Schwarze Katze Rundbrief 10.02.10

Der Schwarze Katze Rundbrief 10.02.10 ist online:
http://schwarze.katze.dk/texte/rb100210.html

1.) Wie im Mittelalter
2.) Alle Jahre wieder: Geschenke und Glaube
3.) Wir tragen das Kreuz nicht länger
4.) Protest gegen Säubrenner Kirmes
5.) Zum ständigen Gezänk zwischen Antideutschen und Antiimps
5.) Wer sind wir? Und wenn ja, wie wenige?
Protest gegen Sozialraub: Ohne Mich AG, Foto: Schwarze Katze, Hauswand in Bielefeld

Solidaritätserklärung zu Stuttgart

Solidaritätserklärung der Nachttanzdemo Münster an die Protestbewegung gegen Stuttgart 21

„Ihr erlebt in Stuttgart gerade mit, was leider nicht eine Ausnahme ist, sondern immer wieder vorkommt. Regierung und Konzerne versuchen mit aller Gewalt ein Projekt durchzusetzen, obwohl viele Menschen, vielleicht sogar die große Mehrheit, das nicht wollen. Die Regierung beruft sich darauf, dass dies demokratisch beschlossen wurde und daher nun von der Polizei durchgeprügelt werden muss. Richtig ist: Seit 15 Jahren wird in einem fort abgestimmt und prozessiert, aber eine Volksabstimmung sollte unbedingt verhindert werden. Vielmehr sollen jetzt milliardenschwere Fakten geschaffen werden, in der Hoffnung, das es die Bevölkerung bis zu den Wahlen schon schluckt

Mittlerweile soll auch noch alles viel viel teurer werden. Und alle Bedenken, ob das verkehrstechnisch überhaupt Sinn macht, werden vom Tisch gewischt. Das ist aber kein einmaliges Versagen der Demokratie, sondern hat System! Diese Demokratie setzt nicht den Willen der Bevölkerung um! Die Entscheidungen werden in den Parlamenten gefällt, und die nicken meistens ab, was die Regierung mit den interessierten Konzernen ausgeheckt hat. Siehe Gesundheitsreform, Atomenergie etc. Denn wer das Geld hat, hat die Macht, jedenfalls solange die Menschen stillhalten. Also: Gut, dass ihr auch jetzt keine Ruhe gebt!

Stuttgart ist kein Sonderfall. Auch hier in Münster gibt es einen Prozess der Stadtumstrukturierung Es ist viel Geld da für einen Betonklotz namens Münster-Arkaden, es ist Geld da für die Aaseeterassen und es ist kein Geld da für Schwimmbäder, alternative Kultur, oder für Aufzüge im Bahnhof. Beinahe hätte die Stadt horrende Summen für das fragwürdige Projekt einer Musikhalle zur Verfügung gestellt. Ein Bürgerentscheid hat hier einen Schlussstrich gesetzt. Die Umgehungsstraße für Münster-Wolbeck zieht eine Schneise in den dortigen Tiergarten – auch hier werden Bäume gefällt und Bürgerinitiativen übergangen. Weiteres dieser Art samt zugehörigen Sozialkürzungen wird quasi fortwährend geplant. In Münster, Stuttgart und überall. Lassen wir nicht länger zu daß man uns bei Entscheidungen über die Gestaltung unserer Städte außen vor lässt!

Wir wollen uns solidarisch mit den Protesten in Stuttgart zeigen und ein Beispiel an dem Engagement Zehntausender, die gegen die Pläne der Regierung auf die Straße gehen:

Ein lautes Buh zu Heribert Rech, ein lautes Buh zu Stefan Mappus, ein lautes Buh zu Stuttgart 21!“

(Durch vielstimmiges Buh angenommen auf der Zwischenkundgebung der Nachttanzdemo Münster am 2. Oktober 2010)

www.nachttanzdemo.de.ms

Finger weg vom Streikrecht!

FAU-Banner. Foto: Schwarze Katze, Friedensfest 2010

FAU-Gewerkschaften positionieren sich zur Gesetzesinitiative in Sachen
Tarifeinheit

Bereits im Sommer haben der DGB und der Arbeitgeberverband BDA eine
gemeinsame Gesetzesinitiative gestartet, mit der die vom
Bundesarbeitsgericht gekippte Tarifeinheit gesetzlich wieder hergestellt
werden soll. Diese Initiative wird nicht nur von den Fachgewerkschaften
verurteilt, sondern hat auch in den Reihen des DGB selbst für Kritik
gesorgt. Erwartet werden derzeit konkrete Schritte der Regierung und der
Parteien, die fast durchweg ihre Bereitschaft zu einem solchen Gesetz
signalisiert haben – trotz ernster Bedenken von Verfassungsrechtlern.

