Über das Elend linker Politik

Ab und an passiert ja noch was, es gibt gelegentlich ja noch Demos. Schaut man sich diese notfalls als Zaungast an so bekommt man als Politveteran einiges geboten. Demos, unabhängig um was es geht, ziehen stets Prediger an. Die haben mit der Demo selbst nicht unbedingt was zu tun, aber hier sind Linke versammelt, sollt man zumindest annehmen und damit ein Werbeumfeld für ihre Parteiblättchen. Die versuchen sie unters Volk zu bringen und natürlich wollen sie für ihren Verein werben. Komm zu uns, bei uns kannst politisch arbeiten und wir wissen wo s langgeht. Das weiß die Konkurrenz mindestens genau so gut, nach eigener Einschätzung sogar besser. Was n Jammer auch, die Zeiten als es viele Jugendliche und Schüler gab, die nach einer politischen Perspektive suchten und beeindruckt über eine geschlossen auftretende Organisation waren, sind lange Geschichte. Sehr erfolgreich sind diese Prediger nicht gerade, deren Zielgruppe scheint schlauer zu sein als sie selbst, zudem sie selbst teils ihre beste Antiwerbung darstellen. Das mußt ja irgendwann so kommen. Jahrelange aufopferungsvolle frustige Politarbeit ohne wirkliche Erfolgsaussicht, sowas hinterlässt irgendwann auch sichtbare Spuren. Schau dir den Dealer eines Trotzkistenblättchens an. Macht Sektierertum alt und unansehnlich? Man könnt s meinen.

Man muß nicht an dem Zeug von Wiedergeburt glauben, es gehört trotzdem zum Allgemeinwissen und dann könnt man sich fragen, was hat der in einen früheren Leben verbrochen und wofür muß er heute mit harter frustiger Agitationsarbeit büßen? Andere die regelmäßig am 1. Mai ihre Stände aufbauen sind auch nicht ansprechender, nicht mal bei Linksruck. Schau dir diese Milchfressen an, manchen erinnern sie an die eigene Jugend. Sinnlos mit denen zu reden, weder hören sie dir zu, noch würden sie was begreifen. Haben sich halt ihre eigene Scheinwelt geschaffen und ihren Lebenssinn gefunden. Gut, das lässt sich von den Zeilpredigern auch sagen, die unbeeindruckt ob jemand zuhört oder die Konsumenten unbeeindruckt weiterziehen, ihren frommen Wortmüll in die gleichgültige Welt rausschreien. Predigen ist unkommunikativ, man hört nicht zu und will auch gar nicht ernsthaft mit wem reden. Selbst kennt man ja die Wahrheit und muß sie den anderen eintrichtern. Und sich keine Gelegenheit entgehen lassen. Versuchst mal mit so ner Linksruckkapp zu reden, dann versucht er gleich dich vollzumüllen. Dann darfst n kostenlosen Vortrag angelesenen Wortmülls erwarten, aber das muß man sich ja nicht antun, zumal dieses Verhalten einen an frühere Zeiten erinnert. Man kennt das schon. Bemerkenswert war auch das Auftreten der Werber auf den Montagsdemos. Fleißig dabei ihr Blatt zu verticken, selbst wenn schon niemand mehr da ist den man agitieren könnte und es im weiteren Verlauf der Aktion so aussah, als könnten sie ihre Flugis gleich an sich selbst verteilen.

Man könnt meinen, sie leiden unter der Zwangsvorstellung ihre politische Haltung irgendwie legitimieren zu müssen. Nur wo und bei wem? Man könnt grad meinen, es gäbe irgendwo eine linke Institution die Zensuren verteilt und bei der regelmäßig Leistungsnachweise abzuliefern sind um als Linker gelten zu dürfen. Wenn ich mich als links bezeichne, dann muß ich irgendwas als Aktion vorweisen, selbst wenn es unsinnig ist? Nun ja, das muß der Gläubige auch. Die Glaubensgemeinschaft verlangt von ihren Gläubigen auch stete Ersatzhandlungen nach deren Sinn und Zweck nicht gefragt wird, dafür wird als Lohn wenigstens das Paradies und 72 Jungfrauen versprochen. Dem Linken wird die klassenlose Gesellschaft versprochen und da scheint bekanntlich die Sonn ohn Unterlass. Wollen wir das denn? Wenn eine Hitzewelle zu lang dauert, dann wünscht man sich irgendwann doch ne Abkühlung.

