Pressemitteilung der Verkehrsguerilla Freiburg vom 22.09.2011
In der Nacht auf den 22.09.2011 haben wir die Pilgerwege, die die
Besucher_innen des Papst-Wochenendes zum Freiburger Messegelände führen,
umgeleitet. Mehrere Verkehrsschilder wurden dabei „entwendet“ und neu
positioniert, so dass der Pilgerweg momentan nicht zu den Örtlichkeiten
des Papstbesuchs, sondern ins Höllental führt und dort endet.
Ungefähr 150.000 Pilger_innen unterschiedlichster Motivation, vom
katholischen Fundamentalisten bis zum „Wir sind Papst“- Partydeutschen
werden am kommenden Wochenende in Freiburg erwartet. Auch öffentlich
freut man sich auf Freiburgs große Papst-Party: Sei es von Seiten
konservativer Katholiken, die eine Stärkung ihres Glaubens erwarten,
Ministerpräsident Kretschmann der sich über das „ganz unproblematisches
Verhältnis“ zwischen Kirche und Staat in Baden-Württemberg freut,
Bürgermeister Neideck, der ein positives Bild von „unserer Stadt“ in die
Welt tragen möchte oder aber Oberbulle Fingerlin, der „den Papstbesuch
in Freiburg zu einem unvergesslichen Erlebnis“ machen möchte (PM der
Stadt Freiburg). Kurzum: Religiöse Ideologie meets Wirtschaftsstandort.
Bei uns hingegen löst das Großevent, auf dem sich hunderttausende den
Worten des ausgesprochenen Antisemiten, Sexisten und Fundamentalisten
Ratzinger hingeben, schlicht Ekel aus. Kurz zur Erinnerung, führte
dieser u.a. die antijudaistische Karfreitagsfürbitte wieder ein, gab den
klerikalfaschistischen Piusbrüdern wieder eine Heimat in der
katholischen Kirche oder auch mal gerne sein reaktionäres Frauen- und
Familienbild mit einer völkisch begründeten Angst verbindet, dass auch
„ethnisch Europa auf dem Weg der Verabschiedung“ sei (Ratzinger: Europas
Identität, Freiburg 2005).
Bei aller Kritik an Ratzinger und seiner Kirche, ist es für uns wichtig,
nicht bei der Kritik der Religion stehenzubleiben. Eine Kritik, die
Ratzinger und den christlichen Glauben, für die dort vorhandenen
reaktionären Ideen angreift, ist notwendig, sollte aber nicht
vernachlässigen, dass viele dieser nicht nur kirchliche Probleme,
sondern auch Bestandteil des nicht-religiösen Alltags sind.
Entsprechend falsch fänden wir es, übertriebene Empörung zu heucheln,
wenn ein Sexist und Antisemit im deutschen Bundestag redet, sind doch
Sexismus und Antisemitismus feste Bestandteile dieser Gesellschaft.
Genauso wenig liegt uns daran das Goldene Buch der angeblich so
„toleranten“ Stadt Freiburg vor dem Eintrag des „bösen Papsts“ zu
bewahren. Weil wir diese Stadt nicht als „tolerant“ empfinden und
regelmäßig für den Standort Freiburg den Polizeiknüppel spüren mussten.
Wir führen deshalb nicht die Forderung nach einem säkularen Staat
gegenüber dem Einfluss der katholischen Kirche ins Feld, sondern sagen
offen: Papst – Nation – Freiburg: Scheiße!
Für eine Welt ohne Staaten und Religionen. Für die befreite Gesellschaft!