Nun haben sich auch verschiedene FAU-Gewerkschaften zu der
Gesetzesinitiative positioniert. Diese werten sie als einen „schweren
Angriff auf das Streikrecht und die Koalitionsfreiheit“, wie es in einem
gerade veröffentlichten Positionspapier heißt. „Durch die der BRD eigene
Verquickung von Tarif-, Streik- und Gewerkschaftsrecht würde ein solches
Gesetz die Handlungsfreiheiten von Gewerkschaften deutlich einschränken
und gegen die Verfassung ebenso wie gegen internationale Konventionen
verstoßen“, so Dörthe Stein von der FAU-Kampagne „Finger weg vom
Streikrecht!“. „Dabei ist die BRD in Sachen Streikrecht ohnehin ein
Entwicklungsland, wie die Verbote von Arbeitskämpfen der Lokführer, der
Piloten, aber auch der FAU gezeigt haben“, so Stein weiter.

Die FAU-Gewerkschaften teilen die Einschätzung, dass es bei der
Initiative um die Abwehr missliebiger Gewerkschaften geht. „Das betrifft
jedoch nicht nur die Fachgewerkschaften, sondern auch uns als FAU und
etwaige alternative Gewerkschaftsverbände“, so Stein. In dem
Positionspapier wird argumentiert, dass das BAG-Urteil ein stückweit
mehr Selbstbestimmungsmöglichkeiten geschaffen habe: „enttäuschte
Belegschaften sind nunmehr nicht länger an die Friedenspflicht eines
dürftigen Tarifvertrages gebunden“, heißt es dort. „Die Belegschaften
würden mit dem geplanten Gesetz aber mehr denn je geknebelt werden“, so
Stein, die in dem Gesetz eine Entmündigung der Arbeitnehmer sieht: „Wir
brauchen mehr Ungehorsam in den Betrieben und keine verkappte
Arbeitsfront, mit der die Beschäftigten ihre eigenen Interessen hinter
denen des Standortes zurückstellen sollen“. In diesem Kontext verweisen
die FAU-Gewerkschaften darauf, dass die Initiative in der Tradition
einer „nationalistischen Wirtschafts- und Gewerkschaftspolitik“ stehe,
die „auf Kosten der Beschäftigten anderer Länder betrieben“ werde.

„Wir werden die Entwicklung genau beobachten und richten uns schon mal
auf Widerstand ein“, so Stein. „Wenn es die Situation erfordert, werden
wir Seite an Seite mit den Fachgewerkschaften und kritischen
DGB-GewerkschafterInnen für den Gewerkschaftspluralismus eintreten.“

Das vollständige Positionspapier zum Download als PDF.

Kampagnenseite Finger weg vom Streikrecht!

Gegen linke Bewusstlosigkeit!

Gegen linke Bewusst­lo­sig­keit – für einen kon­se­quen­ten Antifaschismus!

Eine Bedin­gung wird sich für die Linke nie ändern: Wenn sie alle Ver­hält­nisse umwer­fen will, in denen der Mensch ein ernied­rig­tes, ein geknech­te­tes, ein ver­las­se­nes, ein ver­ächt­li­ches Wesen ist (Marx), wenn sie also Eman­zi­pa­tion und eine befreite Gesell­schaft will – dann braucht sie zwar vor allem eine radi­kale Kri­tik die­ser Ver­hält­nisse, aber kommt dabei nicht um deren aktu­elle Beschaf­fen­heit herum. Die Aus­gangs­lage für den Kampf um eine befreite Gesell­schaft ändert sich stän­dig, ihm kom­men zu unter­schied­li­chen Zei­ten und Orten unter­schied­li­che Gegen­be­we­gun­gen, Pro­bleme und Chan­cen ent­ge­gen. So ste­hen etwa Faschis­mus, Wirt­schafts­wun­der oder Krise für sehr ver­schie­dene Aus­gangs­la­gen, die stets auch ver­schie­dene Gegen­stra­te­gien erfor­dern.

Aktu­ell gibt es jedoch eine welt­weite, eine rechts­ra­di­kale Bewe­gung, von der Linke über­all eigent­lich ihre Aus­gangs­lage bedroht sehen müss­ten – doch wofür ein gro­ßer Teil der Lin­ken, ob bür­ger­lich oder radi­kal, alles andere als ange­mes­se­nes Bewusst­sein zeigt: Näm­lich der Isla­mis­mus. In sehr unter­schied­li­chen Aus­prä­gun­gen bemüht er sich mit einer fun­da­men­ta­lis­ti­schen Aus­le­gung des Islam um eine poli­ti­sche Ord­nung der Gesell­schaft. Ein abso­lu­ter Über­le­gen­heits­an­spruch wird expan­siv in die Tat umge­setzt – geprägt durch Anti­mo­der­nis­mus, Auto­ri­tät und Ressentiment.