Es ist das altbekannte Elend linker Politik. In einer nichtrevolutionären Situation ist keine revolutionäre Politik möglich, sie kann nur im Sektierertum enden. Erinnern kann man an die 70iger als etwas zuviel von Revolution geredet wurde und je mehr davon geredet wurde, desto irrealer wurde sie. Jeder redet davon aber keiner hat sie gesehen. Es ist auch das Elend linker Ideologien. Als sie von den 68zigern wiederentdeckt wurden, sah es nach einer hoffnungsvollen Sache aus. Wer dann in den 70igern versuchte damit was zu bewirken oder wenigstens die Welt zu erklären, endete beizeiten im Frust oder im Sektierertum. Manchen blieb immerhin noch der real existierende Sozialismus als Rettungsanker. Als 89 die Insel unterging wurds endgültig Zeit den Anker zu lösen, nicht alle konnten das und so wurden sie zu tragischen Gestalten, über die einfach die Geschichte achtlos hinweggegangen ist. Die zu Stein gewordene Ideologie ist ihnen weggebrochen, die Mauer auf den Kopf gefallen und nun sitzen sie da mit ihrer Ideologie die offenbar die letzte Basis verloren hat. Wenigstens das Internet verschafft ihnen eine neue Möglichkeit zu predigen und ihre Existenz mittels einer Webseite nachzuweisen.

Predigen oder Aktionismus?

Bewegung entsteht immer dann wenn was passiert, wenn einige damit anfangen. Dann kommt der Rest schon. Man kann 100 Bücher gegen AKWs schreiben, erst als der Bauplatz in Whyl besetzt wurde entstand die Anti AKW Bewegung. Das lief auch 80 so, man hatte genug vom Agitieren und die Beteiligten schrieben keine langen Texte gegen Wohnungsnot, sondern besetzten Häuser. Ebenso schrieben sich die Beteiligten wegen der Startbahn nicht die Finger wund, sie bauten die erste Waldhütte und nach und nach kam der Rest. Die Autonomen führten keine lange Diskussion am Zaun, sie machten ein Seil fest und schon war der Zaun offen.

Es lassen sich viele solcher Fälle anführen, sogar den auf den ersten Blick unpolitischen Fall der Writer. Auch das begann nicht etwa mit der Forderung nach legalen Wänden, erstmal nahmen sich die Sprüher die Flächen und erst als sie für einige zum Problem wurden, bekamen sie die legale Wand regelrecht nachgeschmissen.

Oder auch die Montagsdemos, da kannst dich jeden Montag hinstellen, es wird nichtmal zur Kenntnis genommen, dagegen brachte schon die unausgesprochene Drohung beim Agenturschluß, die Leut könnten den Laden stürmen, die Bullen auf Trab.

Sicher wurde hier vorher mobilisiert, es muß ja irgendwie angekündigt werden, aber es wurd nicht monatelang gepredigt. Im Fall der Writer lief es genau umgekehrt. Es wurde weder informiert, noch gepredigt. Die Leut griffen zu Edding und Dose ohne erst Flugis zu verteilen oder irgendwem überzeugen zu wollen. Im Gegenteil, sie forderten niemand auf mitzumachen. Trotzdem entstand daraus eine globale Bewegung.

Hier gibt es trotzdem eine Einschränkung, dazu muß man jung sein. Ist nicht unbedingt was für alte Säcke. Nun sind die Beteiligten selbst älter geworden und die Jugendlichen sind heute nicht mehr wie früher leichte Beute für die Politwerber. Man kann s ihnen schlecht verübeln wenn sie eher auf Konsum und Handy stehen als auf folgenlose Latschdemos. Hat man dagegen was zu bieten, dann kommen sie sogar, wie etwa zur Hanfparade oder zu ner Nachttanzdemo. Nur kommen sie eher als Zaungäste, nicht unbedingt um sich in die Politarbeit zu stürzen und irgendwo haben sie sogar recht.

