacht. Redner war der neue Stadtarchivar Quaschny, Werner Morgenbrodt und Uta Meyer hielten am Mahnmal am Poth Redebeiträge. Nach einem Schweigegang durch die Fussgängerzone wurden am Mahnmal Blumen niedergelegt. Nachfolgend der Aufruf zur Teilnahme an der Gedenkveranstaltung:

Am 9. November ist es genau 73 Jahre her, dass wie in Iserlohn in ganz Deutschland die meisten Synagogen niedergebrannt wurden. Jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger wurden verleumdet, geschlagen und abgeführt, jüdische Geschäfte zerstört. Ein großer Teil der Bevölkerung schaute dem furchtbaren Treiben der Nationalsozialisten zu oder einfach weg.

Nach Ausgrenzung und Diskriminierung begann mit der Reichspogromnacht (verharmlosend auch als „Reichskristallnacht“ bezeichnet) am 9. November 1938 der Vernichtungsfeldzug gegen die jüdische Bevölkerung in Deutschland und später in fast ganz Europa. Diesen mörderischen Aktivitäten fielen auch unendlich viele Andersdenkende und Angehörige anderer Nationalitäten zum Opfer.

Das FriedensPlenum Iserlohn, Pax Christi und der SPD-Stadtverband Iserlohn rufen zu einer besonderen Mahnveranstaltung auf, die ein Zeichen setzen soll gegen Rassismus und Gewalt. Gleichzeitig sollen alle aufrecht Denkenden damit zu Zivilcourage und zum Eintreten für Menschenwürde, Toleranz und Respekt gegenüber allen Mitgliedern unserer Gesellschaft aufgerufen werden.

Wir laden deshalb alle Bürgerinnen und Bürger Iserlohns ein zur Teilnahme an der aktuellen Mahnveranstaltung am

Mittwoch, den 9. November 2011, 18.00 Uhr
Gedenkstein für die Synagoge
(Mendener Straße / Ecke Karnacksweg)

Als Hauptredner konnte Rico Quaschny, Archivleiter der Stadt Iserlohn, gewonnen werden.

Nach der Ansprache erfolgt ein Schweigegang durch die Fußgängerzone, der am Mahnmal am Poth mit Redebeiträgen der Veranstalter und Niederlegung von Blumengebinden abgeschlossen wird.

Zeigen wir unser Gesicht – auch und gerade mit Blick auf immer wieder spürbare rechtsradikale Tendenzen !

In Hagen wurde bei der dortigen Synagoge am 9. November 2011 folgendes Flugblatt verteilt:

Eine Information der Hagener VVN-BdA, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, zum heutigen Mahn- und Gedenktag: Es geschah, auch in Hagen, in der Nacht vom 9. auf den 10. November. 1938, vor 73 Jahren: Pogrom. Terror. „Kristallnacht“. Das Wort Pogrom ist russisch, bedeutet Aufruhr, Zerstörung, Morde. Die deutsche nazistische Regierung hatte seit ihrer Wahl im Januar 1933 von Anfang an darauf hingearbeitet, in ihrem Machtbereich die jüdische Bevölkerung zunächst einzuschüchtern, sie möglichst zur Flucht zu zwingen. Das steigerte sich beständig. Bis zum organisierten Mord an ca. 6 Millionen Menschen. Wenige überlebten.

Um die Reaktion der Nichtjuden im In- und Ausland auf diese Politik zu testen, befahl die Nazipartei vom 7. – 13. November allen Parteimitgliedern die Durchführung eines sorgfältig vorbereiteten Pogroms. Nicht in Uniform! Dabei wurden in Deutschland, in Österreich, im Sudetenland ca. 1.400 Synagogen und religiöse Stätten geschändet, zum Teil in Brand gesteckt, zum Teil gesprengt, auf jeden Fall aber verwüstet. 30.000 Menschen wurden in KZs eingeliefert. Hunderte verloren ihr Leben.

In Hagen begann es nachts am 9./10. November um drei Uhr. Hagener aus mehreren Stadtteilen zogen lautstark durch die Stadt, drangen gewaltsam in Wohnungen ein, zerstörten Geschäfte, nahmen mit, was ihnen gefiel. Die Synagoge brannte aus, die Mauern blieben stehen, das Gebäude wurde danach von der Nazipartei genutzt. Bomben der letzten Kriegsjahre zerstörten es total.

350 Hagenerinnen und Hagener bangten um ihr Leben. Zu Recht. Ein Mann, dessen Familie die Nazis besonders hassten, weil sie ihnen immer mutig begegnete, starb an seinen Verletzungen. Viele Menschen wurden geschlagen und verletzt, einer aus dem Fenster geworfen.

Unter den genannten 30.000 in KZs Verschleppten waren mehrere Hagener.