Dar­auf folgt jedoch kaum eine eman­zi­pa­to­ri­sche Kri­tik des Isla­mis­mus. Statt­des­sen neh­men in west­li­chen Gesell­schaf­ten natio­na­lis­ti­sche, rechts­po­pu­lis­ti­sche und ras­sis­ti­sche Ten­den­zen zu – wäh­rend die Linke dabei meist darin ver­haf­tet bleibt, nur gegen die ihr so gewohn­ten Geg­ne­rIn­nen zu mobi­li­sie­ren. Es ist ein Span­nungs­ver­hält­nis zwi­schen Ras­sis­mus und Isla­mis­mus ent­stan­den, das Linke nur sel­ten rich­tig auf­lö­sen: Bei­des als ihre aktu­elle Gegen­be­we­gun­gen und damit bei­des als ihr Pro­blem zu ver­ste­hen. Gerade, weil wir mit der ein­gangs beschrie­be­nen Per­spek­tive selbst Teil der Lin­ken sind, rufen wir hier zu einem Ende die­ser Bewusst­lo­sig­keit und zu einem kon­se­quen­ten Anti­fa­schis­mus auf.

Die anti­fa­schis­ti­sche Kri­tik des Isla­mis­mus geht dabei über eine – eben­falls not­wendige – pau­schale Kri­tik aller Reli­gio­nen hin­aus. Sei es Chris­ten­tum, Bud­dhis­mus oder eben der Islam: Denn deren „ein­fa­cher“ Glaube ist zwar Irr­sinn und steht wirk­li­cher Eman­zi­pa­tion im Weg. Aber solange Men­schen damit nur ihr eige­nes Leben ein­schrän­ken und andere Vor­stel­lun­gen zulas­sen, stel­len sich einer Lin­ken heute grö­ßere Pro­bleme. Anders ist das bei christ­li­chem Fun­da­men­ta­lis­mus, der selbst­ver­ständ­lich als Pro­blem wahr­ge­nom­men wird. Bru­tale Glau­bens­kriege, anti­eman­zi­pa­to­ri­sche Moral­vor­stel­lun­gen und Fort­schritts­feind­lich­keit mit dem Anspruch auf gesell­schaft­li­che Gül­tig­keit sind – völ­lig zu Recht – schon lange im Fokus lin­ker Kri­tik und Pra­xis ange­kom­men. Doch was somit bei wahn­sin­ni­gen Evan­ge­li­ka­len noch zum guten Ton bür­ger­li­cher und radi­ka­ler Lin­ker gehört, wen­det sich mit Blick auf die Hamas oder das ira­ni­sche Regime meist in Schwei­gen, Akzep­tanz oder gar Verständnis.

Das ist absurd, drängt sich doch der Isla­mis­mus als Geg­ner der Lin­ken gera­dezu auf. Geprägt durch enor­men Auto­ri­ta­ris­mus, Sexis­mus und Anti­se­mi­tis­mus wird hier reli­giö­ser Fun­da­men­ta­lis­mus als Gesellschafts-​​ordnung durch­ge­setzt – gewalt­sam gegen Unpas­sende und Anders­den­kende. Was sich sehr wahr­nehm­bar und öffentlichkeits-​​wirksam äußert: Von rigo­ro­sen Vor­schrif­ten für all­täg­li­ches Leben, über die Hin­rich­tun­gen Homo­se­xu­el­ler bis hin zum mör­de­ri­schen Ter­ror gegen „Ungläu­bige“. So ver­nei­nen isla­mis­ti­sche Staa­ten und Bewe­gun­gen das linke Pro­jekt einer befrei­ten Gesell­schaft mit außer­or­dent­li­cher Bru­ta­li­tät und Voll­stän­dig­keit. Sie sind fak­tisch rechts­ra­di­kal, und eine Linke, die das nicht als Angriff auf die eige­nen Ziele wahr­nimmt, gibt ihren eman­zi­pa­to­ri­schen Anspruch preis und offen­bart poli­ti­sche Bewusstlosigkeit.