Die traditionelle Linke setzt genau aufs Gegenteil, nur keine Aktion die möglicherweise die Leute abschreckt. Sie setzt auf die Überzeugungskraft ihrer ewigen Wahrheiten und sie scheinen zu glauben, wenn wir endlich 90 Prozent der Bevölkerung überzeugt haben und sie unsere Zeitung lesen, dann ist die Revolution da. Und so werden ihre Vereine zum Hamsterrad in dem man sich abstrampelt aber keinen Schritt voran kommt. Das haben nicht Wenige auch versucht, sie standen auf der Gass und hielten den Massen ihr Parteiblatt entgegen. Wer noch halbwegs bei Verstand war, mußte irgendwann einsehen, so geht es nicht. Das kannst machen bis du alt und grau bist ohne irgendwas zu bewirken. Das kann man immer noch beobachten, besonders im Unibereich. Da produzierte die MG fast schon eine Tageszeitung und hatte genug Deppen die das Blatt verteilten. Danach folgte Linksruck die auch zunächst unerfahrenes Jungvolk fanden, die sich in die Werbearbeit einspannen ließen. Irgendwann liefen sie dem Verein davon, der Frust über diese sinnlose Tätigkeit übersteigt irgendwann doch die Überzeugungskraft der Vordenker.

Selbst an der Uni scheint sich was verändert zu haben. Zur Demo kamen sie und Livegruppe gehört heut zur Demo. Die hört man sich noch an und dann gehen sie. Die Parteiwerber hatten hier genau soviel Erfolg wie die Agitatoren in vergangenen Zeiten vorm Werktor.

Trotzdem, wir geben nicht auf. Wir haben unsere Webseite, wir produzieren weiter unsere Zeitung und wir suchen Mitkämpfer. Jung und unerfahren aber voll jugendlichen Idealismus, die wollen wir. Die Politveteranen stören nur, was soll man mit denen? Die stellen ja unsere Dogmen in Frage und pissen unsere Heiligen an. Haben wir erstmal einige Junge erwischt, dann dürfen sie mitpredigen und ihre Freunde mit Parteiwerbung versorgen, bis sie keine mehr haben. So kann man auch kontraproduktiv wirken und wer durch diese Mühle durch ist, hat meist auf Jahre von jeder Politik die Nase gestrichen voll.

PS: Über Aussteiger.
Sekten mögen keine Aussteiger. Nicht in erster Linie weil sie als Verräter und Deserteure gelten, klar, das auch. Wenn sie einfach nur den Verein verlassen und die Klappe halten geht s ja noch. Gefährlich für die Sekte werden sie, wenn sie sich zu Wort melden. Schon deswegen, weil sie über Insiderwissen verfügen, das dem Verein peinlich ist. Das müssen nicht mal brandheiße Infos über finstere Machenschaften sein. Es reicht schon wenn Außenstehende erfahren, was die Sekte gerne verschweigt, sie will ja nach außen ein geschlossenes und erfolgreiches Bild bieten. Wie es intern zugeht, der Frust, die Erfolglosigkeit, wie wenig von ihren Blättern verkauft werden, oder wie intern mit den Mitgliedern umgegangen wird, wenn sie nicht die Erwartungen erfüllen, sowas bekommst in ihren Propagandazeitungen bzw. Onlineseiten nicht zu lesen. Oder wie wenig wirklich hinter dem scheinbar beeindruckenden Auftritt in der Öffentlichkeit steckt, wie dünn die Basis für die großen Parolen wirklich ist. Das sollen die Neuanzuwerbenden besser nicht erfahren, sie könnten ja dann auf die Idee kommen, wie bei der Werbung, viel Verpackung und wenig drin.

Saul 2005

Quelle: http://politsekten.blogspot.de/