Doch genau das ist in der akti­ven Lin­ken allzu oft Rea­li­tät. Direkte und indi­rekte Dul­dung von Isla­mis­tIn­nen und sogar offene Zusam­men­ar­beit erschei­nen nicht als Pro­blem und haben gerade in den letz­ten Mona­ten Kon­junk­tur. So hat­ten viele Linke aus ganz Europa kei­ner­lei Beden­ken, mit isla­mis­ti­schen Orga­ni­sa­tio­nen an Bord der Gaza-​​Flotille die Ver­bin­dung von Anti­zio­nis­mus und Anti­se­mi­tis­mus ein­zu­ge­hen. Gleich­zei­tig wer­den Hamas und His­bol­lah von der bekann­ten lin­ken Femi­nis­tin Judith But­ler als Teil der glo­ba­len Lin­ken aner­kannt – wäh­rend pas­send dazu Isla­mis­tIn­nen mit Sym­bo­len der Hamas auf lin­ken Anti-​​Kriegsdemos mit­lau­fen. Und auch in der Debatte zu anti­mus­li­mi­schem Ras­sis­mus glau­ben viele Anti­rass­ti­In­nen offen­bar nach wie vor, neben Isla­mis­tIn­nen wie Millî Görüş in Gesprächs­run­den sit­zen oder auf der Straße demons­trie­ren zu müs­sen. Auch wenn sol­che Koope­ra­tio­nen nur punk­tu­ell sind und es dabei gele­gent­lich Dis­tan­zie­run­gen zu allzu deut­li­chem Fun­da­men­ta­lis­mus gibt – Pro­blem­be­wusst­sein sieht anders aus.

Diese Bewusst­lo­sig­keit ist nicht neu. Sie speist sich aus einem Schwarz-​​Weiß-​​Denken das in der Lin­ken, ob bür­ger­lich oder radi­kal, nach wie vor ver­brei­tet ist und sich vor allem anhand einer Auf­tei­lung zeigt: Der zwi­schen „schlech­ten Unter­drü­ckern“ und „guten Unter­drück­ten“. Dem ein­fa­chen Bild von Impe­ria­lis­ten mit unmensch­li­chen Vor­ha­ben auf der einen Seite und ihren Opfern mit mensch­li­chen Abwehr­re­ak­tio­nen auf der ande­ren Seite folgt die Wahr­neh­mung von mäch­ti­gen und ein­deu­ti­gen Fein­den (in der Regel die USA), deren Geg­ner im Umkehr­schluss Soli­da­ri­tät oder zumin­dest Aner­ken­nung ver­dient hät­ten. Das ist schlicht falsch.

Selbst­ver­ständ­lich han­delt die USA nicht im Sinne einer befrei­ten Gesell­schaft und steht ihr wie jeder andere bür­ger­li­che, kapi­ta­lis­ti­sche Natio­nal­staat ent­ge­gen. Stand­ort­in­ter­es­sen sind gerade im „Kampf gegen den Ter­ror“ wich­ti­ger als mensch­li­che Inter­es­sen und dar­über hin­aus betrei­ben die west­li­chen Gesell­schaf­ten eine ras­sis­ti­sche Abschot­tung gegen den ärme­ren Rest der Welt. Das geschieht mit gro­ßer Gewalt, küm­mert sich wenig um Men­schen­le­ben und noch weni­ger um die Per­spek­tive auf eine befreite Gesell­schaft. Gleich­zei­tig ent­wi­ckeln sich Natio­na­lis­mus, Rechts­po­pu­lis­mus und anti­mus­li­mi­scher Ras­sis­mus immer mehr als gesell­schaft­li­che Aggres­sio­nen gegen alles, was mit Unbe­ha­gen und Empö­rung als isla­misch und damit als äußer­lich und unpas­send wahr­ge­nom­men wird. Diese Ent­wick­lun­gen müs­sen beim Thema Isla­mis­mus unbe­dingt mit­ge­dacht wer­den, was von Lin­ken seit Jah­ren auch inten­siv in die Pra­xis umge­setzt wird.

Aller­dings nur mit ver­hal­te­nem Erfolg, was sich etwa an den „Inte­gra­ti­ons­de­bat­ten“ able­sen lässt: Einer­seits sind offe­ner Natio­na­lis­mus und Ras­sis­mus mit der Sorge um natio­nale Iden­ti­tät und Arbeits­plätze – und eben nicht in Sorge um die Opfer isla­mis­ti­schen Ter­rors – voll­kom­men salon­fä­hig. Ande­rer­seits blei­ben linke Reak­tio­nen dar­auf meist bei der Wer­bung für all­ge­mei­nen Mul­ti­kul­tu­ra­lis­mus ste­hen. Die wird jedoch nicht nur umge­hend vom Popu­lis­mus der Natio­na­lis­tIn­nen kas­siert, son­dern ist vor allem auch unkri­tisch. Denn wer Auto­ri­ta­ris­mus, Sexis­mus und Anti­se­mi­tis­mus, sei es im Gaza-​​Streifen oder in den „Pro­blem­vier­teln“ Euro­pas, als Teil einer kul­tu­rel­len Iden­ti­tät abhakt, ver­dop­pelt ras­sis­ti­sche Zuschrei­bun­gen und lie­fert die Eman­zi­pa­tion der Belie­big­keit aus.

So ver­wehrt sich ein gro­ßer Teil der Lin­ken wei­ter der Tat­sa­che, dass eine isla­mis­ti­sche Ord­nung des Zusam­men­le­bens der Men­schen einen Rück­fall bedeu­tet – selbst hin­ter Maß­stäbe bür­ger­li­cher Gesell­schaf­ten. Und dass das Pro­jekt einer befrei­ten Gesell­schaft die Hamas oder das ira­ni­sche Regime als rechts­ra­di­kale Akteure feind­lich gegen­über ste­hen hat – die von Lin­ken auch dem­ent­spre­chend kon­se­quent behan­delt wer­den müs­sen: antifaschistisch.

Doch momen­tan wird beharr­lich die eigene Aus­gangs­lage im Kampf um eine befreite Gesell­schaft igno­riert. Wäh­rend die Linke bei all ihren Unter­schie­den immer einen anti­fa­schis­ti­schen Anspruch hatte, fehlt nun allzu oft die Bereit­schaft, die­sen Anspruch an eine ver­än­derte Aus­gangs­lage anzu­pas­sen. Lin­ker Anti­fa­schis­mus war fast immer dar­auf gerich­tet, einen rechts­ra­di­ka­len Rück­fall hin­ter die Ver­hält­nisse und in die Bar­ba­rei zu ver­hin­dern – oder zu bekämp­fen. Anti­fa­schis­mus ist inso­fern etwas ande­res als der Kampf für eine befreite Gesell­schaft. Es ist der Kampf dage­gen, sich diese Per­spek­tive von Faschis­tIn­nen ver­stel­len zu las­sen. Aber eben diese Per­spek­tive wird von isla­mis­ti­schen Regi­men, Bewe­gun­gen und Orga­ni­sa­tio­nen täg­lich neu begra­ben – zusam­men mit den all­täg­li­chen Zie­len ihrer Angriffe wie Frauen, Anders­den­ken­den, Jüdin­nen und Juden, Homo­se­xu­el­len und „Ungläu­bi­gen“, die von der Lin­ken bis­her kaum Beach­tung fan­den. Diese Bewusst­lo­sig­keit muss ein Ende haben, neben Neo­na­zis und ande­ren Ras­sis­tIn­nen muss auch der Isla­mis­mus ins anti­fa­schis­ti­sche Visier der Lin­ken genom­men werden.

Natür­lich ist diese Pra­xis nicht nur unge­wohn­ter, son­dern auch kom­pli­zier­ter als der Kampf gegen Neo­na­zis. Etwa wegen der Frage, wo „nor­ma­ler“ reli­giö­ser Irr­sinn auf­hört und Isla­mis­mus anfängt, und weil Neo­na­zis im poli­ti­schen All­tag leich­ter aus­zu­ma­chen sind als Isla­mis­tIn­nen. Aber Anti­fa­schis­tIn­nen, die viele Infor­ma­tio­nen über Neo­na­zis recher­chie­ren und hun­derte Kilo­me­ter zu deren Auf­mär­schen fah­ren, könn­ten auch isla­mis­ti­sche Paro­len erken­nen, isla­mis­ti­sche Sym­bole iden­ti­fi­zie­ren und zumin­dest nicht mit Isla­mis­tIn­nen zusammenarbeiten.

Die Linke sollte in einem anti­fa­schis­ti­schen Kampf gegen den Isla­mis­mus bestim­mend sein. Wäh­rend das wohl nicht so schnell zu haben ist, wäre aber der drän­gendste Schritt auch der ein­fachste: Keine Zusam­men­ar­beit mit Isla­mis­tIn­nen, keine Dul­dung und keine Akzep­tanz! Isla­mis­mus ist kein Teil der Lösung – son­dern Teil des Pro­blems: Gegen linke Bewusst­lo­sig­keit und für einen kon­se­quen­ten Antifaschismus!

auto­nome antifa [f] bzw. alle Unterstützer_​innen die­ses Auf­rufs, Herbst 2010